Weltwirtschaft:Schwächstes Wachstum seit der Finanzkrise

Handelskrieg zwischen USA und China

Ein Hafen in China. Der Handelskonflikt mit den USA belastet das weltweite Wachstum.

(Foto: Peng Zhaozhi/dpa)

Die OECD fordert, mehr zu investieren. In Deutschland geht die Arbeitslosigkeit nicht mehr zurück.

Von Alexander Hagelüken

Die Organisation OECD sieht die globale Konjunktur zunehmend düster. Dieses und nächstes Jahr wächst die Weltwirtschaft nur noch um 2,9 respektive drei Prozent, sagt die Denkfabrik der Industriestaaten voraus. Das wäre der geringste Wert seit dem Epochenbruch der Finanzkrise vor zehn Jahren. 2018 war die Weltwirtschaft noch um 3,6 Prozent gewachsen. In Deutschland zeichnet sich ein Einschnitt ab: Es gelingt nicht mehr, die Zahl der Arbeitslosen zu senken.

Die OECD hat ihre Prognosen für die nächsten Jahre gegenüber Mai deutlich nach unten korrigiert. Wer für den globalen Abschwung verantwortlich ist, daran lassen die Pariser Ökonomen keinen Zweifel: "Handelskonflikte sind der zentrale Faktor, der Vertrauen und Wachstum in der Weltwirtschaft untergräbt". US-Präsident Donald Trump, den die Organisation nicht namentlich erwähnt, belegt seit Anfang 2018 zahlreiche Staaten mit Strafzöllen. Allein Trumps Zölle gegen China und die Pekinger Gegenmaßnahmen schwächten die Weltwirtschaft 2020 um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte, so die OECD. "Die Unsicherheit durch die Handelskonflikte dauert lange an", beklagt Chefökonomin Laurence Boone, "sie setzt unsere wirtschaftliche Zukunft aufs Spiel".

Ein Ende des Konflikts ist nicht absehbar. Im Oktober treffen sich die USA und China zu neuen Gesprächen. Als weitere Risiken sieht Boone die Unklarheit über die Art des britischen EU-Austritts, die längerfristige Abschwächung des chinesischen Wachstums und Finanzmarktturbulenzen etwa wegen hoher Schulden und wackliger Kredite.

Glaubt man den Pariser Volkswirten, trifft Trumps Handelsstreit zunehmend die eigene Volkswirtschaft. Die USA wachsen demnach dieses Jahr nur noch um 2,4 Prozent. 2020, da Trump wiedergewählt werden möchte, dürften es nur zwei Prozent sein - klar unter seinem selbst gesteckten Ziel von drei Prozent. Die Prognose für Deutschland reduziert die Organisation für 2019 von 0,7 auf 0,5 Prozent; für nächstes Jahr halbiert sie sie sogar von 1,2 auf 0,6 Prozent. Die exportabhängige Bundesrepublik trifft es besonders stark, dass globaler weniger Investitionsgüter gekauft werden.

Chefökonomin Boone hat eine klare Meinung dazu, was die Politik tun sollte. "Das globale Wachstum droht dauerhaft schwach zu bleiben, wenn die Regierungen nicht entschieden reagieren". Die Politik sollte die niedrigen Zinsen nutzen, um in die Infrastruktur zu investieren. Wie in der Vergangenheit meint die OECD damit auch die Bundesregierung, der seit längerem zu geringe Investitionen vorgeworfen werden. EZB-Präsident Mario Draghi fordert ebenfalls mehr Investitionen von den Ländern Europas, die dazu in der Lage seien.

Unterdessen mehren sich Anzeichen, dass das deutsche Jobwunder an seine Grenzen gelangt. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagt voraus, dass die Zahl der Arbeitslosen 2019 noch um 70 000 sinkt, nächstes Jahr aber nicht mehr. Sie stagniere dann bei 2,3 Millionen Menschen. Zuvor gelang es jahrelang, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Sie hat sich seit Mitte der Nullerjahre mehr als halbiert. Für die nächsten Monate erwartet IAB-Prognosechef Enzo Weber konjunkturbedingt sogar mehr Arbeitslose. Trotz Konjunkturschwäche steige die Zahl der Erwerbstätigen 2019/2020 um eine halbe Million. Mittelfristig sinke die Arbeitslosigkeit wegen zunehmender Knappheit an Arbeitskräften weiter. Für 2020 ist Weber schon wieder optimistisch: Er sieht die deutsche Wirtschaft um 1,1 Prozent wachsen, fast drei Mal so stark wie dieses Jahr.

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