Untersuchungsbericht:Wursthersteller Wilke wurde teilweise gar nicht überwacht

Wilke-Wurst: Betrieb im hessischen Twistetal

Firmenschilder kennzeichnen die Einfahrt zum Werksgelände des nordhessischen Wurstherstellers Wilke.

(Foto: dpa)
  • Der Untersuchungsbericht zum Fall Wilke zeigt, dass der Wursthersteller nicht häufig genug, teilweise sogar gar nicht überwacht wurde.
  • Auch die Firma selbst hat demnach ihre Verpflichtungen nicht erfüllt: "Es muss eher davon ausgegangen werden, dass mit krimineller Energie gearbeitet wurde."
  • Drei Todes- und 37 Krankheitsfälle werden mittlerweile mit Produkten des Herstellers Wilke in Verbindung gebracht.

Von Silvia Liebrich

Im Listerienskandal um den hessische Wursthersteller Wilke hat das zuständige Ministerium ein Versagen der zuständigen Behörden eingeräumt. Das geht aus dem Untersuchungsbericht hervor, den Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Montag vorlegte. Demnach wurde der Hersteller im Landkreis Waldeck-Frankenberg unter anderem gar nicht oder nicht häufig genug überwacht.

Eigentlich hätte der Betrieb entsprechend seiner Risikoeinstufung zwölf Mal im Jahr kontrolliert werden müssen, heißt es in dem Bericht. "Aufgrund eines Fehlers des Landkreises ist die Firma Wilke auf dreimonatiges Kontrollintervall herabgesetzt worden." Ob der Hersteller über ein funktionierendes Eigenkontrollsystem verfügt wie gefordert, wurde von den Behörden im Zeitraum von 2015 bis 2018 offenbar überhaupt nicht geprüft.

In Wilke-Produkten waren wiederholt Listerienkeime nachgewiesen worden, die bei geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein können. Drei Todes- und 37 Krankheitsfälle werden mit dem Hersteller in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen den früheren Geschäftsführer.

Defizite stellt der Bericht auch im Meldesystem fest. Als besonders problematisch wird die unzureichende Information an die zuständige Behörde im Regierungspräsidiums Kassel eingestuft. "Dies ist im Fall Wilke versäumt worden", heißt es weiter.

Foodwatch: "Die Aufarbeitung des Wilke-Skandals ist alles andere als abgeschlossen"

Die Umweltministerin betonte, dass auch Wilke seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe. "Es muss eher davon ausgegangen werden, dass mit krimineller Energie gearbeitet wurde. Daher ist es richtig, dass die Verantwortung des Unternehmens jetzt von der Staatsanwaltschaft geprüft wird, der wir jederzeit die volle Unterstützung anbieten", so Hinz.

Künftig sollen nun nach Angaben der Ministerin Kontrollen sowie die Meldepflicht, etwa von Missständen, verschärft werden. Auch sollen die Befugnisse der übergeordneter Behörden gestärkt werden. Hinze will zudem elf neue Stellen schaffen, um Kontrollbehörden und Fachaufsicht in Ministerien zu stärken.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch erneuerte ihre Kritik an den hessischen Behörden. "Die Aufarbeitung des Wilke-Skandals ist alles andere als abgeschlossen", sagte Geschäftsführer Martin Rücker. Er fordert eine Offenlegung aller relevanten Berichte, damit sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild machen könne. Laut Foodwatch hat der Fall Wilke einmal mehr die Schwachstellen des Kontrollsystems für Lebensmittel und der gesetzlichen Grundlagen gezeigt. Keine der von Hinz vorgelegten Schritte behebe diese Probleme.

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