Wirtschaft kompakt:Eon macht Stadtwerke zu Geld

Der Energiekonzern steht vor einem Milliardendeal, die Baufirma Pfleiderer will Staatshilfe und der Ölkonzern Total entlässt nach einem Streik 900 Mitarbeiter.

Umbruch am deutschen Strom- und Gasmarkt: Informationen der Financial Times Deutschland zufolge steht der Energiekonzern Eon kurz vor dem Verkauf seiner Stadtwerketochter Thüga. Ein kommunales Bündnis will demnach für die Holding zwischen 3,5 und 3,8 Milliarden Euro zahlen. "Wir stehen momentan fast täglich in Verhandlungen", sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person.

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Ein neuer Versorger für 2,4 Millionen Gaskunden: Eon will seine Stadtwerketochter Thüga verkaufen.

(Foto: Foto: dpa)

Die Gespräche liefen gut, ein verbindliches Kaufangebot solle bald abgegeben werden, hieß es. Thüga hält Anteile an rund 110 Stadtwerken. Mit insgesamt 3,9 Millionen Strom- und 2,4 Millionen Gaskunden zählt die Gruppe zu den größten deutschen Energieanbietern.

Mit der Übernahme entstünde ein starker Wettbewerber für etablierte Konzerne wie Eon, RWE und Vattenfall. Auf die Thüga-Beteiligungen fallen rund 20 Prozent des gesamten Beschaffungsvolumens an Erdgas in Deutschland. Das Kartellamt soll seine Zustimmung zu dem Geschäft bereits signalisiert haben.

Für Thüga interessieren sich zwei verbündete Konsortien mit den Namen Integra und Kom9. Dahinter stehen rund 60 kommunale Versorger aus Städten wie Frankfurt, Freiburg oder Würzburg. Auch bei der Finanzierung des Geschäfts hilft die öffentliche Hand: Zu den Kreditgebern gehören - neben der Commerzbank - zahlreiche Sparkassen und mehrere Landesbanken.

Pfleiderer bittet um Staatshilfe

Der Möbel- und Bauzulieferer Pfleiderer prüft einen Antrag auf Staatshilfe. "Wir haben uns an die Politik gewandt" sagte Vorstandschef Hans Overdiek dem Handelsblatt. Es solle geprüft werden, ob Pfleiderer die Voraussetzungen zum Beispiel für eine Bundesbürgschaft oder einen Kredit der staatseigenen Bank KfW erfülle. Man sei in einer frühen Phase der Gespräche, der Konzern in keiner existenzbedrohenden Lage, betonte Overdiek: "Wir haben kein Liquiditätsproblem, wir brauchen kein frisches Geld."

Während Pfleiderer im ersten Quartal noch Anzeichen für eine Belebung gesehen hatte, wurde diese Hoffnung von einem schwachen Geschäft im April und Mai zerstört. Es sei nun zu befürchten, dass "im Rahmen von bestehenden Kreditverträgen definierte Finanzkennzahlen zum Ende des laufenden Quartals verletzt werden könnten", hatte das Unternehmen am Donnerstag gewarnt. Der Aktienkurs war daraufhin zeitweise um fast 20 Prozent eingebrochen.

Pfleiderer will nun mit den kreditgebenden Banken verhandeln, um die weitere Finanzierung zu sichern. Ziel sei ein "erweiterter Rahmen für die Konzernfinanzierung". Dabei ist der Konzern zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden wird. Auch in Bankenkreisen reagiere man gelassen, hieß es. Die ersten Gespräche mit den Kreditinstituten seien konstruktiv verlaufen, sagte Overdiek. Im aktuellen Umfeld wird dies aber auf schlechtere Konditionen und damit auf höhere Finanzierungskosten hinauslaufen. Overdiek schließt einen Verlust im Gesamtjahr nicht aus.

Pfleiderer dementierte zwar konkrete Pläne für eine Werksschließung. Overdiek nannte es aber wahrscheinlich, dass erneut Stellen abgebaut werden müssten. Ende vergangenen Jahres hatte Pfleiderer angekündigt, bis zu 300 seiner damals weltweit 5900 Stellen zu streichen.

Total entlässt 900 Arbeiter nach Streik

Der französische Ölkonzern Total hat nach einem Streik fast 900 Bauarbeiter in einer seiner Raffinerien in England entlassen. Der Ausstand habe mehr als eine Woche gedauert, argumentierte das Unternehmen.

Der Streik in der Raffinerie in Lindsey habe damit gegen Gesetze verstoßen. In britischen Kraftwerken legten Mitarbeiter daraufhin aus Solidarität die Arbeit nieder. Allerdings wurden weder die Raffinerie-Produktion noch die Stromerzeugung von den Arbeitsniederlegungen beeinträchtigt.

Der Streik war auf der Baustelle ausgebrochen, nachdem einige Arbeiter entlassen und an ihrer Stelle andere eingestellt worden waren. Bei den Bauarbeiten waren je nach Baufortschritt zwischen 600 und 1200 Arbeiter beschäftigt worden.

Nun sollen sich alle Arbeiter "die weiterhin an dem Projekt mitarbeiten wollen, bis Montag neu für die Stellen bewerben", hieß es bei Total. Gespräche mit den Gewerkschaften will das Unternehmen erst aufnehmen, wenn die Beschäftigten ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Thomas Cook verkauft L'TUR-Anteil zurück an Gründer Kögel

Der Medienunternehmer Karlheinz Kögel übernimmt von Thomas Cook die zehnprozentige Beteiligung an dem von ihm gegründeten Last Minute-Spezialisten L'TUR Tourismus AG. Wie das Unternehmen mitteilte, stockt Kögel seine Anteile mit sofortiger Wirkung von 20 auf 30 Prozent auf.

Gleichzeitig sei vereinbart worden, dass die Condor ein fester Bestandteil im Produkt-Portfolio der L'TUR bleibe. "Wir wollen auch weiterhin Marktführer für Last Minute bleiben und müssen unsere Kräfte bündeln", sagte Kögel.

Mit einem Buchungsplus im Mai von mehr als 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sei L'TUR positiv in die Sommersaison gestartet. Kögel hatte im vergangenen Jahr den Vorsitz der Geschäftsführung an Markus Orth übergeben und ist seitdem Aufsichtsratsvorsitzender der L'TUR Tourismus AG. Die Arcandor-Tourismus-Tochter Thomas Cook ist selbst nicht von der Insolvenz des Mutterkonzerns betroffen. Arcandor hatte den Mehrheitsanteil an Thomas Cook jedoch zu großen Teilen an Banken verpfändet.

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