Wirtschaft kompakt:Arbeitgeber in kollektiver Trotzphase

Heikle Forderung: Mit seinem Vorstoß für kräftige Lohnerhöhungen macht sich der arbeitgebernahe Wirtschaftsminister im gesamten Unternehmerlager unbeliebt. Außerdem: Der Fiat-Chef hadert mit Italien. Das Wichtigste in Kürze.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gilt nicht gerade als Feind der Unternehmen, doch mit seiner Forderung nach deutlich höheren Löhnen trifft er auf den geballten Widerstand der Arbeitgeber. Es gebe keinen Spielraum für Lohnerhöhungen, der Aufschwung habe noch nicht alle Branchen erreicht, heißt es im Lager der Unternehmer.

Brüderle für kräftige Lohnerhöhungen

Stahlarbeiter beteiligen sich Ende September an einem Warnstreik vor der Westfalenhütte in Dortmund. Auch Wirtschaftsminister Brüderle hatte vergangene Woche unter Berufung auf das kräftige Wirtschaftswachstum in diesem Jahr deutlich höhere Löhne in Deutschland angeregt. Diesem Vorstoß widersprachen die Arbeitgeber nun vehement.

(Foto: dpa)

Nach dem bisher tiefsten Absturz der deutschen Wirtschaft müssten die Betriebe erst einmal zu neuen Kräften kommen, sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegießer der Bild-Zeitung vom Montag. "Weder Dividenden- noch Lohnsteigerung stehen jetzt im Vordergrund."

Auf Ablehnung stieß Brüderle auch bei der Baubranche. "Am Bauhauptgewerbe ist der Aufschwung noch nicht angekommen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Karl Robl. Die Betriebe müssten höhere Löhne zunächst verdienen.

Ähnlich äußerte sich auch der Verband der Familienunternehmen (ASU), der vor Konjunktureinbußen warnte. Undifferenzierte Lohnforderungen seien ein Risiko für den Aufschwung, sagte Verbandschef Patrick Adenauer.

Brüderle bekräftigte in der Bild-Zeitung seine Forderung nach einem kräftigen Lohnplus. Der Aufschwung gehöre den Fleißigen und sollte daher nicht an ihnen vorbeigehen. Leistung müsse sich lohnen. "Das gehört zur Sozialen Marktwirtschaft. Und das darf sich in guten Zeiten auch in den Tarifabschlüssen niederschlagen", sagte der FDP-Politiker.

Fiat-Chef mäkelt an Italien herum

Bella Italia - bei vielen Menschen lässt das Land Sehnsüchte aufkommen: Doch für Fiat-Chef Sergio Marchionne wäre der Autohersteller ohne Italien besser dran. Die Gewerkschaften des Landes reagierten empört auf die Äußerung.

Kürzlich hatte Fiat die Prognosen für das Jahr 2010 angehoben. Der Betriebsgewinn werde mindestens zwei Milliarden Euro betragen, sagte Marchionne. "Nicht ein Euro kommt aus Italien."

Der Autohersteller könnte ohne das Land mehr erreichen. Die Arbeitsproduktivität sei zu gering und es herrsche ein Mangel an Wettbewerbsfähigkeit.

Mit seinen Äußerungen brachte Marchionne allerdings die Gewerkschaften gegen sich auf. Der Chef der größten Organisation CGIL, Guglielmo Epifani, wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Marchionne sieht die Zukunft von Fiat sehr skeptisch", sagte der Gewerkschaftsführer. "In Wahrheit will Marchionne Italien verlassen."

Empört zeigte sich auch Rocco Palombella von der Metallarbeiter-Gewerkschaft Uilm: Marchionne solle "aufhören, die Arbeiter zu demütigen".

Daimler bekommt eine Frau als neue Chefin der weltweit operierenden Konzernsicherheit. Es handelt sich um Sabine Wiedemann, die bislang in gleicher Funktion bei der Deutschen Post tätig war. Der Autohersteller bestätigte die Personalie. "Frau Wiedemann wird bei Daimler zum 1. Januar 2011 anfangen", sagte ein Sprecher zu sueddeutsche.de.

Der langjährige Sicherheitschef Thomas Menk hatte das Unternehmen zur Jahresmitte verlassen. Ehe Wiedemann in die Wirtschaft wechselte , war sie in verschiedenen Funktionen beim Bundeskriminalamt (BKA) tätig. Vor der Deutschen Post hatte sie bei der Lufthansa das Operations Control Center geleitet.

Luxus-Hochzeit in Frankreich

Es ist ein Überraschungs-Coup: Der französische Luxusgüterkonzern LVMH steigt für 1,45 Milliarden Euro beim heimischen Handtaschen- und Seidentuchfabrikanten Hermes ein. Das kündigte der für seine Champagnermarke Moet & Chandon und die Louis-Vuitton-Taschen bekannte Konzern unerwarteterweise an.

