Wirtschaft kompakt:80 Jahre Atomstrom - eine Vision von RWE

Kühne Pläne allerorten: RWE will seine Atommeiler deutlich länger laufen lassen, VW attackiert Toyota auf dem US-Markt und die Bahn bietet Öko-Tickets.

Die Energiekonzerne haben nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie kein Interesse daran haben, ihre Atomkraftwerke abzuschalten. Jetzt nennt der RWE-Konzern jedoch eine Zahl und sorgt damit für Aufruhr. Vorstandschef Jürgen Großmann spricht sich dafür aus, die Meiler statt wie jetzt 32 Jahre bis zu 80 Jahre am Netz zu lassen.

AKW Biblis, Foto: dpa

Atomkraftwerk Biblis: RWE möchte seine Meiler bis zu 80 Jahre lang laufen lassen.

(Foto: Foto: dpa)

Prompt regt sich Unverständnis und Empörung - vor allem bei der Opposition im Bundestag. Die Grünen warfen Großmann vor, es gehe ihm nur um möglichst viel Profit. Immerhin muss sich der neue Bundestag noch mit der ungelösten Endlagerung von hoch radioaktivem Atommüll beschäftigen. Grüne und SPD dringen auf einen Untersuchungsausschuss zum Streit über den möglichen Endlager-Standort Gorleben.

RWE-Chef Großmann hatte der Rheinischen Post gesagt, baugleiche Reaktoren liefen in Holland, Frankreich oder Belgien 60 Jahre und mehr, in den USA seien sogar 80 Jahre im Gespräch. Dies sei zwar keine Vorfestlegung für Deutschland, aber die derzeitige Laufzeitbegrenzung von 32 Jahren bleibe unter den volkswirtschaftlichen Möglichkeiten.

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte dagegen, die Atomindustrie wolle mit ihren Meilern bis zum letzten Tag Kasse machen. "Das hohe Risiko alter Schrottmeiler und die offene Frage, was mit den immer weiter wachsenden strahlenden Atommüllbergen passieren soll, ist ihnen vollkommen egal."

Der Atom-Ausstieg war im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung mit der Atomindustrie vereinbart worden. Die letzten der 17 deutschen Atomkraftwerke sollten danach spätestens 2022 vom Netz gehen.

Ford überrascht mit Gewinn

Der zweitgrößte US-Autohersteller Ford hat es auf seinem Sanierungskurs in die schwarzen Zahlen geschafft. Der Hersteller fuhr im dritten Quartal einen Überschuss von 997 Millionen Dollar (675 Millionen Euro) ein. Ein Jahr zuvor hatte Ford im dritten Quartal auf vergleichbarer Basis einen Verlust von 161 Millionen Dollar verzeichnet.

Von 2011 an will Ford auf Gesamtjahresbasis "solide profitabel"sein, wie der Konzern am Montag am Sitz in Dearborn (Michigan) ankündigte. Das wäre schneller als geplant.

Der Umsatz fiel im dritten Quartal noch einmal um 800 Millionen Dollar auf 30,9 Milliarden Dollar. Dennoch schlägt sich Ford damit weiterhin deutlich besser als die mit Milliardensummen von der US- Regierung gestützten Wettbewerber General Motors (GM) und Chrysler.

Die Zahlen fielen weit besser aus als von Experten erwartet. Die Aktie stieg im vorbörslichen US-Handel deutlich. Auch im zweiten Quartal hatte Ford einen unerwarteten Gewinn erzielt.

VW attackiert Toyota in den USA

Das große Ziel des Volkswagen-Konzerns heißt, den weltweit größten Auto-Hersteller Toyota an der Spitze der Branche abzulösen.

Dafür startet Volkswagen auf dem US-Markt nun eine Offensive gegen den Branchenprimus - und zwar mit einem speziell für Amerika entwickelten Modell. "Wir greifen die Wettbewerber an über Größe, Qualität und Preis", sagte VW-Amerika-Chef Stefan Jacoby der Financial Times Deutschland.

Das neue Familienauto, das im künftigen Werk in Tennessee gebaut wird, ist länger und breiter als der deutsche Passat und soll zugleich deutlich billiger angeboten werden. Ab Mitte 2011 soll es zum Kampfpreis von weniger als 20.000 Euro auf den Markt kommen.

Für das Ziel, Toyota als weltweit größten Autohersteller abzulösen, ist der Neustart in Amerika für Volkswagen von entscheidender Bedeutung. "In den kommenden drei bis vier Jahren wollen wir unseren Absatz in den USA auf 400.000 bis 450.000 steigern", kündigte Jacoby an.

Ein US-Marktanteil von zwei Prozent sei nicht genug. Mit neuen Werbekampagnen will Jacoby den Rückstand aufholen: "In Amerika eine Bekanntheit wie Toyota zu erreichen ist in der Summe unser Ziel",sagte er.

Bahn bietet Öko-Tickets

Die Deutsche Bahn verpasst sich mit Öko-Tickets einen grünen Anstrich. Diese sollen kaum teurer sein als die klassischen Fahrkarten. "Ein emissionsfreies Ticket von Berlin nach Frankfurt am Main kostet für unsere Kunden 76 Cent mehr", sagte ein Bahn-Sprecher der Berliner Zeitung.

Die Bahn will mit dem neuen Angebot deutlich mehr Ökostrom für ihre Züge einkaufen. Erhältlich sind die Ökotickets zunächst aber nur für Großkunden. Bei Großkunden-Verträgen sei der Stromverbrauch besser abschätzen, um dann "die entsprechende Menge Öko-Strom bei den Herstellern" zu ordern, sagte der Sprecher.

Das Interesse ist nach Bahn-Angaben schon jetzt groß: "17 Großkunden haben sich bereits für das neue Produkt entschieden", sagte der Sprecher. Zu ihnen gehörten die Deutsche Post, der Softwarekonzern SAP, die Generali-Versicherung, McDonald's, und die Deutsche BP. "Hinzu kommen weitere zahlreiche Interessenten." Auch die Grünen gehören demnach bereits zu den Kunden, die sich für das Angebot ausgesprochen haben.

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