Süddeutsche Zeitung

Windparkbetreiber:Hoffnung für Prokon

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Von Markus Balser, Berlin

Der Windparkkonzern Prokon, so wollte es Gründer Carsten Rodbertus, sollte immer anders sein. Anders vor allem als die großen Energiekonzerne, denen es zu oft um Profite und zu selten um Ethik gehe. Wer in Prokon investiere, handele verantwortungsvoller, umweltfreundlicher, einfach besser als viele Investoren im Land. So versprach es auch die Werbung des Konzerns, der aggressiv in ganz Deutschland bei 75 000 Anlegern rund 1,4 Milliarden Euro einsammelte. Slogan: "Es ist Zeit, etwas zu verändern. Und das geht einfacher, als man denkt."

Für Anleger änderte sich tatsächlich viel, allerdings völlig anders, als sie sich das vorgestellt hatten - und nachhaltig waren zuletzt vor allem die Probleme. Das Windenergie-Unternehmen musste Anfang des vergangenen Jahres Insolvenz beantragen. Für viele Anleger begann ein Albtraum, denn sie drohten einen Großteil ihres Vermögens zu verlieren.

Doch der Wind könnte sich bald drehen - wenigstens ein bisschen. Wenn in den nächsten Tagen der Gläubigerausschuss von Prokon zusammenkommt, wird Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin erstmals konkrete Angebote von Investoren vorstellen, die die Pleitefirma übernehmen wollen.

EnBW buhlt um EnBW

Als pikant gilt, dass auch der Energiekonzern EnBW um die Windkraftfirma buhlt. Mehr als 500 Millionen Euro will der viertgrößte deutsche Energiekonzern nach Informationen der Süddeutschen Zeitung für die Firma zahlen. Das Unternehmen äußerte sich am Montag nicht zu den Angaben. Damit könnte ausgerechnet das auf die Unabhängigkeit von Großkonzernen so bedachte Unternehmen doch noch in einem der größten Energieversorger des Landes aufgehen. Allerding ist EnBW nicht der einzige Bieter. Vergangene Woche hatte sich bereits die Solarfirma Capital Stage öffentlich als Konkurrent geoutet. Das Unternehmen - einer der größten unabhängigen Betreiber von Solarparks in Deutschland - will ebenfalls große Teile von Prokon übernehmen.

Bereits in dieser Woche könnte den Angaben zufolge von den Gläubigern eine bevorzugte Offerte ausgewählt werden. In jedem Fall soll der Gläubigerausschuss über die Angebote beraten. Doch ob ein Bieter tatsächlich zum Zug kommt, ist auch dann fraglich, wenn er diese Hürde nimmt. Denn Insolvenzverwalter Penzlin will den Gläubigern von Prokon weiterhin die Wahl zwischen zwei Rettungsoptionen lassen: Auf der Gläubigerversammlung Anfang Juli sollen sie sich zwischen dem Einstieg eines zahlungskräftigen Investors wie EnBW und der damit verbunden Barauszahlung sowie der Fortführung in Eigenregie entscheiden. Dann würde Prokon in eine Anleger-Genossenschaft umgewandelt und die Anteile weiterhin überwiegend von Kleinanlegern gehalten. Wie sich die Gläubiger entscheiden, gilt bislang als völlig offen. Die Gegner eines Verkaufs wie der Verein "Freunde von Prokon" hatten zuletzt allerdings bei Probeabstimmungen großen Zulauf. Prokon bleibt damit in jedem Fall einer der größten Anlegerskandale am Grauen Kapitalmarkt in Deutschland. Trotz neuer Gebote werden die Anleger unabhängig vom Ausgang der Entscheidung bei jeder Variante voraussichtlich etwa die Hälfte ihrer Ersparnisse verlieren. Immerhin ein Totalverlust des Geldes scheint damit aber ausgeschlossen. Für die ehemalige Prokon-Führung hat die Aufarbeitung ohnehin erst begonnen. Gegen Prokon-Gründer Carsten Rodbertus und andere Verantwortliche ermittelt die Staatsanwaltschaft seit dem vergangenen Jahr wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung, des Betrugs und der Untreue.

Die insolvente Windfirma ist bei Investoren wegen ihrer bereits bestehenden und geplanten Windparks begehrt. Vor der Insolvenz hatte Prokon Anlagen mit einer Leistung von rund 500 Megawatt in Deutschland, Polen und Finnland in Betrieb genommen. Weitere Projekte sind in Planung. Für einen Konzern wie EnBW bietet eine Übernahme die Chance, das eigene Geschäft mit grünem Strom schneller als geplant auszubauen. Der Konzern hatte sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 rund 3,5 Milliarden Euro in erneuerbare Energien zu investieren. Die Stromproduktion aus Wind, Sonne und Wasser soll dann doppelt so viel Gewinne abwerfen wie die Stromproduktion in den übrigen Kraftwerken des Unternehmens.

EnBW hatte sich zuletzt schon für die Übernahme des angeschlagenen Öko-stromprojektierers Juwi interessiert, sich allerdings später aus dem Verfahren zurückgezogen. Mit Juwi, Prokon und Windreich waren zuletzt gleich drei führende unabhängige Ökostrompark-Planer ins Straucheln geraten.

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SZ vom 12.05.2015
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