Süddeutsche Zeitung

Wirecard-Skandal:EY geht gegen Bundestag vor Gericht

Dürfen EY-Prüfer im Wirecard-Ausschuss aussagen - oder brauchen sie eine Erlaubnis von Braun und Marsalek? Das soll die Justiz klären.

Von Klaus Ott und Jörg Schmitt, München

Im Wirecard-Skandal geht der Wirtschaftsprüfkonzern EY beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gegen den Bundestag vor. EY will höchstrichterlich geklärt wissen, ob die eigenen Prüfer vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen dürfen - oder nicht. Falls der BGH grünes Licht gibt, will EY möglichst schnell im Ausschuss berichten, warum die eigenen Prüfer die Wirecard-Bilanzen jahrelang für in Ordnung gefunden haben, obwohl der Finanzkonzern seit 2015 gelogen und betrogen haben soll.

EY steht im Wirecard-Skandal stark unter Druck. Zahlreiche Aktionäre verklagen den Prüfkonzern auf Schadenersatz für ihre horrenden Verluste an der Börse. EY weist alle Vorwürfe zurück und will dem Bundestag umfangreiches Aktenmaterial zu Wirecard vorlegen, sofern der BGH mitspielt.

Zwei EY-Kontrolleure hatten sich vergangene Woche im U-Auschuss unter Hinweis auf ihre berufliche Schweigepflicht geweigert, über ihre Prüftätigkeit bei Wirecard auszusagen. Der Ausschuss verhängte daraufhin jeweils 1000 Euro Bußgeld gegen die beiden Prüfer. Dagegen haben die beiden Prüfer jetzt beim BGH Einspruch eingelegt. Sie verweisen darauf, dass unter den Gerichten umstritten sei, wer alles Wirtschaftsprüfer von der Schweigepflicht entbinden müsse. Im Fall Wirecard haben das der Insolvenzverwalter, die verbliebenen Vorstandsmitglieder und der Aufsichtsrat getan. Möglicherweise müssten aber auch der in Untersuchungshaft sitzende Ex-Vorstandschef Markus Braun und sein untergetauchter früherer Vorstandskollege Jan Marsalek einverstanden sein, dass EY aussagt.

Man wolle ja aussagen, aber eben "risikofrei"

Das wirkt grotesk, aber so legt EY bisherige Urteile in anderen Fällen zum Thema Schweigepflicht von Wirtschaftsprüfern aus und will deshalb eine höchstrichterliche Klärung herbeiführen. Man wolle ja aussagen, aber eben "risikofrei", heißt es in einer der beiden Beschwerden, die der Kölner Anwalt Björn Gercke verfasst hat. Das müsse juristisch sauber geklärt sein, sonst könne man staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nicht ausschließen, weil man sich möglicherweise strafbar mache. Deshalb solle der BGH diese "jahrzehntelange Streitfrage entscheiden". Im Bundestag war den EY-Prüfern vorgeworfen worden, sich hinter einer angeblichen Schweigepflicht zu verstecken. EY entgegnet, das stimme nicht.

In einem Brief an den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Kay Gottschalk (AfD), bietet EY neue Zeugenvernehmungen der eigenen Prüfer noch in diesem Jahr an. Der Ausschuss möge bitte prüfen, "wie eine schnellstmögliche Ladung" möglich gemacht werden könne - EY will offenbar schnell zu den vielen in der Öffentlichkeit kursierenden Vorwürfen Stellung beziehen.

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