Als Experte im ZDF hat Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn nach der EM erst einmal Pause, als Werbegesicht für Sportwetten aber bleibt er Dauergast im Fernsehen. Mit dem Spruch "Ihre Wette in sicheren Händen" wirbt Kahn für Tipico, den größten der mehr als 130 in Deutschland aktiven privaten Buchmacher. Viele von ihnen sponsern Bundesligavereine mit Millionen. Außer ihrem Geschäftsmodell haben diese Anbieter etwas Wesentliches gemeinsam: Bis auf wenige Ausnahmen sind sie bislang in Deutschland illegal.
Das sollte längst anders sein. Die Bundesländer wollen die rechtliche Grauzone beseitigen, in der Sportwetten derzeit stattfinden. Es gibt mehr als 4500 Wettgeschäfte in den Städten, das Bundesfinanzministerium zählt fast 80 Anbieter, die Wettsteuern überweisen, fünf Prozent auf den Einsatz. Am Ende dieses Jahres werden die Kunden von Deutschland aus voraussichtlich mehr als fünf Milliarden Euro auf Sportereignisse gesetzt haben.
Schon vor zwei Jahren sollten Genehmigungen erteilt werden. Das scheiterte
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung steht eine Reform der Glücksspielgesetze kurz bevor. Für die Regulierung von Glücksspielen sind weitgehend die Bundesländer zuständig. Sie handeln die Paragrafen im Glücksspielstaatsvertrag miteinander aus. Vor allem das Sportwetten-Problem wollen sie jetzt schnell in den Griff bekommen. Der SZ liegen zwei Reform-Entwürfe vor. Der eine Entwurf sieht vor, statt wie bislang geplant nur 20 eine unbegrenzte Zahl von privaten Wettanbietern zuzulassen. Der andere Entwurf ist beinahe identisch, mit einem wichtigen Unterschied: Er würde bedeuten, dass Hessen aus dem Staatsvertrag ausscheidet und ein eigenes Gesetz erlässt, das nur in Hessen gelten würde. Für ein Geschäft, das zu einem großen Teil im Internet stattfindet, wäre das eine denkbar schlechte Option.
Es war noch nie einfach, wenn 16 Bundesländer miteinander Regeln für Lotto, Wetten oder Spielautomaten aushandelten. So kompliziert wie jetzt aber war es noch nie. Ursprünglich wollten die Länder 20 Konzessionen an private Wettanbieter vergeben, die neben dem staatlichen Monopolisten Oddset legal gewesen wären. 36 Unternehmen blieben im Bewerbungsprozess übrig, zuständig im Auftrag der anderen Länder war Hessen. Das Verfahren ist seit fast zwei Jahren abgeschlossen, Genehmigungen gibt es trotzdem nicht.
Denn all jene, die nicht zum Zuge kamen, haben gegen die Vergabe erfolgreich geklagt und sie damit verhindert. Mehrere Urteile hessischer Verwaltungsgerichte haben das Verfahren erst verzögert und dann endgültig gestoppt. Der Europäische Gerichtshof hat untersagt, die Vermittlung von Sportwetten von Deutschland aus zu bestrafen. Die EU-Kommission hat der Bundesrepublik wegen der widersprüchlichen Glücksspielregeln gar ein Vertragsverletzungsverfahren angedroht, das sie noch in diesem Jahr eröffnen dürfte.
Inzwischen hat Hessen den Glücksspiel-Konsens aufgekündigt. Innenminister Peter Beuth (CDU) fordert eine weitergehende Liberalisierung: Wettanbieter sollen unbegrenzt erlaubt werden und Online-Kasinos nicht mehr verboten; für die Durchsetzung der Regeln soll eine Art Glücksspiel-Bafin geschaffen werden. Sollten die anderen Länder nicht mitziehen, hat Hessen angekündigt, ein eigenes Gesetz vorzubereiten. Ein politisches Druckmittel, das zu wirken scheint. Das Geschäft wächst derweil auch ohne Erlaubnis weiter. Oliver Kahn dürfte das freuen.