Wie Deutsche die goldenen Jahre erlebt haben:Michael Reuther, Vorstand Commerzbank

(Foto: Alexandra Lechner/oh)

Von Jan Willmroth

Den Aufschwung immer noch jeden Tag vor Augen, ist Michael Reuther dieser Tage häufiger bei Kunden anzutreffen als im Frankfurter Commerzbank-Hochhaus. Gerade hat er das zwölfte Jahr im Vorstand des Instituts hinter sich gebracht, zuständig für den Bereich Firmenkunden, am Puls des deutschen Mittelstands. Er hat die Zeit der Krise miterlebt, die Rettung der Bank durch den deutschen Staat, die mühevollen Jahre danach, die geprägt waren von immer härterer Regulierung und historisch niedrigen Zinsen.

Während Menschen wie Reuther viel Verantwortung dafür tragen, den allgemeinen Konjunkturboom zu finanzieren, haben die deutschen Banken seit Jahren selbst Probleme, genügend Geld zu verdienen. Die Zeit des Aufschwungs sei "ungemein spannend" für ihn gewesen, sagt Reuther, allerdings: "Den höheren Geschäftsvolumina stand für uns Banken der Margenverfall durch einen verstärkten Wettbewerb und die expansive Geldpolitik gegenüber." Weil jede größere Bank irgendwie mitbekam, wie schnell Deutschlands Unternehmen nach der Krise wieder glänzende Geschäfte machten, wollte auch jede irgendwie dabei sein im Geschäft mit dem German Mittelstand. Die lockere Geldpolitik der EZB befeuerte den Boom - schmälerte aber zugleich die Erträge der Banken im Kredit- und Einlagengeschäft. Bei Refinanzierungsrunden freuten sich Firmen über günstige Kredite, während die Banken "höher verzinstes Altgeschäft mit Krediten mit deutlich niedrigeren Margen ersetzen mussten", sagt Reuther. Ohne den robusten Aufschwung hätten die Banken aber noch mehr zu kämpfen. Nun sind die Risiken für die deutsche Wirtschaft - Brexit, Italien, Handelskrieg - nicht kleiner geworden. Reuther, quasi mit Echtzeit-Überblick über den Zustand der Konjunktur, sagt dazu nur: "Wir bleiben aber optimistisch."

© SZ vom 15.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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