Wetter:Am Rhein heißt es messen und hoffen

Der Rhein bei Düsseldorf während der Hitzewelle 2018

Wegen der niedrigen Pegelstände können viele Binnenschiffe auf dem Rhein nur noch eingeschränkt fahren. Im Bild: das Düsseldorfer Rheinknie.

(Foto: dpa)
  • Die Hitzewelle und die anhaltende Dürre sorgen für Probleme in der deutschen Wirtschaft. Exemplarisch für die Folgen des extremen Wetters steht der Rhein.
  • Der Pegel ist niedrig. Das beeinträchtigt die Schifffahrt.
  • Kraftwerke und Chemieindustrie benötigen das Flusswasser zur Kühlung. Sie müssen die Leistung drosseln.

Von Elisabeth Dostert, Marlene Thiele und Ekaterina Kel

Der Rhein ist die mit Abstand wichtigste und verkehrsreichste Binnenwasserstraße Deutschlands. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden mehr als 50 Prozent der Güter in Rheinhäfen ein- oder ausgeladen. "Das ist wie eine Autobahn", sagt Klaus Baumgarten von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS). Jetzt beeinträchtigen Hitze und niedriger Wasserstand den Gütertransport. Aber nicht nur den: Mehrere Kraftwerke sowie der Chemiekonzern BASF mussten bereits ihren Betrieb einschränken.

Die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) wertet täglich den Wasserstand und die Temperatur aus: 15 Pegel und acht Gütemessstellen liefern dafür die Daten, an denen sich die Güter- und Fahrgastschifffahrt täglich orientiert. Im Moment liegt die Durchschnittstemperatur des Rheins bei etwa 27 Grad Celsius, je nach Pegelstandort. Zum Vergleich: Im sehr heißen Sommer 2003 wurden bei Köln 28,2 Grad Wassertemperatur gemessen. Trotzdem: Die derzeitige Lage erschwert die Transportbedingungen - nicht nur auf dem Rhein. Auf der Elbe und auf der Oder ist der GDWS zufolge zurzeit überhaupt keine durchgehende Güter- und Fahrgastschifffahrt mehr möglich. Auf der Donau können derzeit nur Schiffe mit einem maximalen Tiefgang von eineinhalb Metern verkehren. Auf dem Rhein wird versucht, Ausfälle möglichst zu verhindern und die wirtschaftlichen Schäden gering zu halten. Die Schifffahrt könne sich durch eine geringere Abladetiefe und den Einsatz kleinerer Fahrzeuge mit geringeren Tiefgängen in weiten Teilen dem Wasserstand anpassen. Dies führt dazu, dass zurzeit sogar mehr Schiffe auf dem Rhein unterwegs sind als sonst, weil sich manche Reedereien dazu genötigt sehen, die Fracht auf mehrere Schiffe zu verladen. An den Häfen herrscht mehr Betriebsamkeit: Die Wechselzeiten pro Schiff fallen durch die höhere Frequentierung kürzer aus.

Die Mehrkosten für Kraftstoff und Personal trage meistens die jeweilige Reederei, sagt Ansgar Kortenjann von der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer. Es sei nicht möglich, die zusätzlichen Kosten zu beziffern. Eines kann er aber bestätigen: Automatische Niedrigwasserzuschläge seien in der Branche weitaus weniger üblich als früher, vermutlich wegen der steigenden Konkurrenz von Schienen- und Lkw-Verkehr.

Betroffen sind auch die vielen Kraftwerke, die am Rhein oder an seinen Nebenflüssen angesiedelt sind, sie nutzen das Flusswasser zur Kühlung. Manche sind bei der erhöhten Wassertemperatur auf Ausnahmegenehmigungen angewiesen, um den Betrieb nicht aussetzen zu müssen, beispielsweise das Großkraftwerk Mannheim (GKM), das dem Umweltministerium von Baden-Württemberg zufolge "systemrelevant" ist.

Das Kernkraftwerk Philippsburg musste seine Leistung um bis zu zehn Prozent verringern. Auch das Rheinhafen-Dampfkraftwerk Karlsruhe beantragte vorsorglich eine weitere Ausnahmegenehmigung. "Das Umweltministerium steht in regelmäßigem Austausch mit den Kraftwerksbetreibern, um die Situation vor Ort zu besprechen und gegebenenfalls handeln zu können", heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums. An den Neckarkraftwerken will EnBW die Turbinen belüften, um den Sauerstoffeintrag zu verbessern.

Ob der Regen entscheidend hilft, ist noch nicht absehbar

Auch bei BASF gibt es jede Menge zu kühlen, denn bei vielen chemischen Prozessen entsteht Wärme. 215 000 Kubikmeter Kühlwasser darf der Chemiekonzern pro Stunde in den Rhein einleiten. Um seinen Spitzenbedarf zu decken, leistet sich der Konzern drei eigene Wasserwerke, fünf zentrale und 25 dezentrale Rückkühlwerke. Weitere sind im Bau. In den Becken wird das durch die Produktion erwärmte Kühlwasser in einem Luftstrom abgekühlt. Anschließend wird es wieder als Kühlwasser genutzt. Der Konzern hat nach eigenen Angaben die Produktion schon der "eingeschränkten Verfügbarkeit" von Kühlwasser angepasst. Die wirtschaftlichen Folgen lassen sich "derzeit nicht beziffern", sagte eine Sprecherin.

Rund 40 Prozent der Güter transportiert BASF am Standort Ludwigshafen per Binnenschiff auf dem Rhein. Sollten die Pegel weiter sinken, könne der Warentransport "nur noch begrenzt erfolgen". Mit Blick auf die Wetter- und Pegelprognosen bereitet der Konzern die Verlagerung auf Straße und Schiene vor. BASF orientiert sich dabei am Pegel Kaub. Ob ein Schiff noch fahren kann, hänge aber auch von den spezifischen Eigenheiten des Schiffes, wie Größe, Konstruktion und Ausstattung ab.

Trotz des angekündigten Regens ist es "noch nicht absehbar, dass sich die Gesamtsituation durchgreifend verändern wird", so die Einschätzung von Dennis Meißner, Experte für Wasserstand an der BfG. Es gilt also weiterhin: messen und hoffen.

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