Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Rappelvolle Kassen

Die Einzelhändler verdienen im Weihnachtsgeschäft prächtig, Daimler will mit dem russischen Autohersteller GAZ paktieren und Iran streicht Benzinpreis-Subventionen - das Wichtigste in Kürze.

Eiskalte Temperaturen halten die Deutschen nicht von ihren Weihnachtseinkäufen ab. "Das Weihnachtsgeschäft liegt bislang über Vorjahresniveau", sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes HDE, Stefan Genth. Zum vierten Adventswochenende seien die Läden richtig voll gewesen. "Viele shoppten warm und vor dem Wetter geschützt in Einkaufscentern und Warenhäusern oder suchten in den Online-Angeboten ihrer Händler nach Geschenken."

Besonders gefragt seien warme Jacken, Winterstiefel, Mützen und Schals aber auch Unterhaltungselektronik wie Flachbildschirme und Smartphones. In den USA lief das Weihnachtsgeschäft rund eine Woche vor den Feiertagen dagegen eher verhalten. Genth rechnet bis Heiligabend noch mit viel Trubel in den Geschäften. Dem Hauptgeschäftsführer zufolge sind seit November im Einzelhandel rund 100.000 zusätzliche Aushilfen eingestellt worden. Der HDE erwartet früheren Angaben zufolge im Weihnachtsgeschäft ein Umsatzplus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Stuttgarter Autohersteller Daimler wird offenbar künftig mit der russischen GAZ beim Bau von Mercedes-Benz-Transportern zusammenarbeiten. Eine entsprechende Absichtserklärung mit GAZ werde am 23. Dezember unterzeichnet, sagte eine mit der Situation vertraute Person.

Daimler lehnte einen Kommentar ab. "Zu Spekulationen nehmen wir keine Stellung", sagte ein Sprecher. Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorab berichtete, soll GAZ in seinen Werken den Mercedes-Benz-Transporter Sprinter für den russischen Markt produzieren. Durch diese Auftragsfertigung erhalte der zweitgrößte russische Automobilproduzent Zugang zu neuer Technologie, Daimler wiederum verbessere seine Chancen auf einem wachstumsträchtigen Markt. Im laufenden Jahr wird Mercedes-Benz dem Magazin zufolge in Russland noch nicht einmal 2000 Transporter verkaufen. Hohe Einfuhrzölle verteuern die aus Deutschland gelieferten Modelle stark.

Der italienische Wirtschaftswissenschaftler und Mitarchitekt des Euros, Tommaso Padoa Schioppa, ist im Alter von 70 Jahren gestorben. Padoa Schioppa habe während eines Abendessens mit Freunden einen Herzinfarkt erlitten und sei daraufhin Samstagnacht verstorben, teilte sein ebenfalls anwesender Vertrauter und früherer Stellvertreter, Vincenzo Visco, mit.

Während seiner siebenjährigen Amtszeit als Mitglied des erstmals gegründeten Exekutivkomitees der Europäischen Zentralbank war er neben sechs weiteren Verantwortlichen damit betraut, die Entwicklung des Euros nach dessen Einführung am 1. Januar 1999 zu begleiten und zu beobachten. Von 2006 bis 2008 war er Wirtschaftsminister in der Regierung von Romani Prodi. In jüngster Zeit hatte Padoa Schioppa die griechische Regierung bei der Bewältigung der Schuldenkrise beraten.

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano sagte, Padoa Schioppa habe es vermocht, das europäische Ideal in konkrete und kluge Analysen und Projekte umzusetzen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, sagte, Padoa Schioppa habe in den Anfangsjahren des Euros entscheidend zum Ruf der EZB als wichtiger Akteur für die internationale und europäische Zusammenarbeit beigetragen. Die Eurozone verliere einen Mann der Vision, der sich der europäischen Einigung verschrieben gehabt habe.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat sich mit seinen hochgesteckten Arbeitsmarktprognosen den Ärger der Bundesagentur für Arbeit zugezogen. Mit der Vorhersage, Deutschland könne in den nächsten Jahren die Vollbeschäftigung erreichen, verunsichere Brüderle die Menschen und nehme der Politik die Glaubwürdigkeit, sagte der Chef der Bundesagentur, Frank-Jürgen Weise, der Nürnberger Zeitung einem entsprechenden Vorabbericht zufolge. Brüderle hatte zuvor erneut angedeutet, die Wachstumsprognosen der Bundesregierung könnten zu niedrig sein. Bisher rechnet sie mit 3,4 Prozent Wachstum im laufenden und 1,8 Prozent im kommenden Jahr.

