Weltwirtschaftsforum Davos:Botschaft an die Mächtigen

Weltwirtschaftsforum Davos: Journalisten und Aktivisten warten in diesem Jahr in Davos vor allem auf den Besuch von US-Präsident Donald Trump. Ob er aber wirklich in die Schweiz kommt, ist ungewiss.

Journalisten und Aktivisten warten in diesem Jahr in Davos vor allem auf den Besuch von US-Präsident Donald Trump. Ob er aber wirklich in die Schweiz kommt, ist ungewiss.

(Foto: AFP)
  • In Davos bereiten sich Globalisierungs-Kritiker, Trump-Gegner und Sicherheitskräfte auf das Weltwirtschaftsforum vor.
  • Viele Nichtregierungsorganisationen planen ihren Protest - teils auf der Straße, teils mit Zahlen.
  • Ob US-Präsident Donald Trump wirklich in die Schweiz kommt, ist angesichts des Regierungs-Stillstands derweil ungewiss.

Von Michael Bauchmüller und Charlotte Theile, Berlin/Zürich

Das Mahnmal ist sechs Meter hoch, es steht gleich neben der Zufahrt zum Kongresszentrum. Die Umweltorganisation Greenpeace hat die Justitia in der vorigen Woche im Nobelort Davos aufgestellt: "Gerechtigkeit für die Menschen und den Planeten" ist die Botschaft der Dame mit der Waage - eine Botschaft an die Mächtigen der Welt. Und nur eine von vielen in diesen Tagen.

Die Schweiz rüstet sich für den Wirtschaftsgipfel in Davos, der von Dienstag bis Freitag stattfindet. Und wenn die Haushaltssperre in den USA es nicht verhindert, wird auch US-Präsident Donald Trump dabei sein. Allein das macht den Gipfel besonders, und es mobilisiert seine Gegner zusätzlich. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen haben Demonstration in allen größeren Städten der Schweiz angekündigt. Mitte des Monats hatte schon eine Kundgebung von Linken und Autonomen in Bern für Aufsehen gesorgt. Die Demonstranten hielten ein Plakat mit der Aufschrift: "Kill Trump with his own weapon" in die Höhe, "töte Trump mit seiner eigenen Waffe". Die Polizei ermittelt.

Für die 11 000 Einwohner des Bergorts verschärft das den Ausnahmezustand. Zwar sind Aktionen wie die Aufstellung einer Justitia - Greenpeace will damit auch ganz konkret Firmen wie den Rohstoffhändler Glencore, den Nahrungsmittelkonzern Nestlé oder die Pharmafirma Novartis an den Pranger stellen - bei einem Weltwirtschaftsforum nicht ungewöhnlich. Doch erst jetzt, seitdem klar ist, dass mit dem US-Präsidenten einer der Lieblingsgegner der NGOs anreisen wird, stoßen sie wieder auf Interesse.

Diese Stimmung wollen auch andere nutzen: So haben etwa die Sozialdemokraten des Kantons Graubünden Demonstrationen in Davos angemeldet. Man wolle Trump, den man als Klimaleugner, Isolationisten und Sexisten wahrnimmt, eine "offene, solidarische und umweltfreundliche" Stimme entgegensetzen. Eine Genehmigung steht noch aus. Doch während die Sozialdemokraten davon ausgehen, dass ihre Kundgebung bewilligt wird, sind andere Aktivisten mit diesem Ansinnen bereits gescheitert: Am Flughafen Zürich, wo Trump landen soll, ist "aus Sicherheitsgründen" keine Protest-Kundgebung erlaubt.

Oxfam: Frauen arbeiten häufiger in prekärer Beschäftigung

Andere arbeiten mit Zahlen. Diesen Montag etwa werden neue Zahlen der Entwicklungs-Organisation Oxfam bekannt, sie betreffen die globale Ungleichheit. Auch das hat mittlerweile eine gewisse Tradition, jedes Jahr stellt Oxfam so eine Statistik vor. Viel verändert hat die Mahnung allerdings nicht, denn die globale Ungleichheit wächst weiter. Die Zahl der Dollar-Milliardäre etwa stieg auf ein neues Allzeithoch, mit weltweit 2043 Milliardären. Alle zwei Tage sei einer hinzugekommen, rechnet Oxfam vor. "Das letzte Jahr sah den größten Anstieg der Zahl der Milliardäre in der Geschichte", heißt es.

