Wirtschaft kompakt:Bier? Nein, danke

Der Bierverbrauch in Deutschland fällt unter eine besondere Grenze. Außerdem: Toll Collect soll offenbar mehr als fünf Milliarden Euro Schadenersatz an den Bund zahlen. Das Wichtigste in Kürze.

Ist Deutschland ein Biertrinkerland? Natürlich. Doch der Trend zeigt in eine Richtung, welche die Bierbrauer nicht erfreuen kann. Denn wie das Statistische Bundesamt mitteilte, sank der Bierkonsum in Deutschland im Jahr 2010 erneut - auf 98,3 Millionen Hektoliter. Das waren rund 1,7 Millionen Hektoliter oder 1,7 Prozent weniger als im Vorjahr.

Hände mit Biergläsern Bier

Der Bierabsatz in Deutschland sinkt weiter - auf unter 100 Millionen Hektoliter.

(Foto: dpa)

Damit lag der Konsum erstmals seit vielen Jahren unter der besonderen 100-Millionen-Hektoliter-Grenze. Im Jahr 2000 hatte der Verbrauch noch bei fast 110 Millionen Hektolitern gelegen.

Biermischgetränke machten mit vier Millionen Hektolitern rund vier Prozent des gesamten Bierabsatzes aus. Allerdings ist auch hier die Tendenz rückläufig: Die Brauereien setzten 2,7 Prozent weniger Biermischgetränke als 2009 ab. 84,8 Prozent des gesamten Bierabsatzes waren 2010 für den Inlandsverbrauch bestimmt, am höchsten war der Absatz in Nordrhein-Westfalen (24,7 Prozent) und Bayern (21,9 Prozent).

Toll Collect droht Schadenersatzforderung

Dem Maut-Eintreiber Toll Collect droht nach Informationen der Stuttgarter Zeitung eine Schadenersatzzahlung an den Bund in Milliardenhöhe. In einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Bundestag, aus dem das Blatt zitiert, heißt es, dass aus Sicht des mit dem Fall beauftragten Schiedsgerichts "vieles dafür" spreche, dass Toll Collect "dem Grunde nach haften wird".

Das Schiedsgericht sehe sich inzwischen in der Lage, im Hauptverfahren "einen Vergleichsvorschlag zu machen", schreibt Staatssekretär Andreas Scheuer demnach in dem Bericht weiter. Das habe es nach der zweiten mündlichen Verhandlung im Dezember "zu erkennen gegeben".

Durch technische Pannen hatte sich der ursprünglich für August 2003 geplante Start von Toll Collect um 16 Monate verzögert, wodurch dem Bund hohe Einnahmeausfälle entstanden. Er fordert von dem Tochterunternehmen der Konzerne Daimler und Telekom Schadenersatz in Höhe von insgesamt 5,1 Milliarden Euro. Wegen des verspäteten Mautstarts hatte der Bund im Jahr 2004 juristische Schritte gegen Toll Collect eingeleitet.

Ford: Rückrufaktion

Der Minivan Windstar entwickelt sich zum Sorgenkind von Ford. Der US-Autokonzern ruft auf dem Heimatmarkt 425.000 Fahrzeuge des inzwischen nicht mehr gebauten Typs zurück, weil sich Teile der Lenkung lockern können. Der Fahrer könnte dadurch die Kontrolle verlieren, teilte die US-Verkehrssicherheitsbehörde mit.

Ford hatte im August bereits mehr als eine halbe Million Windstar-Minivans in den USA und Kanada wegen durchrostender Hinterachsen in die Werkstätten bitten müssen. Davor machte ein Tempomat Probleme. Von neuerlichen Rückruf ist nur die zweite Modellgeneration der Jahre 1999 bis 2003 betroffen. Der Rückruf beschränkt sich zudem auf bestimmte US-Bundesstaaten.

Ford war in der letzten Zeit kaum durch technische Mängel aufgefallen. Dagegen hatten General Motors, Chrysler und vor allem Toyota mit einer regelrechten Pannenserie zu kämpfen. Erst kurz zuvor hatte Toyota erneut 1,7 Millionen Wagen weltweit wegen leckender Benzinleitungen in die Werkstätten beordern müssen. Auch die deutschen Hersteller BMW, Mercedes und VW mussten in den Vereinigten Staaten große Rückrufe starten. Die Branche reagiert seit dem Toyota-Desaster mit klemmenden Gaspedalen und rutschenden Fußmatten sehr empfindlich auf Defekte.

H&M leidet

Die erfolgsverwöhnte schwedische Modekette Hennes & Mauritz (H&M) bekommt die stark gestiegenen Rohstoffpreise zu spüren. Weil H&M trotz der fast verdoppelten Kosten für Baumwolle die Preise senkte, fiel der Gewinn. Am Donnerstag wiesen die Schweden einen Rückgang des Vorsteuerergebnisses im vierten Quartal auf umgerechnet 812 Millionen Euro (7,18 Milliarden Kronen) von 904 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum aus.

