Wirtschaft - Berlin:Mehr Abstand: viele Berliner reagieren auf Corona-Pandemie

Berlin
Halbleere Regale mit Konserven in einem Supermarkt. Foto: Paul Zinken/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Wenig los in der Hauptstadt: Immer mehr Berliner reagieren auf die Corona-Pandemie inzwischen so, wie Wissenschaftler sich das wünschen - mit Abstand. Straßen und Parks blieben am Wochenende deutlich leerer. Und die Mehrheit der Menschen draußen wahrte eine Distanz von ein bis zwei Metern.

Samstagabend und in der Nacht zu Sonntag musste die Polizei erstmals keine "Corona-Partys" mehr beenden. Mit 20 Anzeigen wegen Verstößen gegen die Auflagen waren es noch weniger als in den Nächten zuvor. Es traf nun unter anderem ein Gruppe Hundebesitzer, die sich auf einem Spielplatz zu nahe gekommen war.

In Mitte fand die Polizei einen DJ, der seine Musik im Internet streamte. In seinem Lokal feierten aber nur fünf Menschen, die anderen saßen zu Hause vor dem Bildschirm, berichtete ein Sprecher. Das war für die Beamten in Ordnung. Die Polizei zeigte am Sonntag auch tagsüber Präsenz in der Innenstadt. Streifenwagen fuhren auf und ab.

In Restaurants ist seit Sonntag nur noch ein Abhol-Service erlaubt. Viele haben daraufhin ganz geschlossen. Sportlich nahmen die Einschränkungen in vielen Kiezen und Grünanlagen vor allem die Jogger. An der Wuhle in Kaulsdorf sind gleich mehrere Dutzend unterwegs, die meisten einzeln.

Solidarität ist dennoch zu spüren. In den Kiezen hängen viele Zetteln mit Hilfsangeboten aus, auch auf Online-Portalen wie "nebenan.de" bieten Nachbarn sich gegenseitig Unterstützung an. Am S-Bahnhof Hermannstraße haben Anwohner einen "Berliner Gabenzaun" für Obdachlose ins Leben gerufen. Sonntagmittag gab es dort unter anderem Kleidung, Schuhe und Lebensmittel zu verschenken. In Neukölln und Wedding sind weitere solcher Gabenzäune geplant.

Das sichtbare öffentliche Leben aber wirkt sonst eingeschränkt. An der sonst so belebten East-Side-Gallery an der Spree sind am Sonntagnachmittag kaum noch größere Gruppen zu sehen - selten sind es mehr als fünf Personen. Erlaubt ist seit Sonntag ein Maximum von 10.

Obwohl Supermärkte nun sonntags öffnen dürfen, bleiben viele geschlossen - zum Beispiel in Friedenau. Das Personal müsse auch mal durchatmen, hieß es vom Berliner Handelsverband. Schon jetzt lägen die Umsätze fast dreimal so hoch wie zur Weihnachtszeit.

In der Köpenicker Bahnhofstraße haben nur noch ein Asia-Imbiss und eine Dönerbude geöffnet. Und auf dem Waldfriedhof Grünau sitzt eine Frau im Rollstuhl und mit Mundschutz vor dem Stelenfeld mit Urnen.

Bereits am Samstag wirkte der Kudamm eher leergefegt, es gab kaum Gedränge auf den beliebten Wochenmärkten und Disziplin in vielen Supermärkten. Auch Hamsterkäufe schienen nachzulassen: In vielen Berliner Stadtteilen waren Schlangen vor geöffneten Supermärkten Ausnahmen. Das Sicherheitspersonal hielt sich im Hintergrund. In vielen Supermärkten liefen Durchsagen vom Band. Kunden wurden gebeten, zwei Meter Abstand voneinander zu halten und möglichst per Karte zu bezahlen. An Kassen forderten Aufkleber auf dem Boden zum Abstandhalten auf.

Nur in einigen Bau- und Gartenmärkten war Andrang zu spüren. Es gab Wartezeiten vor dem Eingang, bis die Blumenerde schließlich im Kofferraum lag. Frühlingsanfang - das heißt noch immer Pflanzzeit.

Und die Berliner nehmen die Lage auch mit Humor. Am Tempelhofer Feld hat jemand eine ironischen Lebenshilfe-Schriftzug hinterlassen: "Sei fürsorglich. Triff dich mit dir selbst." Samt dem Zusatz: "Sei mutig". Im Mauerpark prangt eine Karikatur der Gollum-Figur aus der Saga Herr der Ringe: Gollums Schatz ist nun eine blitzweiße Rolle Klopapier. "Das ist ein ganz normales Phänomen, dass wir uns über das lustig machen, was uns sehr beschäftigt", sagt Kareen Seidler vom Deutschen Institut für Humor dazu. Das sei ein Ventil, um Anspannung und Angst abzulassen.

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