Süddeutsche Zeitung

Kirch vs. Deutsche Bank:Staatsanwälte ermitteln gegen Ackermann

Wende im Kirch-Prozess: Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen Josef Ackermann, Rolf Breuer sowie zwei weitere frühere und aktuelle Topmanager der Deutschen Bank. Büros des Geldhauses sowie die Privatwohnung und das Feriendomizil eines Managers wurden bereits durchsucht. Es geht um Falschaussagen und teils um versuchten Prozessbetrug. Die Anwälte des Bankhauses kontern.

Im Schadenersatzprozess um das untergegangene Kirch-Imperium gibt es eine neue Volte: Gegen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann läuft nach Angaben seiner Anwälte ein Ermittlungsverfahren. Auch der frühere Vorstandssprecher Rolf Breuer sowie Chefaufseher Clemens Börsig und das Ex-Vorstandsmitglied Tessen von Heydebreck sind betroffen. Es geht um Falschaussagen in dem Kirch-Prozess sowie in einem Fall um versuchten Prozessbetrug.

Ein Sprecher der Bank sagte, von Dienstag bis Freitag vergangener Woche hätten mehr als 30 Ermittler Vorstandsbüros der Bank in Frankfurt, die Privaträume des ehemaligen Vorstandssprechers Rolf Breuer in Frankfurt und sein Urlaubsdomizil in Österreich durchsucht. Auf die Ermittlungen antworteten die Anwälte mit einem Befangenheitsantrag. Der Prozess ist deshalb am Montag ausgesetzt worden.

Wie die Deutsche-Bank-Anwälte Manfred Wolf und Peter Heckel sagten, verdächtigt der Zivilsenat den Vorstandsvorsitzenden Ackermann, seinen Vorgänger Breuer, Börsig und von Heydebreck der Falschaussage in dem Verfahren. Ein Bank-Sprecher sagte: "Wir weisen die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft als haltlos und das Vorgehen als unverhältnismäßig zurück."

"Die Bank ist davon überzeugt, dass sich die jetzt erhobenen Vorwürfe wie in allen bisherigen Verfahren des Kirch-Komplexes auch in diesem Falle als unbegründet erweisen werden."

Befangenheitsantrag wegen Parteilichkeit

Im Gegenzug haben die Anwälte nun einen Befangenheitsantrag wegen Parteilichkeit gegen die Richter gestellt. Sie werfen ihnen eine zu große Nähe zur Staatsanwaltschaft vor: Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München habe seinen Verdacht heimlich der Staatsanwaltschaft mitgeteilt und zugleich Akten versteckt. Das Gericht habe Dokumente aus den Akten entnommen und sich mit der Staatsanwaltschaft über einen Antrag der Bank abgestimmt.

In dem Prozess geht das Gericht der Frage nach, ob Ackermann-Vorgänger Breuer 2002 mit der Aussage in einem Interview den Zusammenbruch des Kirch-Imperiums begünstigt habe. Der Prozess läuft auch nach Kirchs Tod im Juli dieses Jahres weiter, da die klagende KGL Group, in der mehrere frühere Kirch-Gesellschaften zusammengefasst sind, juristisch nicht mit seiner Person verbunden sind.

Ackermann und die drei anderen Banker hatten als Zeugen im Schadenersatzprozess vor dem Zivilsenat bestritten, dass die Bank Kirch in die Enge getrieben hätte, um so ein lukratives Sanierungsmandat zu erhalten. Der Senat zweifelte daran. Bank-Anwalt Heckel empörte sich: Dass der Senat deshalb heimlich die Staatsanwaltschaft einschalte, sei ein bemerkenswerter Vorgang.

Die Vorwürfe der Deutsche-Bank-Anwälte gehen noch weiter: Dem eigentlich als Zeugen vorgesehenen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) habe der Senatsvorsitzende Guido Kotschy nahegelegt, nicht auszusagen. Der Senat führe die Beweisaufnahme nicht mehr unparteiisch durch, sagte Rechtsanwalt Wolf.

Breuer ist bereits wegen versuchten Prozessbetrugs durch Falschaussage in einem anderen Kirch-Verfahren aus dem Jahr 2003 angeklagt - sein Prozess beginnt am 24. November vor einer Strafkammer des Landgerichts.

Der Befangenheitsantrag hält nun vorerst den ganzen Kirch-Prozess auf: Über den Befangenheitsantrag müssen drei andere Richter des Oberlandesgerichts in den kommenden Wochen entscheiden. Der Senatsvorsitzende Kotschy hob die im November und Dezember geplanten Verhandlungstermine auf.

Die als Zeugin zu dem heutigen Prozesstag angereiste Verlegerin Friede Springer war schon im Gerichtssaal, wurde dann aber ohne Aussage wieder weggeschickt. "Wir werden Sie heute nicht vernehmen. Es tut uns furchtbar leid", entschuldigte sich Richter Kotschy.

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