Wettmonopol vor Gericht:Der Staat braucht Glück

Die Länder wollen an ihrem Lotto- und Wettmonopol festhalten - doch dazu brauchen sie vor Gericht Glück. Der Bundesgerichtshof trifft dazu am Donnerstag eine wichtige Entscheidung.

Paul Katzenberger

Beim Thema Glücksspiel scheiden sich in Deutschland die Geister: Da stehen auf der einen Seite die staatlichen Anbieter, die mit ihrem Monopol den lukrativen Markt weitgehend allein kontrollieren. Auf der anderen Seite wollen sich die privaten Glücksspielbetreiber in Zukunft nicht mehr ausschließen lassen - immerhin geht es um ein geschätztes Marktvolumen von knapp 30 Milliarden Euro.

Umstritten ist dabei vor allem das Segment der Internetwetten, welches mit einem Umsatz von etwa zwei Milliarden Euro zwar noch verhältnismäßig klein ist, aber rasch wächst. In dieses drängen zunehmend auch private Anbieter, nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2006 das Monopol bei der staatlichen Sportwette Oddset für verfassungswidrig erklärt hatte. Zur Begründung hieß es damals, dass der Staat die Glücksspielgewinne nicht konsequent genug im Kampf gegen die Spielsucht einsetzen würde.

Die privaten Anbieter schöpfen alle Rechtsmittel aus, um auch künftig in Deutschland Sportwetten über das Internet anbieten zu können. So steht am Donnerstag eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dem Thema an: Insgesamt geht es um vier parallel gelagerte Verfahren: Beispielsweise verklagte ein Anbieter mit deutscher Lizenz einen ungenannten Konkurrenten mit einer englischen Lizenz auf Unterlassung. Obwohl der Klage in zwei Instanzen stattgegeben wurde, landete sie schließlich doch vor dem höchsten deutschen Zivilgericht.

Hintertürchen offen gelassen

Das Bundesverfassungsgericht hatte bei seiner Entscheidung vor zwei Jahren den Bundesländern, die in Deutschland für Wetten und Lotterien zuständig sind, ein Hintertürchen offen gelassen: Bis Ende des Jahres 2007 konnten sie eine neue Grundlage für das Wett- und Glücksspielmonopol schaffen, andernfalls müsse den privaten Anbietern der Zugang zum Markt erlaubt werden.

Die Länder griffen die Vorlage des Gerichtes auf und erarbeiteten umgehend einen neuen Staatsvertrag, der das staatliche Monopol auch weiterhin sicherstellen sollte.

In dem neuen Abkommen, das seit Beginn des Jahres gilt, versuchen die Länder den Suchtgefahren nun glaubhafter entgegenzutreten: Die Reklame für das Glücksspiel ist daher stark eingeschränkt - auf Werbung im Fernsehen und im Internet verzichten die staatlichen Anbieter sogar ganz. Nur auf Soziallotterien wie die Glücksspirale, die Aktion Mensch oder das Spiel 77 darf im Fernsehen weiterhin hingewiesen werden. Die privaten Anbieter dürfen gar nicht mehr werben und ohnehin nur noch Onlinewetten bei Pferderennen anbieten.

Schwierige Kontrolle

Doch ob der neue Staatsvertrag das staatliche Glücksspielmonopol retten kann, dürfte fraglich bleiben. Denn gerade im Internet ist die Kontrolle über das Glücksspiel inzwischen sehr schwierig geworden: Wer will beispielsweise einem amerikanischen Anbieter verbieten, auf einem amerikanischen Server Sportwetten in deutscher Sprache zu offerieren?

Der Staat braucht Glück

Das kann in Deutschland niemand. Helfen würden nur drakonische Maßnahmen: Banken könnten an der Auszahlung von Geld an private Glücksspielanbieter gehindert oder ganze Internetprovider bei entsprechenden Angeboten vom Netz genommen werden. Doch bei derart umfassenden Eingriffen müssten die Behörden einen riesigen Kontrollapparat aufbauen - und dann auch unterhalten.

Empfindlich getroffen werden die privaten Sportwettenvermittler allerdings von dem Werbeverbot im neuen Staatsvertrag. So musste etwa der österreichische Anbieter Bwin seine Trikotwerbung bei den Fußballbundesligisten VfB Stuttgart und Werder Bremen aufgeben.

Bessere Quoten

Dabei wäre die Ausgangslage für die privaten Anbieter ohne das Verbot im Staatsvertrag überaus gut. Immerhin können sie bessere Quoten als die staatliche Oddset-Wette stellen.

Auch die Entscheidung des BGH an diesem Donnerstag wird allerdings nicht das letzte Wort darüber sein, ob sich das staatliche Monopol bei Glücksspielen in der Lesart des neuen Staatsvertrages halten lässt. Am Schluss werden das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof entscheiden. Im Kern wird es dabei erneut um die Frage gehen, ob sich ein staatliches Monopol aus Gründen des Gemeinwohls - etwa im Kampf gegen die Sucht - rechtfertigen lässt.

Umstrittene Geldspielautomaten

Die Meinungen darüber gehen nach wie vor auseinander: So vertritt EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy die Auffassung, dass die Menschen vor der Spielsucht nicht gleich durch ein Monopol geschützt werden müssen. Denkbar sei etwa auch eine Registrierung, so der Kommissar. In Brüssel wird zudem darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung Geldspielautomaten wesentlich laxer behandele, obwohl deren Suchtpotential unter Experten als besonders hoch eingeschätzt wird.

Ihr Monopol werden die Länder daher wohl nur mit Glück behalten können.

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