Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Aufstand der Billiglöhner

China - und jetzt Bangladesch: In Asien empören sich Arbeiter über die teils verheerenden Arbeitsbedingungen. Und: Investor Berrgruen darf Karstadt übernehmen. Dies und mehr in aller Kürze.

In Bangladesch haben die Textilarbeiter ihren Protest gegen niedrige Löhne auf die Straßen der Hauptstadt Dhaka verlagert.

Rund 15.000 Demonstranten blockierten wichtige Straßen und Kreuzungen, wie die Polizei mitteilte. Die Polizisten setzten Wasserkanonen und Tränengas ein, um die Protestkundgebung aufzulösen.

Demonstranten hätten Ziegelsteine auf die Beamten geschleudert, sagte der Vize-Polizeichef von Dhaka, Salim Jahangir. In der vergangenen Woche hatten die Textilarbeiter im Fabrikviertel Ashulia am Rande von Dhaka gewaltsam für höhere Löhne protestiert.

Hunderte Fabriken mussten für einen Tag schließen. Der Mindestlohn für Textilarbeiter liegt bei 1662,50 Taka im Monat, das sind umgerechnet 20 Euro. Damit ist Bangladesch weltweit eines der billigsten Länder für die Produktion von Kleidung. Die Arbeiter fordern eine Erhöhung auf 5000 Taka im Monat.

Die Regierung will die Mindestlöhne für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten in der Textilbranche Ende Juli anheben und hat die Arbeiter zur Geduld aufgerufen. Abnehmer der Kleidungsstücke im Westen wie Jeans-Hersteller Levi Strauss oder die französische Supermarktkette Carrefour hatten bereits im Januar höhere Mindestlöhne gefordert, die über der Armutsgrenze liegen müssten.

Das Bundeskartellamt hat die Übernahme der insolventen Warenhauskette Karstadt durch den Investor Berggruen genehmigt. Es bestünden keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken, sagte ein Sprecher.

Damit sei eine weitere Bedingung erfüllt, damit der mit Berggruen geschlossene Kaufvertrag rechtskräftig werden könne, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg. Weiter offen ist dagegen noch die Einigung zwischen Berggruen und dem Vermieter-Konsortium Highstreet, ohne die der Vertrag nicht rechtskräftig werden kann.

Bei der Deutschen Telekom ist künftig eine Frau für den Kampf gegen Korruption zuständig. Die 42-jährige Manuela Mackert werde Mitte Juli Chief Compliance Officer des Konzerns, sagte ein Telekom-Sprecher.

In ihrer Aufgabe solle sich Mackert nicht nur um die Bekämpfung von Kriminalität im Konzern kümmern, sondern auch eine neue Unternehmenskultur schaffen, in der Korruption von vornherein nicht geduldet werde.

Die Juristin Mackert arbeitet abgesehen von Abstecher zur Lufthansa bereits seit Mitte der Neunziger Jahre für die Telekom, zuletzt als Personalmanagerin. Der Bonner Telefon-Riese hatte in Vergangenheit mit gravierenden Datenschutzpannen und einer Spitzelaffäre zu kämpfen.

Als Reaktion schuf die Telekom ein neues Vorstandsressort für Datenschutz und berief ihren damaligen Justiziar Manfred Balz auf die Position. Mackert ist Balz in ihrem neuen Job unterstellt. Ihr Vorgänger Martin Walter werde im Unternehmen bleiben, erklärte der Konzern. Die Berufung von Mackert passt zum Ziel der Telekom, mehr Frauen in die Führungsetage zu holen. Im Frühjahr hatte der Telefon-Riese als erster Dax-Konzern eine Frauenquote für das Management eingeführt. Bis Ende 2015 sollen 30 Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen im Unternehmen mit Frauen besetzt werden.

Die EU hat ein Kartell des Stahlkonzerns Arcelor-Mittal und 16 weiterer europäischer Stahlunternehmen mit einer Geldbuße von 518 Millionen Euro bestraft. Die 17 Unternehmen hatten mindestens 18 Jahre lang Preise für Spannstahl abgesprochen und Märkte aufgeteilt, erklärte die EU-Kommission. Marktführer Arcelor-Mittal muss allein 276 Milionen Euro zahlen.

Auf den österreichischen Konzern Voestalpine entfallen 22 Millionen Euro Bußgeld. Auch Unternehmen aus Italien, Spanien, Portugal und den Niederlanden hätten sich an den rechtswidrigen Geschäftspraktiken beteiligt. Der deutsche Hersteller Saarstahl ging straffrei aus, weil er die Wettbewerbshüter 2002 über das Kartell informiert hatte. Die deutschen Branchenführer ThyssenKrupp und Salzgitter waren nach eigener Aussage nicht von den Ermittlungen der Brüsseler Wettbewerbshüter betroffen.

Die deutsche Wirtschaft bleibt nach einer Prognose des DIW auch nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme klar auf Wachstumskurs. Die Wirtschaftsleistung wird nach der am Mittwoch vorgelegten Vorhersage 2011 um 1,7 Prozent zulegen. Für dieses Jahr erwartet das Berliner Forschungsinstitut wie die Bundesbank ein Plus von 1,9 Prozent. "Die Wirtschaft kommt langsam wieder in Schwung, aber die treibende Kraft ist wieder einmal die Auslandsnachfrage", sagte DIW-Chef Klaus Zimmermann.

Die Inlandsnachfrage sei schwach, da die Menschen wegen der Schuldenkrise verunsichert seien. "Die Finanzkrise ist noch lange nicht verdaut und die internationale Politik kommt mit der Finanzmarktregulierung nicht in die Gänge", kritisierte Zimmermann.

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