Mit der Aktion erfüllen sich lang anhaltende Spekulationen. Denn Mutmaßungen, dass einige Mitglieder der Eigentümerfamilie Hermes-Anteile abgeben könnten, gibt es schon länger. Durch die Abgabe von Anteilen könnte das Familienunternehmen letztlich zu einem Übernahmeziel werden. Das Hermes-Management hat wiederholt bekräftigt, die Eigentümer stünden hinter dem Konzern.

LVMH habe 14,2 Prozent übernommen und werde nach Umwandlung von Aktienderivaten 17,1 Prozent halten. LVMH betrachte sich als langfristiger Aktionär, strebe aber keine Übernahme von Hermes an.

Vielmehr wolle LVMH bei Hermes den Charakter eines französischen Familienunternehmens bewahren, erklärte der weltgrößte Luxusgüterkonzern weiter. Dieser sei die Grundlage des weltweiten Hermes-Erfolges.

Hermes-Aktien werden derzeit zu Rekordpreisen gehandelt. Die Papiere haben seit Juli 65 Prozent zugelegt. Es blieb zunächst unklar, ob LVMH die Aktien an der Börse gekauft oder von Familienmitgliedern übernommen hat. Die Familie hält bisher 70 Prozent an Hermes.

Katar liebäugelt mit Einstieg bei Auktionshaus Christie's

Für Araber hatte London schon immer eine große Anziehungskraft - nun hat das Emirat Katar Interesse an einer Übernahme des traditionsreichen Auktionshauses Christie's geäußert. "Wir bauen ein Museum, und Christie's hat Verbindungen zu Dingen, die wir für unser Museum zusammentragen", sagte der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani, der Financial Times.

Ein offizielles Gebot gibt es aber noch nicht. Christie's bezeichnete eine mögliche Übernahme durch das Emirat Katar als "Spekulation". Diese werde nicht kommentiert. Christies gehört der Privatholding Artemis des französischen Milliardärs und Kunstsammlers François Pinault. Im ersten Halbjahr verbuchte das Auktionshaus einen Umsatzanstieg um 46 Prozent auf 1,71 Milliarden britische Pfund (1,92 Mrd. Euro).

Hilfe aus Downunder: Im Abwehrkampf gegen eine Übernahme durch die spanische ACS kann Deutschlands größter Baukonzern Hochtief auf Hilfe vom fünften Kontinent hoffen.

Die australische Hochtief-Tochter Leighton teilte mit, den heimischen Übernahme-Ausschuss angerufen zu haben, um die eigenen Minderheits-Aktionäre zu schützen.

Der Ausschuss solle die "nicht akzeptablen Umstände" des ACS-Gebots für Hochtief klären. Man sei besorgt, dass ACS versuche, über eine niedrige Offerte für Hochtief auch die Kontrolle über Leighton zu bekommen. Es sei zu befürchten, dass ACS damit ein Übernahme-Angebot für Leighton zum vollen Preis umgehen wolle.

Auch Hochtief will sich an den Ausschuss wenden. Damit soll die australische Kontrollinstanz für Übernahmen dazu gebracht werden, von ACS auch ein Angebot für Leighton zu verlangen. Die Essener hoffen, die Kosten für die hoch verschuldeten Spanier damit in unbezahlbare Höhen zu treiben.

Die australischen Kontrolleure könnten die Zustimmung verweigern, wenn die Spanier über Hochtief die Kontrolle von Leighton erhalten wollten, ohne für die Tochter Leighton zu bieten. Hochtief hält 54,5 Prozent an Leighton. Die restlichen Aktien der Australier haben einen Marktwert von etwa 3,6 Milliarden Euro. Damit ist Leighton an der Börse doppelt so viel Wert wie die deutsche Mutter.

Im Inland erhielt Hochtief zusätzliche Unterstützung von der SPD: Parteichef Sigmar Gabriel sagte nach Beratungen mit Hochtief-Vertretern, es gehe darum, eine Lücke im deutschen Recht zu schließen. Danach sollen ausländische Firmen, die bereits 30 Prozent an deutschen Unternehmen halten, verpflichtet werden, ein neues Angebot an die Aktionäre abzugeben, wenn sie ihre Anteile weiter erhöhen wollen. Dies sei in Deutschland anders als in Spanien oder einer Reihe von anderen EU-Ländern bislang nicht der Fall.

Die SPD habe dazu den anderen Parteien einen entsprechenden Vorschlag für eine Gesetzesänderung zugeleitet, der mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit schnell im Bundestag verabschiedet werden könne.

BP versilbert Ölfelder

Kasse gemacht: Der britische Ölkonzern BP hat vier Öl- und Gasfelder im Golf von Mexiko für umgerechnet 466 Millionen Euro verkauft. Käufer ist die Öl- und Gasgesellschaft Marubeni, wie BP mitteilte.

Der Öl-Multi trennt sich zur Zeit von Beteiligungen, um Geld für die Kosten der Ölkatastrophe im Golf locker zu machen. Zuletzt hatte es geheißen, das russische Energieunternehmen Rosneft sei an der deutschen Tankstellenkette Aral interessiert, die BP gehört. Rosneft wies das allerdings zurück.

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