Wirtschaft kompakt:Fischer: Erst Außenminister, jetzt Rewe-Einflüsterer

Der frühere Außenminister Fischer berät die Lebensmittelgruppe Rewe. Und: EU-Kommissar Olli Rehn will Defizitsünder rascher sanktionieren. Das Wichtigste in Kürze.

Joschka Fischer weitet seine Beratertätigkeit auf den Einzelhandel aus. Neben dem Energiekonzern RWE und dem Autohersteller BMW unterstützt der frühere Grünen-Politiker und ehemalige Außenminister künftig die Kölner Lebensmittelgruppe Rewe in Sachen Umwelt- und Sozialverträglichkeit, wie Konzernchef Alain Caparros in Mainz sagte.

Joschka Fischer

Der frühere Außenminister Joschka Fischer berät nun auch noch den Lebensmittelkonzern Rewe.

(Foto: dpa)

"Wir freuen uns sehr, dass wir Joschka Fischer als Berater für die nachhaltige, zukunftssichere Aufstellung unseres Unternehmens gewonnen haben", sagte Caparros. Als ausgewiesener Experte für weltweite Nachhaltigkeitstrends genieße der Ex-Politiker einen ausgezeichneten internationalen Ruf. Neben der strategischen Beratung solle Fischer das Unternehmen auch dabei unterstützen, Nachhaltigkeitstrends zu benennen und für das eigene Geschäftsmodell zu bewerten.

Fischer hatte im vergangenen Jahr einen Vertrag mit den Energieversorgern RWE und OMV als politischer Berater für den geplanten Bau der 3300 Kilometer langen Nabucco-Pipeline, die Erdgas vom Kaspischen Meer über die Türkei nach Europa transportieren soll, abgeschlossen. Im selben Jahr wurde Fischer Berater des Autokonzerns BMW. Seit Oktober unterstützt er zudem die Siemens AG in außenpolitischen und unternehmensstrategischen Fragen.

Rehn will härtere und schnellere Strafen

Unmittelbar vor dem Treffen der europäischen Finanzminister in Brüssel hat EU-Währungskommissar Olli Rehn gefordert, künftig schneller und einfacher als bisher Strafen gegen Defizitsünder verhängen zu können. "Wir müssen den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Haushaltsregeln stärken. Sanktionen sollten eine normale, nahezu automatische Konsequenz sein, die Länder erwarten müssen, die die Regeln wiederholt brechen und ihre europäischen Partner einem Risiko aussetzen", sagte Rehn der Zeitung Die Welt.

Er kündigte für den 29. September ein neues Gesetzespaket an, "in dem glaubwürdige Sanktionen eine wichtige Rolle spielen werden". Der EU-Kommissar aus Finnland sagte dazu: "Ich denke darüber nach, eine neue Regel einzuführen, die unweigerlich zu Sanktionen führt, wenn nicht eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten dagegen ist."

Die Verbesserung des Sanktionsmechanismus im Stabilitäts- und Wachstumspakt ist einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte beim Treffen der EU-Finanzminister am Montagabend in Brüssel. Nach den bisherigen Regeln werden Sanktionen gegen Defizitsünder nur nach einstimmigen Beschlüssen der Mitgliedsländer verhängt. Dies führte dazu, dass bisher kein Land - auch nicht Griechenland - für Verstöße gegen das Drei-Prozent-Defizitkriterium sanktioniert wurde.

Ausdehnung der LKW-Maut verzögert sich wohl

Die geplante Ausdehnung der Lastwagenmaut auf vierspurige Bundesstraßen tritt wohl nicht rechtzeitig Anfang 2011 in Kraft. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Quellen im Bundesverkehrsministerium. Noch immer werde geprüft, unter welchen rechtlichen, technischen und organisatorischen Voraussetzungen neue Strecken mit Maut belegt werden könnten, sagte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) der Zeitung. Eine Auswahl sei noch nicht getroffen.

