Werbung:So tricksen Möbelhändler ihre Kunden aus

Ikea

Kaum ein Möbelhändler ist seinen Kunden gegeüber ehrlich. Das zeigt eine Untersuchung der Wettbewerbszentrale.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)
  • Acht Möbelhändler sind von der Wettbewerbszentrale wegen irreführender Werbung abgemahnt worden.
  • Nur zwei der 20 führenden Möbelhäuser haben in ihren Prospekten der Untersuchung zufolge nicht getrickst.
  • Die gängigsten Tricks sind Manipulationen bei Originalpreisen, "Rabatte auf fast alles" (faktisch aber auf fast nichts) und sich gegenseitig ablösende Jubiläumsaktionen.

Von Felicitas Wilke

Der Wettbewerb im Möbelhandel ist hart. Große Ketten, Mittelständler und Online-Händler versuchen, mit billigen und noch billigeren Sofas und Schränken die Kunden in ihre Läden oder auf ihre Website zu locken. Dabei spielen sie nicht immer mit fairen Mitteln.

Die Wettbewerbszentrale hat jetzt acht Möbelhändler wegen intransparenter und irreführender Werbung abgemahnt. Die Organisation, die als Selbstkontrollinstanz der Unternehmen den fairen Wettbewerb sicherstellen soll, hat im Frühjahr und im Herbst über Monate hinweg die bunten Werbeprospekte der Händler untersucht. Das ernüchternde Ergebnis: Nur zwei der 20 führenden Möbelhäuser haben ihre Kunden in diesem Zeitraum nicht mit Werbung in die Irre geführt. In den insgesamt 244 untersuchten Werbungen entdeckten die Juristen insgesamt 266 Versprechungen und Behauptungen, die ihrer Ansicht nach wettbewerbswidrig waren. Im Schnitt also mehr als ein Beispiel pro Werbung.

Als irreführend gilt Reklame beispielsweise, wenn sie unwahre Aussagen enthält, wenn sie falsch interpretiert werden kann oder wenn entscheidende Informationen nur schwer leserlich sind. Vier der abgemahnten Unternehmen haben bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die vier anderen betroffenen Möbelhausketten Poco, Finke, Dänisches Bettenlager und Segmüller haben nicht reagiert, weshalb die Wettbewerbszentrale nun vor Gericht ziehen will. Auf Anfrage der SZ äußerte sich gestern keines der Unternehmen zu der Abmahnung.

Drei Beispiele zeigen, wie Möbelhäuser mit unzulässigen Tricks um die Gunst der Kunden werben.

Mondpreise

Zu dem guten Gefühl, gerade ein Schnäppchen erwischt zu haben, gehört die Gewissheit, dass das erstandene Produkt vorher einmal viel teurer war. Die Händler wissen das und wenden in ihren Werbeprospekten einen psychologischen Kniff an: Über dem aktuellen Schnäppchenpreis steht durchgestrichen ein deutlich höherer Betrag, der vermeintlich ehemalige Preis. "In einigen Fällen wurde dieser Betrag jedoch nie verlangt", sagt Gabriele Bernhardt, Juristin bei der Wettbewerbszentrale. Vielmehr hätten die Anbieter ihn bewusst höher angesetzt, "um einen Kaufanreiz zu stiften", wie Bernhardt sagt.

Neben diesen unzulässigen "Mondpreisen" fanden die Juristen der Wettbewerbszentrale noch weitere Beispiele, wie Unternehmen ihre Kunden mit Preisen in die Irre führen. Dazu gehören versteckte Zusatzkosten oder die Behauptung, dass ein bestimmtes Produkt neuerdings reduziert ist - tatsächlich sei es schon seit längerer Zeit zu diesem Preis erhältlich gewesen.

Rabatte auf fast nichts

"20 Prozent auf fast alles": Mit diesem Slogan bewarb die Möbelhauskette Finke im Herbst "elefantastische Geburtstagsangebote" in ihrem Werbeprospekt. Der Haken: Das Kleingedruckte verriet, dass sich das Wörtchen "fast" auf sämtliche im Prospekt beworbene Produkte bezieht. Sie alle waren von der Aktion ausgenommen.

Der Möbelhändler ist nicht das erste und einzige Unternehmen, bei dem die Rabattaktion schmaler ausfällt als suggeriert. Die Wettbewerbszentrale hat eine solche Aktionswerbung mit versteckten Ausnahmen allein im Herbst 85 Mal entdeckt. "Auch wir begegnen häufig Werbeaktionen, bei denen das Kleingedruckte mit einem Sternchen markiert ist", sagt Julia Schmitz von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie rät Kunden, jede Werbung genau zu lesen, bevor sie erwartungsfreudig ins Geschäft steuern. Das gelte nicht nur für Möbelhäuser, sondern etwa auch bei Supermarktketten.

Von einem Jubiläum ins nächste

Bei einigen Möbelhändlern gibt es so gut wie immer einen Grund zu feiern. So wirbt das Dänische Bettenlager fast jede Woche mit "Rotstift-Preisen", für die ein Anlass schnell gefunden ist. Mal hält der Shoppingtag "Black Friday" als Ereignis her, mal ist es Halloween, der "Xmas Sale" oder gar der "Big Xmas Sale". Solche vermeintlich kurzen Aktionszeiträume hat die Wettbewerbszentrale in 58 Fällen als irreführend bewertet, auch bei anderen Anbietern. Dieses Vorgehen vermittle den Kunden den Eindruck, "dass sie sofort die Füße in die Hand nehmen müssen, um so ein einmaliges Angebot mitzunehmen", sagt Juristin Bernhardt.

Tatsächlich sei dieser Aktionszeitraum in vielen Fällen immer wieder verlängert worden, sagt Bernhardt. Teilweise wurde das Produkt auch kurze Zeit vor und kurze Zeit nach dem Angebot wieder zum gleichen Preis angeboten. Juristin Bernhardt, die in den vergangenen Monaten berufsbedingt viele Werbeprospekte gelesen hat, sagt: "Ich würde nicht zu sehr auf solche festlichen Anlässe setzen."

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