Wirtschaft kompakt:Ford: Schwerer Verdacht

Lieferanten von Ford sollen Mitarbeiter des Autokonzerns bestochen haben. Diese zeigten sich angeblich mit überzogenen Rechnungen erkenntlich. Außerdem: Der DGB plädiert für Abschaffung der privaten Krankenkassen.

Razzia wegen Korruptionsverdachts gegen Ford-Mitarbeiter: Insgesamt seien am Montag rund 30 Büros und Wohnungen in Köln und Leverkusen durchsucht worden. Es gehe um den Verdacht der Bestechung, der Untreue und des Betrugs. "Wir haben auch eine Person festgenommen", sagte die Kölner Staatsanwältin Christina Pohlen.

Korruptionsverdacht bei Ford-Mitarbeitern

Korruptionsverdacht bei Ford-Mitarbeitern: Die Staatsanwaltschaft Koeln hat mit 100 Beamten rund 30 Büros und Wohnungen von Ford-Beschaeftigten und die Räumlichkeiten einer Firma in Leverkusen durchsucht.

(Foto: dapd)

Mitarbeiter einer Abteilung des Autoherstellers sollen systematisch Schmiergeld und andere Vorteile von Firmen angenommen haben, die mit Ford Geschäftsbeziehungen hatten oder aufnehmen wollten. Im Gegenzug sollen sie unter anderem Rechnungen über Arbeiten akzeptiert haben, die nicht im vom Konzern bezahlten Umfang geleistet wurden. Dass ein Anfangsverdacht besteht, war bereits im Sommer in einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken bekanntgeworden.

Zu den Manipulationen soll es bei technischen Anpassungen bei Modellwechseln gekommen sein. Möglicherweise seien mehrere Standorte des Autoherstellers in Europa betroffen. Insgesamt soll Ford ein Schaden in Millionhöhe entstanden sein. "Die Staatsanwaltschaft hat auch Arbeitsplätze einzelner verdächtiger Personen bei Ford, dem geschädigten Unternehmen, untersucht", sagte ein Ford-Sprecher.

Personelle Konsequenzen seien bereits "auf allen Ebenen" eingeleitet worden. Ford arbeite eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Außerdem werde das Unternehmen Schadenersatz von den Beschuldigten fordern. Gegen wen ein Haftbefehl vollstreckt wurde, wollte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft nicht sagen. Neben der Staatsanwaltschaft waren auch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und die Steuerfahndung an den Durchsuchungen beteiligt.

DGB wendet sich gegen Privatkassen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) plädiert für die Auflösung privater Krankenkassen. Stattdessen soll eine neue Bürgerversicherung den gesetzlichen Beitrag deutlich verringern. 2011 steigt der Beitragssatz für gesetzlich Versicherte auf 15,5 Prozent. Mit einer Bürgerversicherung könnten es nach dem Deutschen Gewerkschaftsbund bis zu 2,5 Prozent weniger sein.

60 Jahre DGB - Michael Sommer

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer spricht sich für die Abschaffung von privaten Krankenkassen aus.

(Foto: dpa)

Grundlage der Berechnung ist eine Untersuchung des DGB, die der Berliner Zeitung vorliegt. Der Vorschlag soll der Bundesratspräsidentin Hannelore Kraft (SPD) überreicht werden. Die Studie sieht eine schrittweise Auflösung privater Krankenkassen, eine deutlich höhere Belastung von Gutverdienern sowie die Mitberechnung von Kapital- und Mieteinnahmen vor.

Das Ende der privaten Vollversicherung ist der zentrale Punkt des Konzepts. Beamte und Selbstständige sollen schrittweise in die gesetzlichen Kassen wechseln. Der DGB will die Beitragsgrenze deutlich erhöhen und Einkommen oberhalb der neuen Grenze mit einer zusätzlichen Abgabe in Höhe von etwa drei Prozent belasten. Von Arbeitnehmern und Arbeitgebern würde wieder ein gleich hoher Betrag einbezahlt werden.

Die schwarz-gelbe Regierung hat vor kurzem die Sätze voneinander entkoppelt und entschieden, dass Arbeitnehmer Zusatzbeiträge leisten müssen, um höhere Kosten der Krankenkassen auszugleichen.

Insolvenz der Tengelmann-Tochter A&P

Die US-amerikanische Tengelmann-Tochter A&P hat Insolvenz beantragt. Das Supermarktunternehmen The Great Atlantic & Pacific Tea Company habe ein Verfahren nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts eingeleitet, teilte Tengelmann mit. Tengelmann ist an A&P mit 38 Prozent beteiligt und damit größter Einzelaktionär. Unter Kapitel elf des US-Insolvenzrechts können Unternehmen unter Gläubigerschutz und strikter Aufsicht des Insolvenzrichters weiterarbeiten und sich sanieren. Geschäftsführung und Aufsichtsrat bei A&P bleiben in ihrer Funktion.

