Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Einfach mal die Fabrik sprengen

Radikale Methoden: Entlassene Arbeitnehmer in Frankreich kämpfen um ihre Abfindung - mit der Drohung, die Fabrik in die Luft gehen zu lassen. Das Wichtigste im Überblick.

Zuerst wurden in mehreren französischen Unternehmen Manager in Geiselhaft genommen, doch nun eskaliert offenbar die Lage: Die Beschäftigten des insolventen französischen Autoteile-Herstellers New Fabris drohen mit der Sprengung ihrer Fabrik. Das Unternehmen beliefert die Autokonzerne Renault und PSA Peugeot Citroën.

Die 366 Beschäftigten des Werkes New Fabris im westfranzösischen Châtellerault haben ihrem Management ein Ultimatum bis zum 31. Juli gestellt. Ihre Forderung: jeweils 30.000 Euro Abfindung.

"Wir haben Gasflaschen in die Fabrik gebracht", sagte Gewerkschaftsvertreter Guy Eyermann. "Alles ist bereit, damit sie explodieren."

"Wir werden nicht August oder September abwarten, bis PSA und Renault gelagerte Teile und Maschinen aus der Fabrik holen", sagte Eyermann. "Wenn wir nichts bekommen, werden sie auch nichts bekommen."

Dem Gewerkschaftsvertreter zufolge haben entlassene Beschäftigte anderer Zulieferer von Renault und PSA in der Vergangenheit 30.000 Euro als Entschädigung bekommen. Der Wert der Teile in der Fabrik wird von den Autoherstellern auf rund zwei Millionen Euro geschätzt. Hinzu kommen der Gewerkschaft zufolge nochmals - teils neue - Maschinen im Wert von zwei Millionen Euro, die Renault gehören.

In Frankreich hatten Arbeiter seit Mitte März immer wieder Firmenchefs festgesetzt, in deren Unternehmen Entlassungen oder Werksschließungen verkündet wurden. Oft wurden die Bosse über Nacht in ihren Büros festgehalten, um höhere Abfindungen zu erzwingen.

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Emirat Abu Dhabi kauft Daimlers Tesla-Anteile

Das arabische Emirat Abu Dhabi hat sich über Daimler eine Beteiligung an dem US-Elektroautobauer Tesla gesichert. Abu Dhabi übernehme 40 Prozent von jenem Zehn-Prozent-Anteil an Tesla, den Daimler Mitte Mai erworben habe, teilten der Stuttgarter Autobauer und die staatliche Investmentgesellschaft des Emirats, Aabar, mit.

Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. Daimler hatte für den kleinen Anteil an Tesla einen mittleren zweistelligen Millionen-Betrag bezahlt. Abu Dhabi ist seit dem Frühjahr Großaktionär bei Daimler und hält rund neun Prozent an dem Autokonzern.

Von der Daimler-Beteiligung verspricht sich das ölreiche Emirat auch Zugang zu modernen Technologien, um für die Zeit nach dem Versiegen der Öl- und Gasquellen gerüstet zu sein. Tesla zählt zu den derzeit führenden Herstellern von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen mit Lithium-Ionen-Akkus.

Die in Kalifornien ansässige Autoschmiede Tesla baut einen Roadster mit Elektroantrieb, der knapp 100.000 Dollar kostet und eine Reichweite von rund 300 Kilometern hat. Jährlich rollen bei Tesla derzeit rund 1000 Autos vom Band. Das Unternehmen zählt 450 Beschäftigte.

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Milliardenverlust bei Thyssen-Krupp

Die Wirtschaftskrise drückt Thyssen-Krupp in diesem Jahr tief in die roten Zahlen. Wie die Financial Times Deutschland berichtet, geht der Vorstand des Stahlkonzerns für das gesamte Geschäftsjahr nach vorläufigen Schätzungen von einem Vorsteuerverlust von 1,5 Milliarden Euro aus, allerdings einschließlich Sondereffekten.

Von den insgesamt fünf Sparten werde einzig das Aufzuggeschäft positiv abschließen. Insbesondere die Werften bereiteten dem Konzern große Probleme, hieß es. Das Unternehmen wollte die Informationen der Zeitung zufolge nicht kommentieren.

Schon im Mai hatte Thyssen-Krupp erklärt, für das laufende Geschäftsjahr 2008/09 mit einem Verlust zu rechnen. Damals war von einem negativen Ergebnis vor Steuern und vor wesentlichen Sondereffekten in mittlerer bis höherer dreistelliger Millionen-Euro-Größe die Rede. Im zweiten Geschäftsquartal war vor Steuern ein Fehlbetrag von 455 Millionen Euro angefallen.

Der Stahlriese hatte jahrelang Rekordergebnisse eingefahren, ehe seit dem Herbst vergangenen Jahres die Nachfrage wichtiger Abnehmer aus der Automobilindustrie und dem Maschinenbau einbrach. Im Geschäftsjahr 2007/08 hatte der Konzern noch einen Jahresüberschuss von 2,3 Milliarden Euro erzielt.

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Cordes und seine Gefährten

Er vertraut auf alte Bekannte: Metro-Chef Eckhard Cordes erweitert einem Zeitungsbericht zufolge den Vorstand und will einen früheren Weggefährten zum neuen Finanzchef machen.

Olaf Koch vom Finanzinvestor Permira solle ab 2010 Nachfolger von Metro-Finanzvorstand Thomas Unger werden, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Koch habe viele Jahre mit Cordes bei Daimler gearbeitet. Der Personalausschuss des Aufsichtsrats habe den Plänen bereits zugestimmt.

