Wirtschaft kompakt:Sehnsucht nach deutschem Fahrgefühl

Das Ausland gönnt sich deutsche Oberklasse-Autos und die Weltwirtschaft erholt sich schneller als gedacht. Außerdem: Der angezählte BP-Konzern schaltet auf stur und will die USA nicht vorab über größere Verkäufe informieren.

Die deutschen Oberklasse-Autohersteller profitieren vom weltweiten Aufschwung der Wirtschaft nach der Krise. BMW, Audi und Mercedes-Benz lieferten im ersten Halbjahr deutlich mehr Wagen aus als noch ein Jahr zuvor, wie die Unternehmen mitteilten. BMW habe von Januar bis Juni 585.755 Autos der Marke BMW ausgeliefert. Das sei ein Plus von 14,1 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009. Audi verkaufte in diesem Zeitraum sogar 19,1 Prozent mehr. Daimler hatte bereits am Montag mitgeteilt, dass der Konzern im ersten Halbjahr 15 Prozent mehr Autos der Marke Mercedes-Benz verkaufte.

Vorschau: Bilanzpressekonferenz BMW AG

Der Autohersteller BMW profitiert von einer starken Auslandsnachfrage.

(Foto: ag.ddp)

Die guten Verkaufszahlen gehen vor allem auf die Exporte zurück: Vor allem in den kräftig wachsenden Schwellenländern, allen voran China, fanden sich viele Käufer für die deutschen Premiummarken. Am stärksten in der Volksrepublik ist weiterhin Audi: Die Volkswagen-Tochter verkaufte dort im Juni erstmals über 20.000 Wagen in einem Monat; von Januar bis Juni steigerten die Ingolstädter ihre Verkäufe um 64,3 Prozent. Auch in Brasilien, Indien und Russland stiegen den Angaben zufolge die Verkäufe der Autobauer an, ebenso in den USA.

In Deutschland hingegen sind die Verkäufe für die meisten Autohersteller deutlich eingebrochen, da die Abwrackprämie zu einem Kaufboom im vergangenen Jahr geführt hatte. Nur BMW widersetzte sich diesem Trend. Weltweit liegt BMW bei den Verkaufszahlen mit seinen 585.755 Wagen weiter vorn. Mercedes-Benz und Audi teilen sich den zweiten Platz mit fast identischen Verkaufszahlen: Mercedes-Benz setzte 556.700 Autos weltweit ab, Audi 554.950.

Der Bundestag hat dem Kompromiss zur Kappung der Solarförderung mit dem Bundesrat zugestimmt. Das Parlament billigte das Ergebnis des Vermittlungsausschuss, wonach die Kürzungen ab Juli greifen, aber bis Oktober etwas milder ausfallen als zunächst geplant.

So soll die Kappung etwa für Dachanlagen zunächst nur 13 Prozent statt der geplanten 16 Prozent betragen. Auch für Freiflächenmodule und Anlagen auf sogenannten Konversionsflächen wie ehemalige Truppenübungsplätze soll rückwirkend ab Juli die Kürzung drei Prozentpunkte geringer als ursprünglich geplant ausfallen. Ab Oktober sollen sie dann aber auf die angepeilten Höhen angehoben werden. Der Bundesrat kann gegen den Kompromiss am Freitag noch Einspruch erheben. Einen entsprechenden Vorstoß kündigte das SPD-regierte Rheinland-Pfalz bereits an. Wird dieser wie erwartet abgelehnt, kann das Gesetz in Kraft treten. Sollte dem Einspruch zugestimmt werden, könnte der Bundestag noch am Freitag wiederum über sein Ursprungsgesetz - also ohne Vermittlungskompromiss - erneut abstimmen und dieses mit schwarz-gelber Mehrheit durchsetzen.

Die Förderung der Solarenergie wird durch eine Umlage auf alle Verbraucher bezahlt. Wegen des rasanten Wachstums summieren sich die Beträge in den kommenden 20 Jahren auf schätzungsweise mehr als 100 Milliarden Euro. Gleichzeitig stiegen die Renditen der Investoren wegen des Preisverfalls bei den Solarmodulen rasant. Deutschland wurde weltweit wegen der Förderung so zum wichtigsten Solarmarkt weltweit.