"Es würde mich nicht überraschen, wenn die Zahlen noch besser werden", sagte Brüderle der Berliner BZ am Sonntag. Das Land befinde sich in einem "nachhaltigen Aufschwung, der sich über Jahre hinweg fortsetzen" könne. "Deutschland kann in den nächsten Jahren die Vollbeschäftigung erreichen."

Weise kritisierte, solche Prognosen dürften nicht leichtfertig abgegeben werden: "Da wollen sich die Menschen darauf verlassen können." Er würde es begrüßen, "wenn mindestens auf politischer Ebene kein Wettbewerb" um solche Einschätzungen entstehe. Eigentlich sei Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für das Thema zuständig. Brüderle wiederholte sein Versprechen, "die Leistungsträger" steuerlich noch vor der nächsten Bundestagswahl zu entlasten. Er verwies aber auch auf die Schuldenbremse, nach der "der Staat die Neuverschuldung bis 2016 quasi gegen Null fahren" müsse. "Das müssen und wollen wir einhalten", sagte er. Mit der Wirtschaft wachse aber "der finanzielle Spielraum, um die mittleren Einkommen zu entlasten".

Im Iran wird sich der Preis für Benzin durch das Auslaufen staatlicher Subventionen in den kommenden Tagen vervierfachen. Der Liter werde damit künftig umgerechnet 30 Euro-Cent kosten, berichtete das staatliche Fernsehen. Präsident Mahmud Ahmadinedschad will mit dem innenpolitisch umstrittenen Vorhaben staatliche Beihilfen für Basisprodukte wie Benzin und Nahrungsmittel von derzeit 75 Milliarden Euro jährlich auslaufen lassen. Im Gegenzug sollen arme Familien mehr Unterstützung bekommen.

Beobachtern zufolge wird der Schritt dazu führen, dass die aktuelle iranische Inflationsrate von zehn Prozent deutlich nach oben schnellt. Für die Iraner kommt die Anhebung des Benzinpreises nicht überraschend, weil die Regierung bereits vor Monaten mit der Einleitung der Maßnahmen begonnen hat. Die Diskussion darüber läuft sogar schon seit Jahren - auch, weil die Iraner aufgrund des niedrigen Preises sehr verschwenderisch mit Benzin umgehen. Dennoch schließen Analysten nicht aus, dass es wegen der Preisanhebung zu Protesten in der Bevölkerung kommen könnte. Bislang konnten die Iraner jeden Monat die ersten 60 Liter Benzin zum Preis von 1000 Rial (rund sieben Euro-Cent) kaufen. Nun werden 4000 Rial für die ersten 60 Liter fällig, jeder weitere Liter kostet gar 7000 Rial.

Der Iran ist zwar der fünftgrößte Ölexporteur der Welt. Aufgrund nur geringer Raffinerie-Kapazitäten hatte das Land zuletzt aber rund 40 Prozent seines Benzin-Bedarfs einführen müssen. Wegen des umstrittenen iranischen Atomprogramms hat die Europäische Union den Verkauf von Bauteilen untersagt, die der Iran im Raffinerie-Sektor nutzen könnte. Die USA bestrafen zudem Unternehmen, die an den Iran Benzin verkaufen. Der Westen verdächtigt das Land, heimlich am Bau einer Atombombe zu arbeiten. Der Iran bestreitet das.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1038062
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/Reuters/dapd/dpa/mel/pak
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.