Wirtschaft kompakt:Aufschwung? Welcher Aufschwung?

Die Krise zehrt an den EU-Staaten: Die Wirtschaft kommt nicht in Gang. Außerdem: EADS und Boeing zoffen sich, RWE und Telekom enttäuschen.

Die Wirtschaft in der EU kommt nur langsam aus der längsten und schwersten Rezession der vergangenen 50 Jahre. Das Wachstum bleibt - vor allem im Vergleich zu den Schwellenländern - schwach und anfällig. Die EU-Kommission sagte am Donnerstag für 2010 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,7 Prozent voraus.

Im Vergleich zum vergangenen November blieb die Prognose damit unverändert. "Der Aufschwung der EU-Wirtschaft wird erkennbar, steht aber noch auf wackeligen Beinen", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. "Ich bin besorgt über die Fragilität der wirtschaftlichen Erholung in Europa. Und ich bin auch besorgt über Investitionen in Wachstum und Arbeitsplätze einerseits und die Sanierung der Staatsfinanzen."

Die EU brauche mehr Investitionen für Wachstum, brauche aber auch "mehr Konsolidierung der Finanzen": "Es gibt kein Wundermittel für die Quadratur des Kreises."

Deutschland liegt der Kommissions-Schätzung zufolge mit einem erwarteten BIP-Wachstum von 1,2 Prozent nach wie vor über dem EU-Durchschnitt. Für Großbritannien wurde die Wachstumserwartung im Vergleich zur November-Prognose von 0,9 auf 0,6 Prozent reduziert.

Für Spanien wird nach wie vor ein BIP-Rückgang erwartet - allerdings nur noch um 0,6 statt 0,8 Prozent. Die Inflationsrate wurde auf 1,4 Prozent geschätzt - 0,1 Prozentpunkte mehr als im November vorausgesagt. Für die 16 Staaten mit Euro-Währung wurden 1,1 Prozent vorhergesagt, für Deutschland nur 0,7 (0,8 Prozent).

Telekom enttäuscht die Märkte

Die Deutsche Telekom hat im vergangenen Jahr wegen milliardenschwerer Abschreibungen einen Gewinneinbruch verbucht. Der Überschuss sank 2009 um drei Viertel auf 353 Millionen Euro, wie der Bonner Konzern mitteilte.

Neben der bereits bekannten Wertminderung für die britische Mobilfunktochter T-Mobile UK aus dem Frühjahr von 1,8 Milliarden Euro seien im vierten Quartal noch eine halbe Milliarde Euro auf das Süd- und Osteuropa-Geschäft, also hauptsächlich auf die Beteiligung an der griechischen OTE, abgeschrieben worden. Dank der seit Februar konsolidierten OTE zog der Jahresumsatz aber um fünf Prozent auf 64,6 Milliarden Euro an.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten hatten für 2009 mit einer Milliarde Euro Überschuss und 64,8 Milliarden Euro Umsatz gerechnet.

Trotz des herben Gewinnrückgangs will der Telefonriese die Dividende für das abgelaufene Jahr stabil halten, wie bereits Mittwochnacht mitgeteilt wurde. Die Aktionäre sollen wie in den beiden Vorjahren mit 0,78 Euro je Aktie bedacht werden. Für die nächsten Jahre wurde zudem erstmals eine Mindest-Dividende versprochen.

Das US-Geschäft des Konzerns lief zuletzt indes wieder besser: Im vierten Quartal gelang es den Bonnern wieder Kunden in den USA zu gewinnen. Auf das Gesamtjahr gesehen ergab sich so ein leichter Zuwachs von einer Million auf 33,8 Millionen Mobilfunkkunden.

In Deutschland verlor die Telekom erneut Festnetzanschlüsse, erreichte aber ihr Ziel bei der Neukundengewinnung im DSL-Geschäft mit einem Marktanteil von 45 Prozent. Im Mobilfunkgeschäft verlor die Telekom im vierten Quartal unter anderem wegen der Ausbuchung inaktiver Prepaid-Karten Mobilfunkkunden. Auf das Gesamtjahr gesehen hielt sie die Zahl der Mobilfunkkunden aber mit rund 39 Millionen stabil.

Für 2010 erwartet der Vorstand des rund 260.000 Mitarbeiter starken Konzerns einen Free Cash Flow von 6,2 Milliarden Euro und ein bereinigtes Betriebsergebnis (Ebitda) von etwa 20 Milliarden Euro. 2009 lag das bereinigte Ebitda bei 20,7 (Vorjahr: 19,5) Milliarden Euro.

USA lassen EADS und Boeing aufeinander los

Das US-Verteidigungsministerium hat den "Jahrhundertdeal" über 179 Tankflugzeuge im Wert von 35 Milliarden Dollar erneut ausgeschrieben. Das gab das Pentagon in Washington offiziell bekannt. Der amerikanische Flugzeughersteller Boeing und der europäische Konkurrent EADS ringen seit Jahren erbittert um den Mega-Auftrag. "Wir glauben, dass beide Bieter in der Lage sind, diesen Wettbewerb zu gewinnen", sagte der Luftwaffen-Staatssekretär Michael Donley. "Wir hoffen, dass es ein guter Wettbewerb wird."

EADS und der amerikanische Partner Northrop Grumman hatten die Ausschreibung 2008 bereits für sich entschieden. Doch nach Protesten des alten Lieferanten Boeings hatte Washington das Verfahren neu aufgerollt.