BP gibt sich wortkarg

Der Krisenkonzern BP legt sich ein dickes Fell zu: Das Unternehmen will die US-Regierung nicht wie von ihr verlangt vorab über größere Verkäufe im Zusammenhang mit der Ölpest in Kenntnis setzen. Dies berichtete das Wall Street Journal auf seiner Internetseite unter Berufung auf eine mit BP vertraute Person. Diese sagte dem Blatt, die Forderung der US-Regierung sei "sonderbar" und vermutlich rechtlich nicht durchzusetzen. Das Justizministerium will demnach von allen Firmen, die mit der Ölpest im Golf von Mexiko zu tun haben, vorab über größere Transaktionen eingeweiht werden, etwa Verkäufe von Unternehmensteilen.

In dem Bericht hieß es, BP untersuche derzeit, wie man die Sorgen der Regierung zerstreuen könne, ohne vorab marktrelevante Informationen preisgeben zu müssen. Ein BP-Sprecher wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Er bestätigte lediglich, dass die US-Regierung die Forderung an BP herangetragen habe und eine Antwort noch ausstehe. Das US-Justizministerium lehnte eine Stellungnahme ab.

Weltwirtschaft erholt sich schneller

Die Weltwirtschaft erholt sich in diesem Jahr noch kräftiger als zunächst erwartet. Der Internationale Währungsfonds korrigierte seine Wachstumsprognose für 2010 erneut nach oben, diesmal um 0,4 Punkte auf 4,6 Prozent. Bereits im April hatte er seine Schätzungen angehoben, zu Jahresbeginn lag der Wert noch bei 3,9 Prozent.

Angetrieben wird das globale Wachstum vor allem von aufstrebenden asiatischen Wirtschaftsmächten wie China und Indien, aber auch von Brasilien, heißt es in dem jüngsten Wirtschaftsausblick des IWF, der in Hongkong vorgelegt wurde. Bei den reichen Ländern legen Kanada und die USA am stärksten zu. Moderat fällt die Erholung dagegen in Deutschland aus, allerdings wieder ein wenig besser als bislang angenommen. Der Konjunkturauftrieb werde in diesem Jahr bei 1,4 Prozent liegen und damit um 0,2 Prozentpunkte höher als zuvor prognostiziert.

Für 2011 sehen die IWF-Ökonomen in Deutschland ein geringfügig nach unten korrigiertes Wachstum von 1,6 Prozent voraus, während es weltweit unverändert auf 4,3 Prozent geschätzt wird. Der Aufschwung steht aber nach Angaben der Institution auf wackeligen Beinen. Vor allem die Schuldenkrise in den Euro-Staaten und dadurch ausgelöste Turbulenzen an den Finanzmärkten trüben den positiven Ausblick, schreiben die Konjunkturexperten in ihrem Report. Die Turbulenzen hätten das Vertrauen der Märkte in eine nachhaltige Erholung sinken lassen. Noch sei der negative Effekt für das globale Wachstum aber gering, da die Krise nicht auf die Wirtschaft in aufstrebenden und Entwicklungsländern übergegriffen habe.

Brüderle lehnt Mindestlohn für Zeitarbeit ab

Zoff in der Koalition um einen gesetzlichen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche? Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) lehnt die von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestrebte gesetzliche Lohnuntergrenze für die Branche als Schutz heimischer Arbeitnehmer vor Billigkräften aus dem Ausland ab. "Die Arbeitnehmerfreizügigkeit eröffnet Deutschland auch Chancen. In einigen Branchen besteht akuter Fachkräftebedarf", sagte Brüderle der Rheinischen Post. "Viele Argumente gegen die Freizügigkeit für Arbeitnehmer osteuropäischer EU-Staaten zum 1. Mai 2011 halte ich für überzogen", sagte er. Dem Bericht zufolge war ein Spitzentreffen zwischen Brüderle und von der Leyen ohne Ergebnis beendet worden.