Die Übergangsfinanzierung von 800 Millionen Dollar (rund 605 Millionen Euro) wird von der US-Bank JP Morgan gesichert. A&P hat im Nordosten der USA 395 Filialen und erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr mit mehr als 40.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 9,5 Milliarden Dollar. Die Unternehmensgruppe Tengelmann, zu der die Kette Kaiser's Tengelmann, der Textil-Discounter Kik sowie die Baumarktkette Obi zählen, kam im Geschäftsjahr 2009 auf einen Umsatz von 11,34 Milliarden Euro.

"Eine erfolgreiche Sanierung war unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr möglich, deshalb hat sich das Unternehmen entschieden, das Planinsolvenzverfahren einzuleiten. Der Vorteil von Kapitel elf liegt darin, dass Unternehmensstruktur und Arbeitsplätze erhalten bleiben", erklärte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. "Durch die Übernahme und die schwierige Integration der Pathmark- Filialen im Jahr 2007 musste A&P eine große finanzielle Belastung schultern", sagte Haub. Dazu kam die Wirtschaftskrise: "Die Kombination aus hoher Verschuldung und plötzlich schwindender Kaufkraft der Verbraucher konnte das Unternehmen nicht kompensieren."

Gewalt in Bangladesch

Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Textilarbeitern und Sicherheitskräften wegen ausstehender Lohnerhöhungen sind im Südosten von Bangladesch offenbar drei Menschen ums Leben gekommen. 100 weitere wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Demnach stürmten Tausende Arbeiter mehrere Fabriken eines Industriegebiets bei Chittagong und richteten schwere Schäden an. Daraufhin hätten Sicherheitskräfte das Feuer auf die Protestierenden eröffnet und Tränengas eingesetzt, sagte ein Beamter. Dabei sei ein Arbeiter ums Leben gekommen.

Die Nachrichtenagentur United News of Bangladesh meldete, drei Textilarbeiter seien erschossen worden. Die Polizei hat dies nicht bestätigt. Ein weiterer Polizist erklärte, die Sicherheitskräfte hätten zunächst Schlagstöcke gegen die Steine werfenden Arbeiter eingesetzt, diese aber nicht unter Kontrolle bringen können. Bei den Gewaltausbrüchen seien 25 Polizisten verletzt worden. Die Protestierenden arbeiteten laut Behörden bei dem südkoreanischen Unternehmen, das den Betrieb an seinen 13 Textilfabriken nach ersten Ausschreitungen der Arbeiter eingestellt hatte. Die Beschäftigten forderten demnach die Einführung eines neuen Gehaltsplans, der im Juli von der bangladeschischen Regierung angekündigt worden war. Dieser sah im November eine weitere Anhebung des Mindestlohns vor.

Viele Fabriken haben die Regelung laut Belegschaften bislang aber noch nicht umgesetzt. Die Regierung hatte 2006 erstmals den Monatslohn um 1662 Taka (rund 19 Euro) auf 3000 Taka (rund 34 Euro) erhöht. Unterdessen kam es auch in der Hauptstadt Dhaka zu kleineren Protesten wegen der ausstehenden Lohnerhöhungen. Dort blockierten Arbeiter laut Polizei eine Hauptstraße und setzten zwei Fahrzeuge in Brand. Arbeitsminister Khandaker Mosharraf Hossain rief die aufgebrachten Demonstranten dazu auf, die Gewalt einzustellen und stattdessen an den Verhandlungstisch zu kommen. Die Textilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Die Waren werden vor allem nach Europa und in die USA exportiert.

Zoff bei Media-Saturn

Führungswechsel bei Europas größtem Elektronikhändler Media-Saturn: Unternehmenschef Roland Weise verlässt das Unternehmen zum Jahreswechsel. Auslöser für die Trennung waren offenbar Meinungsverschiedenheiten über die künftige Online-Strategie und das Tempo der Auslandsexpansion zwischen Weise und dem Chef des Mutterkonzerns Metro, Eckhard Cordes. Weise habe hier zuletzt nach Ansicht von Cordes zu sehr als Bremser agiert, hieß es in Unternehmenskreisen. In einer Pressemitteilung von Media-Saturn hieß es lediglich: "Der Vertrag von Roland Weise, CEO von Media-Saturn-Holding, wird nicht verlängert."

