Wirtschaft kompakt:Höhere Löhne: Jeder will mal fordern

Nach Wirtschaftsminister Brüderle plädiert auch noch Kanzlerin Merkel für Lohnerhöhungen. Außerdem: Brüssel möchte Agrar-Subventionen von West- nach Osteuropa umleiten. Das Wichtigste in Kürze.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt den Ruf ihres Wirtschaftsministers Rainer Brüderle (FDP) nach deutlich höheren Löhnen. "Das ist natürlich etwas, was Buchstabe für Buchstabe die Bundeskanzlerin ganz genauso sieht", sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert.

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Deutsche Bauern könnten bald weniger EU-Subventionen bekommen.

(Foto: Getty Images)

Dass es im Aufschwung Spielraum für Lohnerhöhungen gebe, zeigten ja Tarifabschlüsse wie in der Stahlbranche. Seibert unterstrich aber, dass weder Merkel noch Brüderle sich in die Arbeit der Tarifpartner - Arbeitgeber und Gewerkschaften - einmischen wollten. Die Politik halte sich heraus. Deutschland habe von diesem Prinzip jahrzehntelang profitiert. Gewerkschaften, Arbeitgeber und Opposition hatten Brüderle vorgeworfen, er mache es sich mit populären Forderungen nach einem kräftigen Schluck aus der Lohnpulle zu einfach.

"Wenn die Wirtschaft boomt, sind auch kräftige Lohnerhöhungen möglich", sagte der Minister. Andere Branchen könnten sich am Stahlabschluss orientieren. In der nordrhein-westfälischen Stahlindustrie hatten sich Arbeitgeber und IG Metall auf 3,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die Beschäftigten verständigt. Für Aufsehen sorgte die Zusatzvereinbarung, dass künftig nach dem Grundsatz "leiche Arbeit - gleiches Geld" Leiharbeiter genauso gut bezahlt werden wie die Stammbelegschaft.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte Brüderle erwidert: "Das Tarifergebnis für die Stahlindustrie kann auf keinen Fall Maßstab für andere Bereiche sein. Darin sind wir uns mit den Gewerkschaften einig." DGB-Chef Michael Sommer stellte klar, dass Lohnerhöhungen allein die Gewerkschaften mit den Arbeitgebern aushandelten. "Die Politik war immer gut beraten, dass sie sich da raushält."

Deutschlands Landwirte müssen sich einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge auf deutlich weniger Subventionen aus Brüssel einstellen. Die Kommission wolle massiv Fördergelder von den alten EU-Staaten im Norden und Westen zu den jüngeren in Mittel- und Osteuropa umlenken, berichtet die Zeitung unter Berufung auf ihr vorliegende Pläne von EU-Kommissar Dacian Ciolos für eine weitreichende Reform der gemeinsamen Agrarpolitik.

Die Union benötige "mehr Gleichgewicht in der Verteilung der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedsstaaten", fordere Ciolos in dem Papier. Bislang erhielten Landwirte aus den alten EU-Staaten pro Hektar bis zu fünfmal so hohe Flächenprämien wie Osteuropas Landwirte. "Auf Dauer lässt sich ein System nicht aufrechterhalten, das Bauern in einem Land dreimal so viel bezahlt wie Bauern eines anderen Landes 50 Kilometer weiter östlich", zitiert die FTD aus dem Umfeld des Agrarkommissars.

Da die Gesamthöhe der Subventionen nicht weiter steigen soll, würde eine einheitlichere Flächenprämie eine massive Umverteilung von West- nach Osteuropa zur Folge haben. Diplomaten zufolge könnten die Zahlungen an die deutschen Bauern von derzeit durchschnittlich rund 300 Euro je Hektar Land um bis zu 30 Prozent sinken. Mit gut 56 Milliarden Euro im Jahr sind die Fördertöpfe für die Landwirtschaft der größte Posten im EU-Haushalt. Die bisherige Regelung läuft 2013 aus.

BMW und GM führen Kooperationsgespräche

Der Autohersteller BMW führt offenbar Geheimgespräche mit General Motors über eine verstärkte Kooperation. Das berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf Verhandlungskreise. Bereits im Sommer 2009 habe es Gespräche über eine Zusammenarbeit bei Motoren gegeben.

BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer hatte vergangene Woche auf dem Pariser Autosalon gesagt, seine Firma wolle mehr Motoren an Dritte verkaufen. Die Zeitung schrieb weiter, es gebe "lockere Kontakte auf Gruppenleiter-Ebene" zwischen dem US-Autobauer und BMW. Bei Hybrid-Antrieben und bei Automatik-Getrieben arbeiteten BMW und GM bereits zusammen.

Adobe und Microsoft zusammen gegen Apple

Im Kampf gegen Apples Vorherrschaft auf dem Handymarkt erwägt Microsoft einem Medienbericht zufolge die Übernahme von Adobe. Die Vorstandschefs der beiden Softwarefirmen, Steve Ballmer und Shantanu Narayen, hätten sich jüngst zu einem Geheim-Treffen in Adobe-Büros in San Francisco getroffen, berichtete die New York Times unter Berufung auf Angestellte und an den Diskussionen beteiligte Berater.