Außerdem werde noch untersucht, ob die Aufgabe nicht ausgeschrieben werden müsse. Laut FAZ muss Ramsauer sein Vorhaben vielleicht sogar ganz aufgeben. "Wir rechnen noch nicht damit, dass die Bundesstraßen-Maut im nächsten Jahr kommt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, dem Blatt. Auf vielen Teilabschnitten sei die Erhebung der Gebühr technisch nicht praktikabel, weil Auf- und Abfahrten in zu geringem Abstand folgten.

Der Siemens-Konzern verliert nach Informationen der Financial Times Deutschland seinen Frankreich-Chef Philippe Carli. Nach 21 Jahren bei Siemens scheide er kurzfristig aus dem Unternehmen aus, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Konzernkreise. Acht Jahre habe Carli an der Spitze der französischen Landesgesellschaft gestanden.

Carli ist nicht der erste Top-Manager, der Siemens verlässt. Bereits im Frühjahr wurde bekannt, dass Industrie-Vorstand Heinrich Hiesinger Siemens verlässt und Konzernchef von Thyssen-Krupp wird. Nach FTD-Angaben wechselten in diesem Jahr schon die Chefs von Siemens-Landesgesellschaften in den USA, Deutschland, Österreich und China.

Highstreet plant angeblich Verkauf von Karstadt-Immobilien

Die Vermieter der gerade aus der Insolvenz geretteten Warenhauskette Karstadt wollen sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen mittelfristig von den Häusern trennen. "Highstreet plant den Verkauf aller Karstadt-Immobilien", sagte der CDU-Politiker Thomas Heilmann, der im Auftrag der Bundesregierung im Karstadt-Poker vermittelte, dem Tagesspiegel.

Allerdings rechne er nicht mit einem Verkauf in den nächsten zwei Jahren. Zuletzt sei die Regelung, wann und wie die Verkaufserlöse unter den Highstreet-Gläubigern verteilt werden, das größte Problem in den Verhandlungen gewesen - nicht die Höhe der Mieten, die Karstadt künftig zahlen muss. Schon 2007 beim Verkauf der Immobilien durch die Karstadt-Mutter Arcandor an Highstreet sei es so angelegt gewesen, dass die Häuser wieder veräußert werden und Highstreet über die Mieteinnahmen einen Gewinn erziele, sagte Heilmann.

Der weltgrößte Elektronik-Hersteller Foxconn denkt über vollautomatische Fabriken in den USA nach. Innerhalb der nächsten fünf Jahre werde der Auftragsfertiger wahrscheinlich Bauteile und komplette Geräte in Amerika produzieren, sagte Foxconn-Gründer Terry Gou der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. "Mit Automatisierung in den USA kann man auch nach China liefern, die Kosten wären immer noch konkurrenzfähig", sagte Gou.

Der taiwanesische Foxconn-Konzern produziert in China für die Großen der Tech-Branche wie Apple, Dell oder Nokia. Das Unternehmen hat mehr als 900.000 Beschäftigte und kündigte vor kurzem an, bis zu 400.000 weitere einstellen zu wollen. In diesem Jahr stand Foxconn unter heftiger Kritik, nachdem sich mehr als zehn Arbeiter in einem Werk in Shenzhen das Leben genommen hatten.

Nach den Selbstmorden wurden die Löhne zum Teil verdoppelt. Zeitweise brachte das Management Sicherheitsnetze an, die Arbeiter vom Sprung in den Tod abhalten sollten. Der 59-jährige Gou sagte dem Wall Street Journal, er fühle sich zwar schuldig wegen der Selbstmorde - die Kritik an seinem Unternehmen sei aber größtenteils unfair gewesen. "Das ist kein Ausbeuterbetrieb. Ich bin stolz, das sagen zu können." Foxconn waren nach den Todesfällen zu harte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und ein "militärischer" Managementstil vorgeworfen worden.

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