Wirecard:Keine Ermittlungen gegen Ex-Aufsichtsrat der Deutschen Bank

Pressebilder: C-Quadrat Investment Group

Ex-Deutsche-Bank-Aufsichtsrat Alexander Schütz hat eine Sorge weniger: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen ihn.

(Foto: C-Quadrat Investment Group)

Die Wirecard-Affäre war für Alexander Schütz wegen seiner Nähe zu Markus Braun erst peinlich, dann heikel: Die Bafin stellte eine Anzeige - doch die Staatsanwalt fand nicht mal einen Anfangsverdacht.

Von Jan Diesteldorf, Frankfurt

Der Fall Wirecard hat so einige Menschen den Job gekostet. Während die Bundestagsabgeordneten im Wirecard-Untersuchungsausschuss Akten sammelten, Zeugen befragten und immer neue haarsträubende Details zutage förderten, räumten anderswo Beamte, Funktionäre und Geschäftsleute ihre Schreibtische. Unter anderem mussten die Chefs der Finanzaufsicht Bafin gehen, der Leiter der Wirtschaftsprüferaufsicht trat zurück, eine prominente Analystin der Commerzbank erhielt ihre Kündigung. Und den Aufsichtsrat der Deutschen Bank verließ im März jemand, für den die Affäre um Wirecard besonders peinlich war: Alexander Schütz, Unternehmer und Investor aus Österreich, ein Mann aus dem engeren Bekanntenkreis von Ex-Wirecard-Chef Markus Braun.

Für Schütz ist ein heikles Kapital im Fall Wirecard jetzt wohl endgültig abgeschlossen: Es wird keine Ermittlungen wegen Insiderhandels gegen ihn geben. Wegen auffälliger Geschäfte mit Wirecard-Aktien und -Optionsscheinen hatte die Finanzaufsicht Bafin im Frühjahr Strafanzeige gegen Schütz gestellt. Die Behörde hatte ihn darin verdächtigt, in den Jahren 2019 und 2020 Insiderinformationen ausgenutzt zu haben, um mit Wirecard-Papieren Kasse zu machen. Strafbarer Insiderhandel liegt vor, wenn jemand die Masse der anderen, schlechter informierten Anleger übervorteilt.

Der Kontakt zu Markus Braun begründet noch keinen Verdacht

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart konnte nichts davon erhärten, wie sie jetzt auf Anfrage bestätigte. Noch nicht einmal einen Anfangsverdacht haben die Ermittler festgestellt. Ein solcher muss konkret sein, damit eine Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet. In Schütz' Fall reichte die Bafin-Anzeige - laut mit dem Papier vertrauten Personen soll sie sehr umfangreich sein - dafür aber offenbar nicht aus. Paragraf 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung legt den sogenannten Legalitätsgrundsatz fest: Eine Staatsanwaltschaft muss "wegen aller verfolgbaren Straftaten" ermitteln, wenn sie "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" findet. Umgekehrt heißt das: Ist das nicht der Fall, darf es auch keine Ermittlungen geben. Dass Schütz mit Braun verkehrte und kommunizierte, während er mit Wirecard-Papieren spekulierte, das reichte wohl nicht.

Ein Sprecher von Schütz äußerte sich nicht zu den Vorgängen. Der 1967 in Linz geborene Finanzmanager war im Zuge der Wirecard-Affäre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Als Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing im Januar im Untersuchungsausschuss zu Wirecard befragt wurde, hielt man ihm eine Mail von Schütz an Markus Braun aus dem Februar 2019 vor. Schütz saß da bereits seit Jahren im Aufsichtsrat von Deutschlands größter Bank. "Hab ja in der FT gelesen, dass du ganz ein Schlimmer bist", schrieb Schütz an Braun. Und fügte hinzu: "Habe übrigens drei Mal Wirecard-Aktien gekauft letzte Woche, macht diese Zeitung fertig!!"

Die Deutsche Bank hatte sich scharf von Schütz distanziert

Die britische Financial Times hatte damals so konkret wie nie zuvor über mutmaßlich geschönte Bilanzzahlen bei Wirecard berichtet. Es war der Beginn der entscheidenden Serie kritischer Artikel über den Zahlungsdienstleister, gestützt auf umfangreiches Material von Whistleblowern. Schütz gehörte damals zum Lager derjenigen, die tatsächlich glaubten, die FT mache zum Schaden von Wirecard gemeinsame Sache mit Spekulanten. Entsprechendes gab Schütz später auch zu Protokoll: Er habe Markus Braun damals geglaubt, dass Wirecard ein integres Unternehmen sei. "Ich entschuldige mich daher in aller Form bei der Financial Times und ihren Reportern für diese emotionale und deplatzierte Äußerung", teilte er im Januar mit.

Seine Reputation war da bereits schwer angeschlagen. Schütz war im Jahr 2017 als Vertreter des damaligen Deutsche-Bank Großaktionärs HNA in das Kontrollgremium der Bank eingezogen. Der chinesische Mischkonzern war zwischenzeitlich in finanzielle Not geraten und musste seine Beteiligung an dem Institut verkaufen. Schütz, Gründer der österreichischen Fondsgesellschaft C-Quadrat, behielt sein Mandat. Nach Sewings Auftritt im Untersuchungsausschuss vergingen dann aber nur noch wenige Wochen, bis Schütz seinen Rückzug zur diesjährigen Hauptversammlung bekannt gab. Die Deutsche Bank hatte sich zuvor scharf von ihm distanziert und die Äußerungen in der Braun-Mail "inakzeptabel" genannt.

Schütz bestritt dagegen einen Zusammenhang zwischen seinem Rücktritt und der Wirecard-Affäre. Offiziell hieß es, er ziehe sich aus persönlichen Gründen zurück: Er wolle sich seinen Verpflichtungen in einem anderen Unternehmen widmen. Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Stuttgart hat er dabei jetzt eine Sorge weniger.

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