Wettbewerb:Die Schwelle zum Nein

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Die Bundesregierung will künftig häufiger mitreden können, wenn Investoren von außerhalb der Europäischen Union deutsche Firmen kaufen wollen. Und zwar dann, wenn es für die Sicherheit des Landes relevant ist.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Roboterbau bei Kuka. Das Unternehmen ist in chinesischer Hand - ein Sicherheitsrisiko für Deutschland? (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Der Krimi spielte sich hinter den Kulissen ab, er ging bis hinauf ins Wirtschaftsministerium. Ende Mai hatte der staatliche chinesische Stromnetzbetreiber State Grid (SGCC) seinen zweiten Anlauf gestartet, einen 20-Prozent-Anteil am ostdeutschen Netzbetreiber 50 Hertz zu übernehmen. Die Vorverträge waren schon unterzeichnet, da suchte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Kontakt zum belgischen Netzbetreiber Elia, dem das Paket einst gehörte. Elia hatte ein Vorkaufsrecht für die Anteile - und zog es auch. Ende August wanderten die Anteile an die deutsche Staatsbank KfW. "Die Bundesregierung hat aus sicherheitspolitischen Erwägungen ein hohes Interesse am Schutz des deutschen Übertragungsnetzes", stellte das Ministerium später klar.

Und das geht künftig einfacher. Diesen Mittwoch soll eine Reform der Außenwirtschaftsverordnung das Kabinett passieren, nach einer monatelangen Befassung zwischen den Ministerien. Damit kann die Bundesregierung in Zukunft leichter eingreifen, wenn eine Firma von außerhalb der EU nach einem deutschen Unternehmen greift - jedenfalls, wenn es sich um sensible Bereiche handelt, wie etwa verteidigungsrelevante Unternehmen, um kritische Infrastrukturen wie Stromnetze und Kommunikations-Dienstleistungen. Auch Lebensmittelhersteller und Medienunternehmen sollen ihrer strategischen Bedeutung wegen eingehend geprüft werden. Schon nach dem Einstieg der chinesischen Midea beim Roboterbauer Kuka 2016 hatte der Bund die Verordnung verschärft.

Die Wirtschaft ist nicht glücklich mit der Novelle

Doch beim geplanten Einstieg ins ostdeutsche Stromnetz hatte State Grid die Vorgaben geschickt umschifft. Zweimal hatte die Staatsfirma sich um Aktienpakete bemüht, die die australische Investmentfirma IFM verkaufen wollte. Beide umfassten je 20 Prozent der Anteile - und lagen so unter der bisherigen Prüfschwelle von 25 Prozent. Nur über den Elia-KfW-Umweg konnte der Bund das Geschäft vereiteln.

Das soll sich ändern. Denn mit der Novelle soll die "Prüfeintrittsschwelle" bei sicherheits- oder verteidigungsrelevanten Übernahmen auf zehn Prozent abgesenkt werden. Als erstes hatte darüber das Handelsblatt berichtet. Das Wirtschaftsministerium verweist darauf, dass die OECD, in der sich die Industriestaaten zusammengeschlossen haben, schon ab zehn Prozent einen bestimmenden Einfluss für möglich hält. Versagen kann der Bund eine Übernahme allerdings nur, wenn die Prüfung tatsächlich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergibt.

Die Wirtschaft allerdings ist nicht glücklich mit der Novelle. "Es ist nachvollziehbar, wenn die Bundesregierung kritische Infrastrukturen schützen will", sagt Friedolin Strack, Abteilungsleiter internationale Märkte beim Industrieverband BDI. . Es gebe aber darüber hinaus die Neigung, auch auf den Verkauf von Technologien Einfluss zu nehmen. Dafür aber sei die Außenwirtschaftsverordnung, die auf sicherheitspolitische Belange abzielt, das falsche Instrument. Wenn es darum gehe, strategische Übernahmen durch ausländische Staatskonzerne zu verhindern, sei das Wettbewerbsrecht der richtige Ort, sagt Strack. "Da brauchen wir eher so etwas wie eine Antisubventionsprüfung."

Auch dem FDP-Wirtschaftsexperten Reinhard Houben geht die Überarbeitung der Verordnung zu weit. So sei niemandem zu erklären, warum eine ausländische Beteiligung an einem Lebensmittelhersteller die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet, wenn sie zehn Prozent übersteigt. "Dem deutschen Einsatz für den globalen Freihandel erweist der Bundeswirtschaftsminister so einen Bärendienst."

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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