Dabei seien mehrere Strategien besprochen worden, um Apples Dominanz in diesem Segment zu brechen. Ins Spiel gebracht worden sei dabei auch eine Übernahme von Adobe durch Microsoft. Beide Unternehmen wollten sich zu dem Artikel nicht äußern.

Basierend auf dem aktuellen Marktwert von Adobe könnte das Geschäft ein Volumen von 15 Milliarden Dollar haben. Adobes beliebter "Flash Player" könnte Microsoft in seinem Bestreben, sich einen größeren Anteil an Medien-Plattformen im Internet zu sichern, sehr dienlich sein. Adobe-Aktien schossen aufgrund der Übernahmespekulationen zeitweise 17 Prozent in die Höhe. Aus dem Handel gingen sie mit einem Aufschlag von 11,5 Prozent. Microsoft-Titel tendierten 0,4 Prozent höher.

Ministerpräsident für Lohnerhöhung

Nach Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) spricht sich auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering (SPD) für höhere Löhne aus. Die Unternehmen müssten Vorsorge treffen, damit sie ihre Fachkräfte nicht verlieren, sagte Sellering dem Hamburger Abendblatt. Ein wichtiger Faktor seien vernünftige Löhne. "Wenn die Wirtschaft wächst, sind Lohnsteigerungen möglich", sagte der Ministerpräsident. "Höhere Löhne sind für Mecklenburg-Vorpommern ein besonderes Thema. Wir haben die niedrigsten Löhne in ganz Deutschland - obwohl sich viele unserer Firmen gut entwickelt haben und am Weltmarkt teilnehmen."

Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, sagte dagegen, die Tarifparteien sollten keine Ermahnungen von Außen erhalten. Es sei zwar richtig, dass man alles tun müsse, um die Inlandsnachfrage zu fördern. "Aber Steuererleichterungen und der Abbau der kalten Progression haben derzeit eine höhere Priorität, damit mögliche Lohnerhöhungen nicht durch einen höheren Steuersatz wieder aufgezehrt werden", sagte Lauk der Zeitung.

Japan legt erneut milliardenschweres Konjunkturpaket auf

Im Kampf gegen die Wirtschaftskrise hat das japanische Kabinett ein weiteres Konjunkturpaket über umgerechnet rund 44 Milliarden Euro aufgelegt. Mit dem Geld sollen Beschäftigungs- und Sozialprogramme, Hilfen für kleinere Unternehmen und Investitionen in die Infrastruktur bezahlt sowie ein erneuter Kursanstieg des Yen verhindert werden.

Finanziert werden soll das Paket über einen Nachtragshaushalt, den Ministerpräsident Naoto Kan noch in diesem Monat ins Parlament einbringen will. Dafür ist er jedoch auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Bereits am Dienstag hatte die japanische Zentralbank den Leitzins für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt auf fast null Prozent gesenkt, um die Deflation zu bekämpfen. Die Bank kündigte zur Stützung der Wirtschaft außerdem ein Programm zum Aufkauf von Wertpapieren im Gesamtvolumen von fünf Billiarden Yen an, rund 44 Milliarden Euro. Dadurch soll die Kreditwirtschaft wieder Spielraum zur Vergaben von Darlehen an Unternehmen bekommen.

Das Hauptproblem für die Erholung der japanischen Wirtschaft ist derzeit der Höhenflug des Yen. Dadurch werden Warenimporte aus dem Ausland günstiger und Exporte japanischer Güter in alle Welt teurer. Durch den Preisverfall bei Einfuhren halten sich Verbraucher mit Anschaffungen in der Hoffnung auf immer günstigere Preise zurück.

Deutsche Exporteure erhalten leichten Dämpfer

Die deutschen Exporte gingen im August leicht zurück. Die Unternehmen setzten 0,4 Prozent weniger im Ausland um als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit.

Bereits im Juli hatte es ein Minus von 1,6 Prozent gegeben. Allerdings ist Besserung in Sicht: Die exportabhängige Industrie sammelte im August 6,6 Prozent mehr Auslandsaufträge ein als im Vormonat. Insgesamt wurden Waren im Wert von 75,1 Milliarden Euro verkauft - 26,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Der Branchenverband BGA rechnet für 2010 mit einem Exportwachstum von mehr als zehn Prozent. Von Januar bis August lag das Plus bereits bei 19,2 Prozent. Wegen der Wachstumsschwäche in den USA und einigen Euro-Ländern sowie dem Auslaufen staatlicher Konjunkturprogramme bei wichtigen Handelspartnern dürften die Geschäfte in den kommenden Monaten aber nicht mehr so rasant wachsen.

Die Importe stiegen um 0,9 Prozent im Vergleich zum Juli. Analysten hatten plus 0,4 Prozent vorausgesagt. Insgesamt wurden Waren im Wert von 66,1 Milliarden Euro eingeführt - 29,2 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Der um Saison- und Kalendereffekte bereinigte Handelsüberschuss - die Differenz zwischen Aus- und Einfuhren - lag im August bei 11,7 Milliarden Euro.

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