Weniger Abfall:Der Grüne Punkt sieht rot

Trotz engagierter Mülltrennung der Bundesbürger muss der Grüne Punkt schwere Zeiten durchstehen. Pfandpflicht, wachsender Wettbewerb und neue Sortiertechniken machen dem Trenn-System zu schaffen.

Hans-Peter Repnik, der Vorstandsvorsitzende des Dualen System Deutschland (DSD), liebt es anschaulich. So sei durch das Recycling von Verkaufsverpackungen im vergangenen Jahr eine Energiemenge eingespart worden, die ausreiche, um für jeden der 83 Millionen Bundesbürger drei Jahre lang täglich zwei Brötchen zu backen.

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(Foto: Foto: ddp)

Darüber hinaus sei der Ausstoß von 1,32 Millionen Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase vermieden worden, was wiederum der Emission von 25 Milliarden Bahnkilometern entspreche, betonte Repnik bei der Vorstellung der Umweltbilanz 2003 am Montag in Bonn.

Auch im vergangenen Jahr hätten die Bundesbürger "engagiert" ihren Abfall getrennt und auf diese Weise zur Einsparung natürlicher Ressourcen beigetragen.

Nicht leugnen konnte Repnik indessen, dass die mit dem Grünen Punkt gekennzeichneten Mengen an Verpackungsmüll erstmals seit Bestehen des DSD binnen Jahresfrist deutlich von 6,32 auf 5,99 Millionen Tonnen zurückgegangen sind.

Deutlich weniger Verpackungsmüll

Grund dafür war die zu Jahresbeginn 2003 in Kraft getretene Pfandpflicht für bestimmte Getränkeverpackungen aus Glas, Kunststoff und Aluminium, die damit dem Lizenzsystem des Grünen Punktes entzogen wurden. Das machte sich nicht nur bei der Menge der gesammelten Abfälle, sondern auch bei deren Qualität deutlich bemerkbar, weil dadurch einige besonders günstig zu verwertende Materialien, wie etwa PET, wegfielen.

Insgesamt habe der Grüne Punkt durch das Dosenpfand beim Verpackungsmüll im Jahr 2003 Einbußen von rund 300 Millionen Euro erlitten, so Repnik. Den Bürger kostete das Grüne-Punkt-System im Jahr 2003 rund 20 Euro pro Kopf.

Unabhängig von dieser Entwicklung, die das DSD schon im vergangenen Jahr kräftig beutelte, haben die Manager des Grünen Punktes aber auch in Zukunft wenig Gutes zu erwarten. So verlor das Duale System inzwischen unter Mitwirkung der Kartellbehörden in Brüssel und Bonn sowohl in Hessen als auch in Hamburg seine bisherige Monopolstellung als Verpackungsmüll-Entsorger.

Konkurrenzstreitigkeiten

Die beiden Wettbewerber - Interseroh und Landbell - dürfen in beiden Bundesländern inzwischen sowohl das Lizenzzeichen als auch die Infrastruktur der gelben Tonnen und Säcke benutzen, was den Marktführer derart ärgert, dass er diese Frage vom Europäischen Gerichtshof klären lässt.

Mit offensichtlich wenig Begeisterung geht das DSD im Übrigen der Frage nach, ob die Trennung von Verpackungsmüll und restlichem Haushaltsmüll zumindest in Ballungsgebieten, wo diese meist recht lasch gehandhabt wird, aufgegeben werden sollte.

Selbst wenn die derzeit laufenden Pilotversuche mit neuen Sortiertechniken regional erfolgreich verliefen, bedeute das noch lange nicht die flächendeckende Abkehr von der Getrenntsammlung, wiegelte Repnik ab.

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