Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Toyota top - aber wie lange noch?

Toyota rangiert nur noch knapp vor General Motors, der Ganswindt-Prozess wird neu eröffnet und China will offenbar seine Exportsubventionen kürzen - das Wichtigste in Kürze.

Toyota hat trotz Qualitätskrise im Jahr 2010 seine Position als Weltmarktführer verteidigt. Mit einem Absatzplus von acht Prozent kamen die Japaner auf 8,42 Millionen verkaufte Autos. Auf Platz zwei lag der nach seiner Insolvenz erholte US-Konzern General Motors (GM) mit einem Plus von zwölf Prozent auf 8,39 Millionen Stück.

GM war acht Jahrzehnte der größte Autokonzern der Welt, wurde aber 2008 von Toyota überholt. Beide Firmen veröffentlichten am Montag ihre Absatzzahlen. Der deutsche Autobauer Volkswagen fuhr 2010 mit 7,14 Millionen Stück ein Wachstum von 13,5 Prozent ein. Nach dem Willen von VW-Vorstandschef Martin Winterkorn soll der Konzern aus Wolfsburg bis 2018 der größte Autohersteller der Welt werden und mehr als zehn Millionen Wagen pro Jahr verkaufen. GM erreichte ein zweistelliges Wachstum in fünf seiner zehn Kernmärkte, darunter China. Dort stieg der Absatz um fast 29 Prozent auf 2,35 Millionen Autos.

Toyota ist in China seit Jahren schwächer als viele Konkurrenten und kam nur auf 846.000 Autos. VW setzte 2010 in China 1,92 Millionen Stück ab, ein Zuwachs von 37 Prozent. China hat die USA im Jahr 2009 als weltweit wichtigster Automarkt abgelöst. Toyota und GM wurden beide 2010 von Krisen belastet: Toyota musste Millionen Autos wegen Qualitätsproblemen wie klemmender Gaspedale zurückrufen. GM wurde in der Autokrise 2009 und danach von der US-Regierung mit Milliardensummen am Leben erhalten und rutschte kurzfristig in die Insolvenz, aus der es als neues Unternehmen von Altlasten befreit hervorging.

General Motors will in den kommenden zwei Jahren Autos und Fahrzeugteile im Wert von 900 Millionen Dollar (661 Millionen Euro) nach China exportieren. Das Abkommen mit dem Joint Venture Shanghai GM sei in der vergangenen Woche beim Besuch des chinesischen Präsidenten in den USA unterzeichnet worden, teilte das amerikanische Unternehmen am Wochenende mit.

Der Korruptionsprozess gegen den früheren Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt wird mit einem zusätzlichen Richter neu eröffnet. Das hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München mitgeteilt und damit einem Antrag der Verteidigung stattgegeben. Alle bisherigen Verhandlungstermine wurden abgesetzt. Der Termin für die Neueröffnung wurde noch nicht bestimmt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ganswindt vor, als Chef der Siemens-Kommunikationssparte ab 2001 schwarze Kassen geduldet und Hinweise auf Schmiergeldzahlungen für Aufträge im Ausland ignoriert zu haben. Wegen "vorsätzlicher Verletzung der Aufsichtspflicht" und Steuerhinterziehung zugunsten von Siemens droht ihm deshalb eine Bewährungs- und Geldstrafe.

Ganswindt beteuert seine Unschuld. Beim Prozessauftakt hatten seine Verteidiger am vergangenen Donnerstag noch vor Verlesung der Anklage eine aufwendige, kontroverse Beweisaufnahme angekündigt, die Besetzung der Richterbank mit zwei Berufsrichtern als ungenügend abgelehnt und mit Revision gedroht. Die Kammer beschloss deshalb, "die Hauptverhandlung auszusetzen und mit drei Berufsrichtern neu zu beginnen". Entgegen der bisherigen Aktenlage sei nach den Äußerungen der Verteidiger zweifelhaft, welche Gerichtsbesetzung geboten sei. Um auf Nummer sicher zu gehen, werde sie den Prozess in größerer Besetzung neu eröffnen.

