Werbung:VW löscht Werbeclips

  • VW hat sich in der Vergangenheit bemüht, das Image von Dieselmotoren in den USA aufzuwerten.
  • Jetzt sind Werbeclips, die Diesel-Modelle als sauber anpreisen, aus dem Internet verschwunden.
  • Ein Marketingexperte sagt: Das war keine gute Idee.

Von Jan Schmidbauer

Mit seinen Werbespots ist Volkswagen in den USA sehr erfolgreich. Der Clip "The Force", der erstmals beim Football-Endspiel Superbowl 2011 lief, funktioniert noch heute gut im Netz. Er hat mehr als 62 Millionen Klicks auf Youtube.

Einige andere Werbefilme des Autobauers sind jetzt allerdings vom Youtube-Kanal "Volkswagen USA" verschwunden. Möglicher Grund: In den Clips, die auf anderen Kanälen von Youtube weiter abrufbar sind, preist der Autobauer seine "echt sauberen" Diesel-Modelle an. Nachdem herausgekommen ist, dass VW Abgaswerte seiner Dieselfahrzeuge manipuliert hat, erscheint die Werbung in einem neuen Licht. Von VW gab es bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe keine Stellungnahme, warum die Videos entfernt wurden.

"Diesel, das ist lateinisch und heißt dreckig." Das sagt eine ältere Dame in einem der gelöschten Spots zu der Fahrerin, die sich einen neuen VW mit Dieselmotor zugelegt hat. Die Fahrerin will sich den Vorwurf, ihr Auto sei eine Dreckschleuder, nicht gefallen lassen. "Das war vielleicht mal so", motzt sie zurück. "Aber wir leben im Jahr 2015." Um zu beweisen, dass ihr VW sauber ist, geht sie mit ihren zwei Mitfahrerinnen zum Heck des Fahrzeuges und hält ihren weißen Schal bei laufendem Motor vor den Auspuff. Der ist auch danach noch strahlend weiß. Dank des scheinbar sauberen Dieselmotors.

"Like really clean diesel"

VW hat sich in der Vergangenheit bemüht, das Image von Dieselmotoren in den USA aufzuwerten. Diese gelten dort noch heute als Trucker-Antriebe, die schwarzen Rauch in die Umwelt blasen. Die Werbespots der Reihe "Like really clean diesel" sollten mit diesen Vorurteilen aufräumen. Dass die Werbefilme nun im Netz kursieren und für Schadenfreude sorgen, kommt da ungelegen. Aber ist es empfehlenswert, unbequeme Inhalte zu löschen?

"Dass Volkswagen sich nicht zum Gespött der Leute machen will, ist verständlich", sagt Dirk Popp, Deutschland-Chef der Kommunikationsagentur Ketchum Pleon. "Aber das Video einfach zu löschen, ist kontraproduktiv." Popp berät Unternehmen im Umgang mit Krisen. In solchen Situationen sei es besonders wichtig, ehrlich zu sein. "Statt das Video zu löschen, hätte Volkswagen es besser kommentieren und einordnen sollen", sagt Popp. Sein Vorschlag: Schreiben, dass man sich des Problems bewusst ist und betonen, man stehe dazu und das Video deshalb im Netz lassen. "Das hätte ihnen Respekt eingebracht."

Vertuschen funktioniert nicht

Das Internet funktioniert nach anderen Regeln. Inhalte einfach aus dem Netz zu löschen, kann zu ungewollter Aufmerksamkeit führen. Marketing-Experten sprechen vom sogenannten Streisand-Effekt. Die amerikanische Schauspielerin und Sängerin Barbara Streisand musste unfreiwillig ihren Namen für dieses Phänomen hergeben. Sie wehrte sich 2003 gegen die Veröffentlichung von Luftaufnahmen ihres Hauses im Internet. Daraufhin verbreiteten sich die Fotos umso schneller im Netz.

Auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR) dürfte vor Kurzem gelernt haben, was der Streisand-Effekt auslösen kann. Der Sender hatte eine Folge der Talkshow "Hart aber fair" aus der Mediathek gelöscht. Frauenverbände hatten sich über die Sendung mit dem Titel "Nieder mit den Ampelmännchen - Deutschland im Gleichheitswahn?" beschwert. Woran man beim WDR wohl nicht dachte: Das Video gab es auch auf Youtube, und es wurde nach dem Verbot umso beliebter. Die Folge hat inzwischen fast 200 000 Aufrufe - die Folge in der Woche danach nicht einmal 2000.

"Es ist naiv zu glauben, dass man die Verantwortung für seine eigenen Inhalte vertuschen kann", sagt Krisenmanger Popp. Dadurch gehe nur zusätzliches Vertrauen verloren. In Krisensituationen müssten Unternehmen alles daran setzen, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Zwar seien Verbraucher "nicht mit einem Elefantengedächtnis ausgestattet". Doch wenn es ums Auto geht sind die Kunden laut Popp besonders sensibel. "Wenn ich mich für eine Automarke entscheide, habe ich das ja auch ein paar Jahre. Das ist ja schließlich kein Joghurtbecher." Fraglich ist, wie sich der Imageschaden nun auf den deutschen Markt auswirken wird. Auf jeden Fall müsse VW dafür sorgen, dass das Vertrauen in die Marke zurückkehrt.

Wie das funktionieren könnte, zeigte 1997 der Autobauer Mercedes-Benz. Die Stuttgarter steckten in einer Vertrauenskrise, weil die neue A-Klasse im sogenannten Elchtest reihenweise umgefallen war. Die Autos wurden danach ohne Aufpreis mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) ausgerüstet. Dass Mercedes wieder vertrauenswürdig ist, sollte dann der Tennisspieler Boris Becker den Kunden erklären. Die Kampagne gilt als ein Musterbeispiel für gute Unternehmenskommunikation. Entschlossen guckt Becker darin den Betrachter an. Neben ihm: eine silberne A-Klasse und ein Zitat: "Stark ist, wer keine Fehler macht. Stärker, wer aus seinen Fehlern lernt."

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