Die Zahlen stützen sich unter anderem auf Erhebungen der Bank Credit Suisse. Danach sind 82 Prozent des gesamten Vermögenszuwachses auf der Welt an nur ein Prozent der Weltbevölkerung geflossen - und zwar an jenes eine Prozent, das schon vorher das meiste besaß. Derlei Ungleichheit sei ein "Krankheitssymptom unseres Wirtschaftssystems", heißt es bei Oxfam. Weiterhin besitze ein Prozent der Bevölkerung mehr Vermögen als der gesamte Rest.

Zuletzt hatten auch der Europäische Gewerkschaftsbund und das Weltwirtschaftsforum selbst in eigenen Studien auf eine wachsende Ungleichheit hingewiesen, mit Blick auf Gehälter. Während der vier Tage ihres Aufenthalts in Davos, so rechneten die Gewerkschafter vor, verdienten die anwesenden Vorstandschefs so viel wie ein durchschnittlicher Beschäftigter in Deutschland in 18 Monaten. Ob es die Vorstandschefs in Davos beeindruckt, ist eine andere Frage.

Oxfam dagegen schaut in seinem Bericht noch auf eine andere Ungleichheit: die zwischen Männern und Frauen. "An der Spitze der Vermögenspyramide stehen Männer", sagt Ellen Ehmke, Analystin in Sachen soziale Ungleichheit. So seien neun von zehn Milliardären weltweit Männer. Frauen dagegen fänden sich überdurchschnittlich oft in prekärer Beschäftigung wieder, wo sie für wenig Geld viel leisten müssten. "Die Frauen funktionieren für die Wirtschaft, aber die Wirtschaft funktioniert nicht für die Frauen", sagt Ehmke.

Regierungs-Stillstand in den USA gefährdet Trumps Besuch

Davos wäre nicht Davos, würde das Forum nicht solche Themen aufgreifen. "Wir werden weltweit nichts erreichen, wenn die Hälfte der Erdbevölkerung nicht dieselben Möglichkeiten hat", sagt WEF-Präsident Borge Brende. Alle Co-Vorsitzenden der Jahrestagung seien Frauen, darunter die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. "Mit den sieben weiblichen Co-Chairs senden wir ein starkes Signal aus, dass Gleichberechtigung und Frauenrechte im Zentrum einer zukunftsorientierten Politik für die Welt stehen", sagt Brende. Schon in der Vergangenheit hatte sich das Forum mit drängenden Fragen befasst, sei es globale Unsicherheit, Hunger oder Klimawandel. Die Botschaften verhallen zumindest nicht völlig ungehört.

An der Basis dagegen, im kleinen Davos selbst, sind die Sorgen derzeit andere. Im Hotel Intercontinental, wegen seines markanten Äußeren auch "goldenes Ei" genannt, herrscht Ruhe vor dem Sturm. Reporter des Schweizer Boulevardmagazins Blick, die ihr Glück, im gleichen Hotel wie der US-Präsident untergebracht zu sein, noch gar nicht fassen können, haben bereits eingecheckt - und machen sich Sorgen um Trumps Verpflegung. Testweise hat sich das Team schon mal einen Cheeseburger mit Pommes aufs Zimmer bestellt (Kostenpunkt knapp 40 Euro). Die Recherchen lassen Schlimmstes befürchten: Der Luxus-Burger mit Angus-Beef, Soubise-Mayonnaise und Röstzwiebeln könnte wegen der aufwendigen Sicherheitskontrollen schon kalt sein, wenn er die Suite des US-Präsidenten erreiche. Das vermutet zumindest ein anonymer Mitarbeiter des Hauses.

Wenn Trump denn seine Suite jemals beziehen wird. Ob er und andere Mitglieder seiner Regierung in die Schweiz reisen, wird nach Angaben von US-Budget-Direktor Mick Mulvaney kurzfristig entschieden, schließlich ist in Washington die Haushaltssperre in Kraft. An den Botschaften an Manager und Mächtige ändert das nichts. Justitia könnte ruhig dauerhaft in Davos bleiben.

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