Süddeutsche Zeitung

Werbung zum Weltfrauentag:Wer Rossmann dank Rossfrau für fortschrittlich hält, der irrt

Pünktlich zum Weltfrauentag am 8. März widmen sich viele Firmen wieder ganz der Damenwelt. Eine Drogeriekette etwa ändert ihren Namen - doch die sexistischen Produkte bleiben.

Kommentar von Katharina Kutsche

Am Donnerstag ist Weltfrauentag, und auch in diesem Jahr haben sich Unternehmen etwas Feines für die Damenwelt ausgedacht. Allen voran die Drogeriemarkt-Kette Rossmann, die die ganze Woche über als "Rossfrau" firmiert, Motto: "Lasst die Frau raus." So heißt auch der Hashtag, unter dem Frauen Fotos von sich bei Instagram hochladen sollen, in denen sie zeigen, warum sie gern Frau sind. Zu gewinnen gibt es, klar, Mädelswochenenden und Rossfrau-Boxen.

Nur woraus soll man sie denn rauslassen, die Frau? In den politisch-gesellschaftlichen Diskursen geht es derzeit ja eher um mehr Chancen in der Arbeitswelt (#lasstdieFraurein) oder den Schutz vor Diskriminierung (#lasstdieFrauinRuhe). Bei Rossmann dagegen kramt man Zuschreibungen aus der Mottenkiste hervor: Zeig sie, die Powerfrau, Diva, Beautyqueen in Dir! Ein Beispiel: "Als kleines Mädchen hat jede Frau davon geträumt und auch heute begleitet sie uns noch: die Prinzessin in uns." Ja, ist das nicht schön? Da zäumen Frauen doch bestimmt gern ein Einhorn auf, wie die Rossfrau es auf ihrer Website formuliert, und lassen Glitzer regnen - den gibt's bestimmt in der Drogerie, irgendwo zwischen Q-Tips und WC-Tabs.

Wer das alles für fortschrittlich hält, dem sei gesagt: Auch als Rossfrau verkauft die Drogerie weiterhin Produkte, die in der Ausführung für Frauen mehr kosten als in der für Männer. Und sie vertreibt Kinder-Duschgels und Shampoos, die gendertypisch entweder in rosa mit Feen- und Einhorn-Etikett daherkommen, oder dunkelblau mit Piraten-Bild.

Die Drogerie-Kette ist übrigens nicht die einzige, die sich frauenfreundlich gibt. Die Parfümerie Douglas will jungen Frauen vermitteln, dass sie sich nicht von den Erwartungen anderer abhängig machen sollen, Motto "Do it for you". Damit starte man erstmals eine Haltungskampagne, teilt das Unternehmen mit. Nun ist eine Haltung an sich ja nichts Schlechtes, aber wenn man zum ersten Mal eine hat, die längst selbstverständlich sein sollte, ist nach 117 Jahren Weltfrauentag noch viel zu tun.

Auch die Unterwäsche-Marke Sloggi von Triumph präsentiert pünktlich eine neue Kollektion aus "Interlock Jersey" mit geklebten, und deswegen nicht fühlbaren Nähten. Mit dem richtigen Schlüpfer und BH befreien sich Frauen aus den engen Korsetts der Vergangenheit, Motto: "Unfasten yourself", schnall Dich los.

Unterm Strich ist also am 8. März vor allem wieder ein Feiertag der Werbebranche, die Frauen sagt, was sie am besten tun sollten: einkaufen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3892842
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.03.2018/vit
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.