Wende im Tarifkonflikt:Fluglotsen sagen Streik ab

Aufatmen bei Passagieren und Airlines: Die Gewerkschaft deutscher Fluglotsen reagiert überraschend auf das Verbot des Frankfurter Arbeitsgerichts und sagt den geplanten bundesweiten Streik vorerst ab - mit Rücksicht auf die Passagiere. Auch die Deutsche Flugsicherung lenkt ein.

Jens Flottau

Die Fluglotsen haben ihren für diesen Donnerstag geplanten Streik abgesagt. Nach Angaben ihres Verhandlungsführers Dirk Vogelsang hat sich die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) zu der Absage entschlossen, um Passagiere und Fluggesellschaften nicht weiter im Unklaren zu lassen.

Gerichtsverhandlung ueber Fluglotsenstreik

Fluglotse am Frankfurter Flughafen: Sechs Stunden lang wolte die Gewerkschaft am Donnerstag den Flugverkehr lahm legen. Nun zieht sie den geplanten Streik zurück.

(Foto: dapd)

Zuvor hatte das Frankfurter Arbeitsgericht den Streik zunächst verboten. Nach dem Streikverzicht der GdF zog die Deutsche Flugsicherung (DFS) in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ihren Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Ausstand zurück. Damit wird es zunächst keine Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit geben.

Die Gewerkschaft hatte ihre Mitglieder zu einem sechsstündigen bundesweiten Streik aufgerufen, der an diesem Donnerstag um sechs Uhr morgens beginnen sollte. Die Absage der Arbeitsniederlegung beziehe sich lediglich auf den Donnerstag, sagte der GdF-Bundesvorsitzende Michael Schäfer. Grundsätzlich will die Gewerkschaft aber an ihrer Streikabsicht festhalten. Das Arbeitsgericht hatte sein Verbot damit begründet, dass eine der Forderungen unzulässig sei. Es erklärte auch, dass es eine Lösung des Konflikts ohne Schlichtung für unmöglich hält. Die DFS hatte aber erklärt, dass sie eine Schlichtung nur erwägt, wenn die Gerichte den Ausstand für rechtens erklären. Eine Anrufung der Schlichtung könnte einen Streik auch zu einem späteren Zeitpunkt noch verhindern.

Der Konflikt zwischen Lotsen und Flugsicherung hatte sich über Monate zugespitzt. Die Lotsen fordern 6,5 Prozent mehr Gehalt, die DFS bietet 5,2 Prozent. Zudem beklagen die Lotsen, dass sie wegen Personalmangel pro Jahr bis zu 250 Überstunden machen sollen. Sie wollen sicherstellen, dass weiterhin nur Lotsen für bestimmte Führungsaufgaben in Frage kommen. Vor allem die Position der Schichtleiter ist umstritten, die Geschäftsführung würde diese gerne mit Mitarbeitern der Verwaltung besetzen.

Mit Notfallplänen und Startverschiebungen hatten sich Fluggesellschaften und Flughäfen auf einen Streik vorbereitet. Mehrere Airlines wollten ihre Flüge sicherheitshalber auf die frühen Morgenstunden des Donnerstags vorziehen. Die Passagiere wurden aufgefordert, sich bei ihren Fluggesellschaften über mögliche Startverlegungen zu erkundigen.

Vertreter von Politik, Fluglinien und Lobby-Verbänden hatten die Streikpläne scharf kritisiert. "Sich ausgerechnet eine Hauptferienreisewoche herauszupicken, um einen solchen Streik durchzuführen, das ist eine Aktion auf dem Rücken vieler Urlauber", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU): "Ich kann an die Fluglotsen und an ihre Spartengewerkschaft nur eindringlichst appellieren, hier den Bogen nicht zu überspannen." Lufthansa-Vorstand Stefan Lauer sagte, ein Streik würde "die Grenze zum Schikanösen übersteigen".

Direkt betroffen von dem Ausstand wären rund 2500 Flüge gewesen, die in diesem Zeitraum normalerweise stattfinden. Auswirkungen sind für Reisende jedoch in der Regel weit länger zu spüren, denn die Fluggesellschaften brauchen Tage, um alle Flugzeuge, die am falschen Ort liegengeblieben sind, wieder in die komplexen Flugpläne einzufädeln. Dem Deutschen Reiseverband (DRV) zufolge fertigen die deutschen Flughäfen an einem durchschnittlichen Tag im August etwa 600.000 Passagiere ab.

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