Süddeutsche Zeitung

Weltwirtschaftsforum:Der Milliardär mit den düsteren Botschaften

Der Krieg in der Ukraine bestimmt den Aufritt von George Soros in Davos. Von einem Öl-Embargo hält er wenig - etwas anderes würde Russland stärker treffen.

Von Nakissa Salavati, Davos

Leider hatte der Mann recht. Bereits vor Jahren hat George Soros vor einem mafiösen Russland gewarnt, das die Allianz mit China suchen könnte. Was man damals vielleicht noch als pessimistisch abtun konnte, ist nun eindrücklich zur Realität geworden. Und so ist es nicht besonders beruhigend, dass der Starinvestor dieses Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum wieder drastische Worte wählt: "Die Invasion der Ukraine könnte der Beginn eines dritten Weltkrieges sein", sagte er in Davos.

Der Krieg in der Ukraine müsse schnell enden, auch, damit die Welt sich wieder einem anderen existenziellen Problem widmen könne: "Der Klimawandel ist bald nicht mehr zu stoppen. Das könnte das Ende unserer Zivilisation sein. Ich finde diesen Ausblick besonders beängstigend", sagte der Milliardär.

Der gebürtige Ungar Soros, mittlerweile 91 Jahre alt, wurde in den USA als risikofreudiger Hedgefonds-Manager berühmt, er entwickelte Anlagestrategien und ging immer wieder gewagte Finanzwetten ein. Außerdem investierte er einen Großteil seines Milliardenvermögens in Stiftungen weltweit, vor allem in die "Open Society Foundations", deren Ziel es ist, offene, freiheitliche Gesellschaften zu stärken.

Daran knüpft Soros auch in Davos an: Putins Russland und Xi Jinpings China seien die größte Gefahr für offene Gesellschaften. Ihr Ideal sei das Gegenteil eines Staates, der die Freiheiten jedes Einzelnen schütze: Ihr Ziel sei, dass die Bürger den Machthabern dienen. "Ich habe lange überlegt, wie es dazu kommen konnte. Die Antwort ist, dass auch die schnelle digitale Entwicklung ihren Anteil hatte, besonders die künstliche Intelligenz."

China habe die Corona-Pandemie genutzt, um mithilfe neuester Technik massenweise persönliche Daten zu sammeln und die Bürgerinnen und Bürger noch schärfer zu überwachen. Dafür baue das Land Tech-Konzerne regelrecht auf und erweitere deren Einfluss. Für besonders gefährlich hält Soros die Allianz zwischen China und Russland. Zwei Staaten, die derzeit große Fehler begingen: Russland habe im Krieg strategische Fehler gemacht, China scheitere langfristig an seiner Null-Covid-Strategie. Großes Lob findet er hingegen für seine Heimat, die Vereinigten Staaten, die der Ukraine Milliardenhilfen zur Verfügung stellen.

Scholz "macht am Ende immer das Richtige"

Etwas Positives kann er der Lage abgewinnen, immerhin rücke Europa nun sehr stark zusammen. Er hat deutliche Sympathie für den Vorschlag der Italiener, die EU-Staaten noch enger zu verzahnen, und auch für die Franzosen, die eine geografische Ausweitung befürworten. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz - Soros drückt es höflich aus - "macht am Ende immer das Richtige": Nord Stream 2 hat er aufgegeben, 100 Milliarden Euro zusätzlich ins Militär investiert und Waffen an die Ukraine geliefert. Nicht gut weg kommt hingegen Scholz' Vorgängerin Angela Merkel. Ihr kreidet Soros die Gasgeschäfte mit Russland an.

Ein Öl-Embargo, wie es die EU gegen Russland erwägt, hält Soros nicht für sinnvoll, weil man Öl leicht transportieren kann. Präsident Putin könne also schnell neue Abnehmer finden: "China nimmt es gerne." Gas hingegen muss man meist in Pipelines transportieren und Russland sei in dem Falle von der EU abhängig. Putin könne Gas nicht dauerhaft lagern, im Juli seien die Speicher schätzungsweise voll. "Wenn er Europa nicht mehr versorgt, muss er die Gasförderung stoppen." Am Ende hat Soros immerhin fast so etwas wie Optimismus übrig: "Europa ist viel stärker als es denkt."

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