Süddeutsche Zeitung

Werbung in der Super Bowl:Vier Millionen für 30 Sekunden

"Sorry, Coke and Pepsi!": Scarlett Johansson sorgt für den Skandal, Schwarzenegger macht sich zum Deppen und Audi züchtet ein Monster: Willkommen im irrsten Werbeblock der Welt! Bei der Super Bowl, dem wichtigsten American-Football-Spiel des Jahres, findet das härteste Match in den Spielunterbrechungen statt.

Von Angelika Slavik

Es gibt Großereignisse und es gibt Spektakel. Und es gibt: die Super Bowl. An diesem Wochenende findet in den USA das Finale um die Meisterschaft im American Football statt. Die meisten Europäer lässt das kalt, sie kennen nicht einmal die Regeln des Spiels, geschweige denn die zwei konkurrierenden Teams, die Denver Broncos und die Seattle Seahawks. Die Amerikaner aber sind im Ausnahmezustand: Für sie ist es das wichtigste Sportereignis des Jahres.

Es ist mehr als ein Spektakel, es ist ein hypermegagigantomanisches Superding. 30 Millionen Stück Pizza sollen während des Spiels verdrückt werden, wollen die Statistiker herausgefunden haben, und die Zusteller, die diese Pizza bringen, werden von ihrer aufgekratzten Kundschaft statt der üblichen zwei Dollar bis zu 20 Dollar Trinkgeld bekommen. Krise? Pah! Nicht in den USA am Tag der Super Bowl.

Aber nicht nur die Amerikaner kennen kein Halten, auch die großen Konzerne schwingen sich zu Höchstleistungen auf. Denn natürlich ist die Super Bowl nicht einfach nur ein Sportereignis. Es ist auch der Tag, an dem die teuersten Werbespots des Jahres ausgestrahlt werden. Vier Millionen Dollar kostet ein 30-Sekünder in den Spielunterbrechungen - und das ist nur ein Bruchteil des Budgets, den die Firmen in ihren Auftritt tatsächlich investieren.

Schwarzenegger mit Zottelmähne

Auch bei der Produktion der Spots wird richtig geklotzt. Da müssen die besten Werbeagenturen ran, die teuersten Regisseure und die neuesten Spezialeffekte. Vor allem aber werden Stars eingekauft, richtig teure Stars. Der britische Oscar-Preisträger Ben Kingsley zum Beispiel, der das Testimonial für den Autohersteller Jaguar gibt.

Oder Arnold Schwarzenegger: Der Ex-Bodybuilder, Ex-Politiker und Ex-Ex-Schauspieler macht sich in diesem Jahr für die Biermarke Budweiser zum Deppen. Mit Stirnband, Zottelmähne und Achtziger-Jahre-Sportoutfit gibt Schwarzenegger einen ziemlich schrägen Kerl ab. Was genau er dann in dem Spot macht, wird man erst bei der Premiere am Sonntag sehen - bislang stellte Budweiser nur sogenannte Teaser ins Netz, also Ankündigungen, die auf den eigentlichen Werbefilm neugierig machen sollen. Im konkreten Fall: Arnie bei Aufwärmübungen. Man kommt nicht umhin zu bemerken, dass das Sportjäckchen recht knapp geschnitten ist.

Ein Spektakel braucht aber immer auch einen richtigen Skandal, und das hat in diesem Jahr die Schauspielerin Scarlett Johansson erledigt. Sie ließ sich vom israelischen Sprudelmaschinenhersteller Sodastream engagieren. Im dazugehörigen Werbefilm erklärt sie zunächst, wie viel umweltfreundlicher es doch sei, Sodawasser zu Hause selbst herzustellen, statt Unmengen an Limonade in Plastikflaschen zu kaufen. Und besser für die Figur wäre das auch!

Allerdings, und da wird die Sache delikat, schließt Johansson mit einer direkten Botschaft an die Sodastream-Konkurrenz: "Sorry, Coke und Pepsi!", haucht sie da. Dem übertragenden Sender Fox gefiel dieser Angriff auf seine langjährigen Super-Bowl-Werbekunden Coca-Cola und Pepsi gar nicht - der Sender schmiss Sodastream mitsamt der schönen Scarlett kurzerhand aus dem Werbeprogramm. Pardauz!

Gelohnt hat sich die Sache für Sodastream aber allemal: Der missliebige Spot wurde bis Freitagnachmittag allein beim Internetportal Youtube mehr als 6,6 Millionen Mal angesehen. Damit ist Sodastream schon jetzt ein der großen Gewinner des diesjährigen Rennens um den besten Superbowl-Spot - und das ohne Ausstrahlung im Fernsehen.

Überhaupt, das Netz: Längst wird im Internet entschieden, für wen sich die vielen Millionen gelohnt haben. Denn das Ziel der Unternehmen ist nicht nur die Werbewirkung, die unmittelbar in den Spielunterbrechungen entsteht. Die Werber hoffen, dass ihr Clip zu einem viralen Hit wird, also zu einem Video, das im Internet von privaten Nutzern immer weiter verbreitet wird.

Dem Autokonzern VW gelang das zum Beispiel vor drei Jahren: Das Unternehmen und die in Los Angeles ansässige Werbeagentur Deutsch hatten damals einen Spot rund um einen kleinen Jungen kreiert, der sich als Star Wars-Held Darth Vader verkleidet. Der Film wurde ein Welterfolg, bei Youtube wurde er bis heute mehr als 59 Millionen Mal angesehen. Die Werbewirkung hat das Budget längst um ein Vielfaches übertroffen, der Clip gilt vielen Experten als erfolgreichste Werbung aller Zeiten.

In den Folgejahren allerdings konnte man sehen, wie Volkswagen und seine Werber mit dem Erwartungsdruck haderten: Im Jahr 2012 etwa versuchte VW dem süßen Kind einen süßen Hund entgegenzusetzen - und scheiterte kläglich. Der Spot blieb einer von vielen.

Großteil der Spots lohnt sich nicht

In diesem Jahr amüsierte der Autohersteller immerhin mit einem Teaser, der zeigen sollte, wie deutsche Ingenieure präzise und wissenschaftlich versuchen, einen möglichst coolen Werbespot zu entwickeln. Knapp zwei Millionen Klicks bis Freitagnachmittag sind zumindest ein guter Anfang. Im Hauptspot, der dann auch bei der Super Bowl zu sehen sein wird, wachsen den Ingenieuren aufgrund ihrer Leistungen dann sogar Engelsflügel - weitere dreieinhalb Millionen Klicks für dieses Video lassen die Super-Bowl-Bilanz für Volkswagen bislang vielversprechend aussehen.

Die konzerninterne Konkurrenz von Audi kreiert dagegen einen wilden Monsterhund, eine Mischung aus Dobermann und Chihuahua. Motto: "Auch uns machen Kompromisse Angst."

Am Ende allerdings wird das Superding Super Bowl auch Verlierer kennen: 80 Prozent aller am Sonntag ausgestrahlten Spots seien für die werbenden Firmen vollkommen wertlos, besagte eine jüngst veröffentlichte Studie des amerikanischen Werbeforschungsinstituts Communicus. Und selbst jene Filme, die beim Publikum besonders gut ankämen, hätten deshalb nicht unbedingt eine verkaufsfördernde Wirkung. Gut, aber ein großer Spaß sind sie allemal.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2014/gal
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