Messenger:Daten her oder draußen bleiben

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Die "Status"-Funktion bei WhatsApp: Besser als jede Seifenoper. (Foto: Rupak De Chowdhuri/REUTERS)

Ob Whatsapp oder Google Maps: Für viele dieser Dienste zahlen Nutzer praktisch kein Geld - aber dafür zahlen sie mit Unmengen an Daten. Die Politik muss endlich entschlossener dagegen vorgehen.

Kommentar von Helmut Martin-Jung

Na, heute auch schon geärgert über die dreiste Aufforderung bei Whatsapp? Entweder den neuen Nutzungsbedingungen zustimmen oder es ist Schluss mit Chats, Bildchen und Emojis - das sind die Alternativen. Für europäische Nutzer sind die Folgen einer Zustimmung zwar nicht ganz so schlimm. Was der viel geschmähten europäischen Datenschutz-Grundverordnung zu verdanken ist: Sie verbietet es dem Whatsapp-Eigentümer Facebook, in der EU die Daten von Whatsapp mit denen seiner anderen Dienste Facebook und Instagram zu vermischen. In anderen Ländern macht Facebook das nun.

Dennoch bleibt eines wahr: Die großen Plattformen wie eben Facebook, Whatsapp, Google oder Twitter sammeln gigantische Mengen an Informationen und lassen ihren Nutzern dabei keine Wahl: Daten her oder draußen bleiben, etwas anderes gibt es nicht. Wundern muss einen das nicht. Genau das ist ja ihr Geschäftsmodell. Sie liefern auf der einen Seite sehr gut gemachte Dienste wie beispielsweise Google den Karten- und Navigationsdienst Maps. Für deren Nutzung zahlen die Kunden kein Geld, aber sie zahlen mit ihren Daten. Daten, die in den Händen der Konzerne zu Geld werden, viel Geld.

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Natürlich geht es um Geld. Es ist auch der Grund, warum Plattform-Unternehmen noch immer viel zu wenig dagegen tun, dass ihre Produkte, die den hehren Bekundungen der Konzerne zufolge die Menschen verbinden und Wissen erschließen sollen, die Spaltung der Gesellschaft in zunehmend unversöhnlichere Lager befördern. Die Algorithmen sogenannter sozialer Netzwerke etwa bevorzugen kontroverse Inhalte. Sie sorgen dafür, dass die Nutzer länger auf den Plattformen bleiben. Und das nützt den Betreibern.

Zu hoffen, dass die Unternehmen aus eigener Einsicht daran mehr ändern, als sie es hier und da mal in geringem Umfang tun, wenn sie mal wieder unter öffentlichem Druck stehen, ist völlig unrealistisch. Das Beste sind noch ein paar leidlich große Löschaktionen wie die von Facebook, bei der Konten im Zusammenhang mit dem Sturm aufs Kapitol getilgt wurden. Das Problem aber ist ein systemisches. Es ist schlicht zwecklos, gewinnorientierte Firmen bloß darum zu bitten, etwas zu tun, das ihnen wirtschaftlich schwer schaden würde.

Ähnliches gilt für Datensammler wie Google. Natürlich könnten sie Nutzungsgebühren kassieren. Aber ihr Geschäftsmodell, sich mit Daten bezahlen zu lassen, die sie dann zu Gold machen, ist viel wertvoller. Die Nutzer freuen sich sogar, weil sie - zugegebenermaßen wertvolle - Dienste scheinbar kostenlos nutzen können. Dabei geben sie ihre Daten weit unter Wert her.

Diese Geschäftsmodelle haben die Plattformen reich gemacht, haben sie zu Giganten heranwachsen lassen, neben denen viele etablierte Unternehmen aussehen wie Zwerge. Das verleiht ihnen auch viel Macht, die sie nicht immer zum Wohl ihrer Kunden nutzen. Deshalb ist es gut, dass an diesem Donnerstag das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in einigen Punkten den neuen digitalen Realitäten angepasst worden ist.

Es soll nun mehr Handhabe bieten, wenn eine Plattform wie Google eigene Angebote bei der Internetsuche bevorzugt, und verleiht dem Bundeskartellamt dabei mehr Befugnisse. Die Behörde kann künftig einfacher einstweilige Maßnahmen ergreifen - wichtig im schnelllebigen Internetgeschäft. Auch der Zugang zu Daten wird neu geregelt - ein entscheidende Voraussetzung für die Gründung neuer, datengetriebener Unternehmen.

Es lohnt sich, auch mal Alternativen zu probieren

Solche nationalen Regelungen sind gut, aber wenn es um international agierende Konzerne geht, oft nur bedingt wirksam. Daher ist es besonders wichtig, dass Europa hier so geschlossen wie möglich auftritt. Auch in den USA wird das Thema mehr und mehr diskutiert, mit dem neuen Präsidenten könnte es einfacher sein, sich zu einem gemeinsamen Vorgehen abzustimmen - auch wenn es natürlich überwiegend amerikanische Firmen sind, die sich diese Vormachtstellung geschaffen haben.

Als gewöhnlicher Nutzer muss man darauf nicht warten. Es lohnt sich, auch mal Alternativen zu probieren. Statt Whatsapp kann man etwa Signal, statt Google eine alternative Suchmaschine wie Duckduckgo, Qwant oder Startpage nutzen. Bei Messenger-Diensten wie Whatsapp oder sozialen Netzwerken ist es freilich schwer, ganz außen vor zu bleiben. Jeden Freund, Bekannten oder die Mitglieder im Sportverein zum Wechsel zu überreden, ist keine leichte Aufgabe. Bei Jugendlichen kommt noch dazu, dass man ausgegrenzt ist, wenn man bei bestimmten Apps nicht mitmacht.

Den Politikern bleibt also noch viel zu tun - die Zeit der Appelle ist vorbei.

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