Ausbildungsbehilfen für DHL sind rechtswidrig

Der Expressdienst DHL hat nach einem Urteil des EU-Gerichts für den Betrieb des Flughafens Leipzig/Halle rechtswidrig millionenschwere Ausbildungsbeihilfen erhalten. Das EU-Gericht bestätigte in Luxemburg eine Entscheidung der EU-Kommission von 2008, wonach die Beihilfen von knapp 6,2 Millionen Euro nicht zulässig waren.

Die Richter wiesen die Klage des Landes Sachsen-Anhalt und des Freistaats Sachsen ab (Rechtssache T-396/08). Beide hatten die Ausbildung von 485 Mitarbeitern bezuschusst. Die Post-Tochter DHL betreibt ihr zentrales europäisches Fracht-Drehkreuz in Leipzig. Nach Ansicht des EU-Gerichts haben die staatlichen Hilfen für das Logistikzentrum den Wettbewerb verzerrt.

Sehnsucht nach deutschem Fahrgefühl

Das Geld habe nicht zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen geschaffen, sondern die normalen Betriebskosten des Unternehmens gedeckt. Deshalb sei die Garantie nicht nötig gewesen, damit der Frachtdienst DHL sich an diesem Standort ansiedelte. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Kommission alle Effekte der staatlichen Hilfe geprüft und ihre Entscheidung hinreichend begründet hat.

2008 hatte die EU-Kommission staatliche Garantien in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro für DHL gekippt. Als Konsequenz aus der Entscheidung der EU-Kommission musste DHL an Sachsen den geldwerten Vorteil zahlen, der dem Unternehmen durch die Garantie entstanden war. Die EU sprach damals von "weniger als eine Million Euro". Öffentliche Investitionen in Höhe von 350 Millionen Euro für die neue Start- und Landebahn Süd des Flughafens hatten die Wettbewerbshüter 2008 hingegen als zulässige staatliche Beihilfe eingestuft.

Die Bahn hat in einem Korruptionsfall bei ihrer Tochtergesellschaft DB International erste personelle Konsequenzen gezogen. Das Unternehmen habe sich von mehreren Mitarbeitern im mittleren Management getrennt, sagte ein Bahnsprecher und bestätigte.

Wie viele Manager entlassen wurden, teilte die Bahn nicht mit. Sie stehen im Verdacht, Schmiergeld an Amtsträger im Ausland gezahlt zu haben. Dies habe sich nun erhärtet. Zudem seien weitere Verträge mit Beratern und freien Mitarbeitern beendet worden.

Die Schmiergelder sollen im mittleren einstelligen Millionenbereich liegen. Der bundeseigene Konzern hatte den Korruptionsverdacht im Frühjahr bekanntgemacht.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main geht es um zwei frühere Geschäftsführer und acht Mitglieder des mittleren Managements. Sie werden verdächtigt, für Aufträge zu Ingenieursdienstleistungen in verschiedenen afrikanischen Staaten und Griechenland Amtsträger geschmiert zu haben.

Die verdächtigen Zahlungen sollen bis 2005 zurückreichen. Die DB International ist Spezialist für Beratung und Planung bei Schienenverkehrsprojekten in aller Welt.

Der niederländische Elektronikkonzern Philips bekommt im kommenden Frühjahr einen neuen Chef.

Frans van Houten sei als kommender Vorstandsvorsitzender nominiert worden und solle Gerard Kleisterlee, dem aktuellen Mann an der Spitze, im April 2011 nachfolgen, teilte der Konzern mit. Kleisterlee vollendet 2011 sein 65. Lebensjahr.

Der Disney-Konzern muss den Schöpfern der in den USA beliebten Gameshow "Who Wants to Be a Millionaire" knapp 270 Millionen Dollar Entschädigung zahlen. Das entschied ein US-Bundesgericht in Kalifornien.

Das Urteil ist ein Sieg für die britische Firma Celador International. Deren Anwälte hatten Disney vorgeworfen, mit einer Serie von schwer durchschaubaren Verträgen mit verschiedenen Tochtergesellschaften den falschen Eindruck erweckt zu haben, die TV-Show schreibe rote Zahlen. Celador hatte bis zu 395 Millionen Dollar Entschädigung verlangt. Disney kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: