Wien Energie:"Zwei Milliarden in 72 Stunden"

Wien Energie: In Finanznot: Wien Energie, die Versorgungssparte der Wiener Stadtwerke

In Finanznot: Wien Energie, die Versorgungssparte der Wiener Stadtwerke

(Foto: LEONHARD FOEGER/REUTERS)

Auch in Österreich ist ein Energieversorger in Bedrängnis: Die Versorgungssparte der Stadtwerke Wien soll nun per Schnell-Kredit gerettet werden.

Mit einem Kredit über zwei Milliarden Euro hilft die österreichische Bundesregierung dem Energieversorger Wien Energie aus einer bedrohlichen finanziellen Klemme. Die Gelder können im Notfall binnen zwei Stunden abgerufen werden. Die Versorgungssicherheit von zwei Millionen Menschen sei in Gefahr gewesen, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch in Wien. Das Darlehen sei an Auflagen gebunden und laufe bis zum April 2023. "Zwei Milliarden in 72 Stunden ist ein einzigartiger Vorgang in der Republik." Im Gegenzug sollen die österreichischen Behörden die Geschäfte prüfen, die zu der Liquiditätskrise der Wien Energie geführt haben.

Die Notlage der Firma war erst am Wochenende bekannt geworden. Wien Energie, ein Tochterunternehmen der Stadt, hatte wegen der Turbulenzen auf den Strom- und Gasmärkten den Bund um Hilfe gebeten und einen Kreditrahmen von bis zu sechs Milliarden Euro in den Raum gestellt. Wien Energie ist der größte regionale Energieversorger Österreichs. Er versorgt insgesamt zwei Millionen Privathaushalte und 230 000 Unternehmen im Großraum Wien.

Der Bund forderte von der Stadt Aufklärung, wie es zu der Situation kommen konnte. Außerdem werde bis April 2023 ein Vertreter des Bundes in den Aufsichtsrat des Unternehmens entsandt, hieß es. Die bisherigen Erklärungsversuche reichen nach Ansicht des Chefs der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, nicht aus. Es gehe um die "rasche Aufklärung, woher diese Liquiditätsprobleme gekommen sind, die für Jedermann, der den logischen Denkgesetzen folgt, nicht nur mit Markt-Problemen allein aufs Erste erklärbar sind", sagte Peschorn. Vertreter der Bundesregierung orteten mögliche Mängel beim Risiko-Management des Unternehmens. Bei anderen Energieversorgern in Österreich gebe es keine vergleichbare Situation, sagte Klima-Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). Auch ein entsprechender Schutzschirm für die Branche, wie es ihn bereits in Deutschland gebe, sei bisher von den Unternehmen nicht für notwendig erachtet worden, hieß es.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte am Dienstag die Probleme auf die Turbulenzen an den Energiebörsen zurückgeführt. Dort seien außergewöhnliche Kautionszahlungen für Energiegeschäfte nötig geworden. Für Diskussionen sorgen indes nicht nur die Zahlungen, sondern auch die Frage der Transparenz. Die Stadtspitze hatte in den vergangenen Wochen nach eigenen Angaben der Wien Energie insgesamt bereits 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, ohne darüber weitere Gremien oder die Öffentlichkeit zu informieren. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) forderte die Wien Energie auf, offenzulegen, welche Geschäfte zu den erhöhten Kautionsforderungen geführt haben. Der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke hielt dagegen: "Hier geht es nicht um Spekulation. Hier geht es um einen völlig verrückten Markt."

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