"Die Faktoren im Quartal waren die geringeren Kapazitäten bei den Zulieferern, die höheren Transportkosten und deutlich gestiegene Rohstoffpreise, etwa für Baumwolle", sagte der Zara-Rivale. Die Aktien des Unternehmens gaben um sechs Prozent nach.

Nokia: Gewinn rutscht nach unten

Der Gewinn des weltgrößten Handyherstellers Nokia ist im abgelaufenen Quartal eingebrochen. Der Betriebsgewinn sei um rund 22 Prozent auf 884 Millionen Euro gefallen, teilte das finnische Unternehmen mit. Der Gewinn je Aktie lag bei 22 Cent. Analysten hatten mit 19 Cent je Aktie gerechnet. Den Umsatz bezifferte Nokia auf 12,7 Milliarden Euro. Im Schnitt waren 12,5 Milliarden Euro erwartet worden. Nokia kämpft mit zunehmender Konkurrenz. Rivalen wie Apple und Research in Motion haben zuletzt mit starken Quartalszahlen überzeugt, während LG Electronics und Sony Ericsson weniger Handys verkaufen konnten als erwartet. Die Nokia-Aktie brach nach Vorlage der Zahlen um acht Prozent ein.

Starbucks beschenkt sich selbst

Kaffeetrinker auf der ganzen Welt haben Starbucks zum 40. Geburtstag ein dickes Geschenk gemacht: Die Kaffeehauskette hat in ihrem ersten Geschäftsquartal (bis 2. Januar) dank eines regen Publikumsverkehrs den Umsatz um acht Prozent auf den Rekordwert von drei Milliarden Dollar hochschrauben können. Vor allem die US-Amerikaner gönnten sich des öfteren ein heißes Getränk, einen Milchshake oder ein Stück Kuchen. Der Gewinn legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 44 Prozent auf 347 Millionen Dollar zu (254 Mio Euro), wie das Unternehmen am späten Mittwoch (Ortszeit) am Firmensitz in Seattle mitteilte.

Starbucks hatte sich in den vergangenen Jahren von unrentablen Standorten getrennt; der Umbau ist pünktlich zum runden Geburtstag in diesem Jahr beendet. Weltweit betreibt die Kette derzeit 17.000 Filialen, die überwiegende Mehrheit davon in den Vereinigten Staaten, wo in großen Städten wie New York alle paar Blocks ein Starbucks zu finden ist.

Starbucks wolle weiter wachsen, vor allem im Ausland, sagte Konzernchef Howard Schultz. Das Unternehmen will unter anderem die Teetrinker-Nation Indien erobern. Starbucks verkauft seine Spezialitäten wie den Instant-Kaffee "Via" längst auch über Supermärkte und erschließt sich damit neue Einnahmequellen. Allerdings tobt derzeit eine öffentliche Schlammschlacht zwischen Starbucks und dem Lebensmittelriesen Kraft, der den abgepackten Kaffee fertigt und vertreibt. Starbucks will das Geschäft in die eigene Hand nehmen, Kraft verlangt dafür eine Ablösesumme. Starbucks gibt sich im Konflikt siegessicher, und fürchtet auch nicht die Konkurrenz durch diverse Nachahmer oder den Fast-Food-Giganten McDonald's, der mit seiner McCafé-Linie Erfolge feiert.

Die Kaffeehauskette will den Gewinn in diesem Jahr um 15 bis 20 Prozent steigern. Allerdings machen Starbucks die höheren Preise für Rohkaffee zu schaffen.

Prada geht an die Börse

Das italienische Modehaus Prada hat den lang erwarteten Gang an die Börse beschlossen. Der Konzern gehe in Hongkong aufs Parkett, gab das Unternehmen am Donnerstag bekannt. Eine Notierung an weiteren Börsen hänge von den Marktbedingungen ab, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person.

Einen Zeitplan hat Prada demnach noch nicht für den Schritt erstellt. Analysten rechnen damit, dass Prada im Juni an der Hongkonger Börse an den Start geht. Mit dem Verkauf von einem Drittel seiner Aktien kann das Unternehmen nach Schätzungen der Experten 1,2 Milliarden Euro einnehmen. Das fast 100-jährige Familienunternehmen will mit dem Börsengang Schulden in Höhe von etwa einer Milliarde Euro abbauen. Zudem braucht der Modekonzern Geld für seine Expansion auf dem asiatischen Markt.

Prada geht davon aus, dass die Geschäfte in Asien den europäischen Markt binnen drei Jahren bald überholen werden. Prada hat den Börsengang in der vergangenen zehn Jahren mindestens dreimal wegen der Marktbedingungen wieder abgesagt. Mit dem Vorhaben könnte der Luxusartikelhersteller Wegbereiter für andere Unternehmen aus Europa werden. Die 60 Milliarden schwere Modeindustrie Italiens ist an den Börsen weltweit nur schwach vertreten.

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