Allerdings hatte Northrop Grumman sich bereits unlängst beschwert, das US-Verteidigungsministerium gehe bei der abermaligen Ausschreibung nicht fair vor. Vielmehr schneide es die Bedingungen einseitig auf Boeing zu. Northrop Grumman hatte sogar damit gedroht, das Angebot zurückziehen.

Lufthansa nähert sich dem Normalbetrieb

Der Flugplan der Lufthansa weist auch drei Tage nach dem abgebrochenen Streik noch einige Lücken auf. Die Fluggesellschaft arbeitet nach eigenen Angaben aber hart daran, am Freitag wieder den regulären Flugplan erfüllen zu können.

Nach Angaben eines Sprechers galt am Donnerstag weiterhin ein Sonderflugplan, der rund 1600 von sonst 1800 Verbindungen enthielt. Am Montag hatten die Piloten mit ihrem eintägigen Streik rund die Hälfte der Jets am Boden gehalten und den komplexen Flugplan langfristig durcheinandergewirbelt.

RWE malt düster, Suzuki schockiert und Sky verliert

RWE gibt sich wenig optimistisch

Trotz Wirtschaftskrise und gesunkener Stromnachfrage hat der Energieriese RWE im vergangenen Jahr seinen Gewinn gesteigert. Der betriebliche Gewinn stieg um vier Prozent auf 7,1 Milliarden Euro, teilte der Konzern mit. Das für die Dividendenzahlung wichtige bereinigte Nettoergebnis lag bei fünf Prozent. Der Konzern will demnach pro Aktie 3,50 Euro ausschütten. "RWE hat der Krise getrotzt und sogar etwas mehr erreicht als versprochen", sagte Vorstandschef Jürgen Großmann.

Wegen der Wirtschaftskrise war nach Konzernangaben im vergangenen Jahr in allen RWE-Märkten die Energienachfrage zurückgegangen. Eigenerzeugung und Fremdbezug sanken demnach um zehn Prozent auf 300 Milliarden Kilowattstunden. Der Stromabsatz sei um elf Prozent auf 283 Milliarden Kilowattstunden gesunken. Auch für dieses Jahr erwartet der Konzern noch eine niedrige Energienachfrage, denn die "energieintensiven Industrien werden auch noch 2010 und in den Folgejahren beeinträchtigt sein". Es werde einige Jahre dauern, bis die europäische Wirtschaft wieder das Niveau des Jahres 2008 erreiche, sagte Großmann.

Hiobsbotschaften aus Japan

Eine weitere Auto-Rückrufwelle schwappt über Japan hinweg: Nach Weltmarktführer Toyota beorderten der Volkswagen-Partner Suzuki Motor sowie Nissan und Daihatsu knapp 600.000 Fahrzeuge in die Werkstätten - vornehmlich Kleinwagen der Klasse bis 660 Kubikzentimeter Hubraum, die nur in Japan verkauft werden.

Bei Suzuki, dem viertgrößten Autokonzern des Landes, sind mehr als 430.000 Fahrzeuge zweier Modellreihen betroffen. In zwei Fahrzeugen dieser Typen sei Feuer ausgebrochen, das möglicherweise von defekten Klimaanlagen ausgegangen sei, erklärte der Konzern. Suzuki setzt in dem Segment in Japan monatlich gut 40.000 Autos ab.

Japans Nummer Drei und Renault-Allianzpartner Nissan will in der Heimat mehr als 76.000 Fahrzeuge aus zehn Baureihen überprüfen sowie in Übersee 2300 Autos. Hier waren Motorenprobleme aufgetreten. Berichte über Unfälle lagen dem Konzern nach eigenen Angaben nicht vor. Auslöser der Aktion bei Daihatsu sind Schwierigkeiten mit den Airbags. Die Besitzer von fast 61.000 Kleinstwagen wurden aufgefordert, eine Werkstatt aufzusuchen.

Branchenprimus Toyota hat mehr als acht Millionen Autos zurückgerufen. Konzernchef Akio Toyoda leistete am Mittwoch persönlich vor dem US-Kongress Abbitte für die Pannenserie, die zu mindestens fünf Unfällen mit Todesfolge führte.

Sky verbrennt das Geld

Der Bezahlfernsehsender Sky Deutschland verliert mit seinen Programmen nach wie vor Geld. Im vergangenen Quartal weitete sich der Betriebsverlust (Ebitda) auf 81,6 Millionen Euro von zuvor 44,5 Millionen Euro aus, obwohl die Abonnenten durchschnittlich mehr für das Programmangebot der ehemaligen Premiere ausgaben. Der Umsatz sank verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um rund 6 Millionen Euro auf 230,2 Millionen Euro, teilte das Unternehmen mit.

Die Ergebnisse lagen allerdings im Rahmen der Erwartungen. Vorstandschef Mark Williams äußerte sich optimistisch: "Wir sind zufrieden mit der Akzeptanz unserer neuen Angebots- und Preisstruktur im Markt. Die operative Neuausrichtung unseres Geschäfts ist inzwischen nahezu abgeschlossen und die Grundlage für solides Wachstum geschaffen."

Für die Zukunft kündigte Williams an, die Zahl seiner Abonnenten von 2,5 Millionen zu steigern und ihnen mehr Geld zu entlocken, um "nachhaltig profitabel" zu werden. Dafür werde Sky die Einnahmen aus der jüngsten Kapitalerhöhung in Marketing und Vertrieb, neue Sender und den Ausbau seines Angebots für hochauflösendes Fernsehen stecken.

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