Der Zeitung zufolge soll Unger als stellvertretender Vorstandsvorsitzender zweiter Mann hinter Cordes werden und das Konzernumbauprogramm steuern. Zudem werde Unger die Verantwortung für die Konzernsparten Kaufhof und Media-Saturn übertragen.

Cordes ist zusätzlich Chef des Metro-Großaktionärs Haniel. In dieser Funktion soll er aber abgelöst werden, um sich ganz auf Metro konzentrieren zu können.

Höhere Arbeitslosigkeit kostet Bund Milliarden

Voll durchgeschlagen: Die Konjunkturkrise und die steigende Arbeitslosigkeit belasten die öffentlichen Kassen einem Zeitungsbericht zufolge stärker als bisher bekannt. Allein im Bundeshaushalt werden die Ausgaben für den Arbeitsmarkt von 2009 bis 2013 um fast 100 Milliarden Euro höher ausfallen als ursprünglich geplant, berichtet das Handelsblatt.

Das ergebe sich aus einem Zahlentableau, das der neuen mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung zugrunde liege. Bereits 2010 werde das Bundesfinanzministerium danach insgesamt 30 Milliarden Euro zusätzlich für die Kosten der Arbeitslosigkeit aufbringen müssen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) benötige den Daten zufolge bis 2013 insgesamt 52,4 Milliarden Euro mehr Geld aus dem Bundeshaushalt als noch vor dem Einbruch der Weltwirtschaft kalkuliert. Zugleich stiegen auch die Ausgaben des Bundes für das Hartz-IV-System nach neuer Planung um insgesamt 46,4 Milliarden Euro bis 2013 an.

Zusätzliche Milliarden-Lasten kämen auch auf die Kommunen zu, die den Großteil der Wohnkosten der Hartz-IV-Bezieher bezahlen. Nach Hochrechnungen auf Basis der Planzahlen für den Bund ergäben sich für die Kommunen bis 2013 Mehrausgaben zwischen zwölf und 18 Milliarden Euro, berichtet das Blatt.

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Thomas Cook senkt die Preise

Nach Branchenprimus TUI senkt auch Thomas Cook die Preise. Urlaube der Marke Neckermann Reisen würden in der Wintersaison 2009/10 im Schnitt um fünf Prozent billiger, die bei Thomas Cook Reisen um drei Prozent, teilte das Unternehmen mit.

Deutschland-Chef Peter Fankhauser sagte, er sei zuversichtlich, die Ziele für das laufende Geschäftsjahr zu erreichen. Allerdings hat die deutsche Thomas Cook keine konkrete Prognose abgegeben.

Von der Londoner Muttergesellschaft hieß es Mitte Mai, der Konzern wolle 2008/09 mehr verdienen als im Vorjahr, als operativ ein Plus von 366 Millionen Pfund verzeichnet wurde. "Wir sind der profitabelste Großveranstalter in Deutschland und das wollen wir bleiben", sagte Fankhauser nun. Und: "Wir werden uns nicht an Preiskämpfen beteiligen."

Mit Blick auf die Probleme des Arcandor-Konzerns, der die Mehrheit an Thomas Cook hält, sagte ein Sprecher: "Wir sind eigenständig finanziert. Die Insolvenz hat auf unser Tagesgeschäft keine Auswirkungen. Thomas Cook ist ein profitables und gesundes Unternehmen."

Thomas Cook leidet wie die gesamte Branche darunter, dass die Nachfrage wegen der Wirtschaftskrise eingebrochen ist. Im wichtigsten Markt Großbritannien lagen die Buchungen für den Sommer daher zuletzt um zwölf Prozent unter dem Vorjahr, in Kontinentaleuropa mit dem größten Markt Deutschland um 16 Prozent. Cook hat allerdings vorsorglich schon weniger Flugkapazitäten und Hotelbetten geordert, um nicht auf den Kontingenten sitzen zu bleiben.

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VW: Dickes Absatz-Plus in China

Dank staatlicher Kaufanreize hat Volkswagen in China einen Rekordabsatz verzeichnet. Im ersten Halbjahr verkaufte Europas größter Autohersteller in der Volksrepublik und Hongkong 22,7 Prozent mehr Fahrzeuge als im Vorjahreszeitraum, wie das Unternehmen am Montag mitteilte.

Insgesamt wurden 652.222 Wagen ausgeliefert, für Autos der Marke VW entschieden sich dabei 538.969 Kunden. "China ist derzeit ein Lichtblick in den internationalen Automärkten", sagte VW-China-Chef Winfried Vahland.

China hatte seiner strauchelnden Autoindustrie mit einem staatlichen Maßnahmenpaket unter die Arme gegriffen. Für den Kauf von Kleinwagen wurden Steueranreize geschaffen.

Ähnlich wie in Deutschland erhalten die Bürger zudem Fördermittel, wenn sie sich von ihren alten Autos trennen und neue, kraftstoffsparende Fahrzeuge kaufen. Die Nachfrage nach Autos war daraufhin wieder angesprungen. Allein im Mai stieg sie um 47 Prozent.

Volkswagen hinkt seinem größten Rivalen auf dem chinesischen Markt, General Motors, allerdings weiter hinterher. Von Januar bis Juni konnte die Opel-Mutter auf ihrem zweitgrößten Markt die Rekordzahl von 814.442 Autos verkaufen, 38 Prozent mehr als im Vorjahrszeitraum.

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