Weltweiter Vergleich:Franzosen gründen trotz Krise viele Firmen

Die Wirtschaft läuft nicht rund, aber der Staat versucht, neue Unternehmen zu fördern - in Frankreich ist deswegen die Zahl der Firmengründungen deutlich gestiegen. In Italien dagegen schlägt die Krise zu.

Das Land steckt in einer Rezession, die Bürokratie gilt als verkrustet. Frankreichs Wirtschaft hat nicht den besten Ruf. Ein amerikanische Manager lästerte vor Kurzem, dass französische Arbeiter nur drei Stunden arbeiten. Doch gerade in diesem Land werden besonders viele Firmen gegründet. Die Zahl der aktiven Unternehmen stieg zwischen 2007 und 2011 um 562.000, das entspricht einem jährlichen Wachstum von 4,5 Prozent - der höchste Wert der sieben größten Volkswirtschaften. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Wirtschaftsprüfung RSM International, die an diesem Montag veröffentlicht wird.

Eigentlich nehmen Unternehmensgründungen dann zu, wenn die Wirtschaft floriert. Frankreichs Konjunktur läuft jedoch seit Jahren schleppend. Dass das Land trotzdem viele Firmengründungen verzeichnet, liegt auch an einem Programm, das Frankreich 2009 ins Leben gerufen hat. Dafür hat die Regierung die Steuern für Industrieunternehmen mit einem Umsatz von weniger als 80.000 Euro und Dienstleistungsfirmen mit einem Umsatz unter 32.000 Euro gesenkt und vereinfacht. Kritiker bemängeln jedoch, schreibt RSM, dass das Programm für Selbständige vor allem eine Möglichkeit sei, um Steuern zu vermeiden. RSM betont allerdings, dass die Initiative stark dazu beigetragen habe, die Start-up-Kultur zu fördern.

In Deutschland gab es von 2007 bis 2011 lediglich 75.000 neue Unternehmen, wenn man die Firmenpleiten gegenrechnet. Das Land habe nur eine schwach entwickelte Start-up-Kultur, bilanziert RSM. Mit einer jährlichen Zuwachsrate von 0,6 Prozent liegt Deutschland damit leicht unter dem Durchschnitt der G-7-Staaten mit 0,8 Prozent.

"Krisen setzen auch Eigeninitiative frei"

Warum Unternehmen neu gegründet werden oder wieder dichtmachen, hängt davon ab, welche rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen in einem Land herrschen: Wie lange es dauert, ein Start-up zu gründen, wie leicht ein Kredit zur Verfügung steht, wie erfolgreich ein Unternehmen anschließend Produkte oder Dienstleistungen verkaufen kann und schließlich auch, wie Insolvenzen und Auflösungen geregelt sind.

RSM lobt in seinem Vergleich die Brics-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. In diesen Ländern wuchs insgesamt die Netto-Anzahl der Unternehmen auf 4,8 Millionen mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,8 Prozent. Von den 35 untersuchten Ländern steht Hongkong an der Spitze. Dort stieg die Zahl der Unternehmen von 655.000 in 2007 auf 956.000 im Jahr 2011. Überdurchschnittliche hohe Wachstumsraten in Europa verzeichnen die Schweiz mit 6,8 Prozent, die Niederlande mit 5,2 und Malta mit 3,3 Prozent.

Auffällig ist, dass mitten im Krisenjahr 2008 in den untersuchten Staaten insgesamt so viele Start-ups gegründet wurden wie in den folgenden Jahren nicht mehr. Allerdings mussten in dem Jahr auch die meisten Unternehmen schließen. "Diese Entwicklung macht deutlich, dass wirtschaftliche Krisen auch unternehmerische Eigeninitiative freisetzen. Denn dadurch verschieben sich jahrelang gültige Machtverhältnisse", begründet RSM die Zahlen.

In Italien hat die Krise dazu geführt, dass viele Unternehmen dichtmachen mussten. Seit 2007 bleibt ein Minus von 64.000, wenn man Neugründungen und Schließungen gegenüberstellt. Wer Unternehmer sein wolle, brauche die richtigen Beziehungen, schreibt RSM. Die Unternehmenskultur in Südeuropa sei von kommunalen und familiären Beziehungen geprägt und behindere damit Markteintritte.

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