Ganswindt ist der erste Siemens-Konzernvorstand, der wegen des Schmiergeldskandals auf der Anklagebank sitzt. Ein Vorstandsmitglied der Kommunikationssparte ICN und mehrere Mitarbeiter, die die schwarzen Kassen und die Geldflüsse organisiert hatten, sind bereits wegen Veruntreuung von Firmengeldern zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt worden. Die Bestechungsvorwürfe wurden jedoch fallen gelassen. Auch im Fall Ganswindt wurde der Vorwurf der Beihilfe zur Bestechung durch Unterlassen bereits abgetrennt. Unabhängig vom Strafprozess ist Ganswindt von Siemens auf fünf Millionen Euro Schadenersatz verklagt worden.

China erwägt offenbar den Abbau von Exportsubventionen. Die Hilfen für energieintensive und umweltbelastende Unternehmen sollen gekürzt oder ganz abgebaut werden, berichtete die von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua betriebene Economic Information Daily. "Der Abbau wird insgesamt nicht drastisch ausfallen, aber bei Stahlprodukten, Baumaterialien und verwandten Branchen werden größere Kürzungen fällig", wird eine nicht näher genannte Quelle zitiert. Der Exportweltmeister hatte zuletzt im Juni einige Exportsubventionen zurückgefahren.

Stahlhändler befürchten, dass für einige ihrer Produkte die neunprozentige Rückvergütung gestrichen werden könnte. Die Exporteure träfe das spürbar, weil ihre Waren durch den steigenden Kurs der Landeswährung Yuan ohnehin teurer werden. Viele Analysten rechnen mit einer weiteren Aufwertung von fünf bis sechs Prozent in diesem Jahr.

"Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten einen starken Spurt bei den Exporten sehen, denn die Produzenten werden versuchen, ihre Waren abzusetzen, bevor die neuen Regeln in Kraft treten", sagte Rohstoffanalystin Judy Zhu von Standard Chartered. Diese dürften nur der Auftakt für eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Abbau von Exportsubventionen sein. "China versucht, seine Wirtschaft umzubilden, um Umweltverschmutzung und Überkapazitäten abzubauen", sagte Zhu.

Als Lehre aus dem Dioxinskandal in Deutschland sollen in der Europäischen Union die Regeln für die Herstellung von Futtermitteln verschärft werden. Sie sei sich mit der EU-Kommission und ihren Kollegen aus den anderen EU-Staaten einig, dass die Belastung von Tierfutter in Deutschland Anlass sein müsse, "auch auf europäischer Ebene Konsequenzen zu ziehen", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nach Beratungen in Brüssel. "Wir müssen das Sicherheitsnetz noch enger knüpfen und die geltenden Standards überprüfen."

Einigkeit bestand nach den Worten Aigners in vier Punkten: Geplant ist die Trennung von Industriefetten und Fetten für Futter- und Lebensmittel bei der Herstellung sowie eine Verpflichtung der Hersteller zu strengeren Kontrollen ihrer Produkte. Konsens habe auch darüber bestanden, ein Frühwarnsystem einzurichten, ein sogenanntes Dioxin-Monitoring, um Verschmutzungen schnell zu erkennen, fügte die Ministerin hinzu.

Außerdem sollen Futtermittelbetrieben strengere Auflagen für eine Zulassung gemacht werden. Diese Schritte sind auch Teil von Aigners Aktionsplan, den sie als Reaktion auf den Dioxinskandal in Deutschland aufgestellt hat. Keine Einigkeit wurde am Montag auf EU-Ebene bei zwei weiteren Vorschlägen der deutschen Ministerin erzielt: Die Kommission habe Vorbehalte gegen die von ihr vorgeschlagene Positivliste für Inhaltsstoffe von Futtermitteln, sagte Aigner. "Dies kann verpflichtend aber nur auf EU-Ebene geregelt werden." Auch bei einer Regelung für eine strengere Herstellerhaftung gab es demnach keine Einigkeit. Bei dem aktuellen Lebensmittelskandal waren belastete Industriefette in Futtermittel gelangt. Dadurch gerieten mit Dioxin belastete Eier und Schweinefleisch in den Handel. Derzeit sind nach Angaben Aigners in Deutschland noch 589 Betriebe wegen des Skandals gesperrt, die meisten davon in Niedersachsen.

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