Der Manager gebe sein Amt zum Ende des Jahres auf. Künftig soll der Elektronikhändler von dem 63-jährigen Manager Horst Norberg und Finanzvorstand Rolf Hagemann geführt werden. Mit dem neuen Führungsteam sei "Media-Saturn für die kommenden Herausforderungen der beschleunigten Internationalisierung und des Online-Geschäfts hervorragend aufgestellt", erklärte Cordes.

Die Berufung von Norberg, der bereits seit 1987 bei dem Elektronikhändler arbeitet, solle offenbar die Wogen im Unternehmen nach dem Weggang von Weise glätten, hieß es. Er gilt schon wegen seines Alters als Übergangskandidat.

An seiner Seite stehe mit Finanzvorstand Rolf Hagemann aber einer der "Reformer" in der Media-Saturn-Führung, betonten Insider. Zwtl: Im Internet schwächelt das Angebot von Media Markt und Saturn noch Trotz der jüngsten Differenzen dankten die Metro AG und die Media-Saturn-Miteigentümerfamilien Kellerhals und Stiefel dem scheidenden Weise für seine Arbeit.

Er habe maßgeblich zum Erfolg des Elektronikhändlers beigetragen und das Unternehmen zu einem bedeutenden internationalen Spieler aufgebaut. Vor allem die rasche Expansion nach Osteuropa sei sein Verdienst. Die Elektronikmarktketten Media Markt und Saturn sind zurzeit der stärkste Wachstumsmotor für den Handelsriesen Metro und deshalb von besonderer Bedeutung für den Konzern.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres steigerte die Vertriebslinie ihren Umsatz um 7,7 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro und baute damit ihre Marktführerschaft in Europa weiter aus. Gleichzeitig versucht das Unternehmen auch in China und Russland Fuß zu fassen. In China wurde erst vor wenigen Wochen der erste Media Markt eröffnet. Bis Mitte dieses Jahrzehnts könnten den Planungen zufolge mehr als 100 Märkte von Media-Saturn in der Volksrepublik entstehen.

Der Markteintritt in Russland erfolgte bereits im dritten Quartal. Vor allem bei dem immer wichtiger werdenden Thema Online-Handel lief aber bei den Elektronikmarktketten zuletzt längst nicht alles rund. Wer bei Media Markt und Saturn in Deutschland via Internet eine Waschmaschine oder einen Flachbild-Fernseher bestellen will, sucht noch heute vergeblich nach einem Angebot. Lediglich der Erwerb von Musik-, Software- und Spieledownloads ist bislang online möglich. Die ursprünglich von Cordes für dieses Jahr ins Auge gefasste Eröffnung eines umfassenden Online-Shops in Deutschland wurde nach Pilotversuchen in den Niederlanden und Österreich aufgeschoben.

Weniger Kohlendioxid

Dank umweltfreundlicher Heizungen und schadstoffärmerer Autos stoßen die privaten Haushalte in Deutschland weniger Kohlendioxid aus. 2009 seien 618 Millionen Tonnen des klimafeindlichen Gases in die Luft geblasen worden - 5,2 Prozent oder 36 Millionen Tonnen weniger als 2000, teilte das Statistische Bundesamt mit.

Pro Kopf entspreche das 7,5 Tonnen, nach 8,0 Tonnen zu Beginn des neuen Jahrtausends. Direkt bei den privaten Haushalten entstanden 216 Millionen Tonnen CO2 - etwa beim Heizen und durch den Kraftstoffverbrauch privater Autos. Die Emissionen durch Heizen verringerten sich wegen des Umstiegs auf emissionsärmere oder -freie Energieträger seit 2000 um 7,7 Prozent.

Der Ausstoß durch den Kraftstoffverbrauch privater Pkw ging um 5,7 Prozent zurück. Bei der Herstellung von Konsumgütern fielen im In- und Ausland weitere 402 Millionen Tonnen CO2 an - 5,0 Prozent weniger als 2000. "Damit sind diese indirekten Emissionen fast doppelt so hoch wie die direkten CO2-Emissionen der Haushalte", schrieben die Statistiker.

Entscheidend für den CO2-Gehalt importierter Konsumgüter sei ihre Herkunft. Aus China eingeführte Waren hätten einen sehr viel höheren Emissionsgehalt als Importwaren aus Frankreich. "Dies liegt vor allem an der CO2-intensiven Stromherstellung in China", schrieben die Statistiker. "In Frankreich hingegen wird Strom weitgehend CO2-frei hergestellt - wegen der starken Nutzung der Kernenergie bei der Stromerzeugung."

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