Statt verbindlicher Normen gab es freiwillige Verhaltenskodices einzelner Unternehmer oder Branchen. Dazu zählt auch der Global Compact der Vereinten Nationen, den der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan 1999 anregte. Unternehmen bekennen sich mit ihrem Beitritt zu zehn Prinzipien gesellschaftlicher, sozialer und ökologischer Verantwortung und müssen regelmäßig Fortschrittsberichte vorlegen. Kritiker sprechen davon, dass sich die Konzerne auf diese Weise rein waschen.
Der Wissenschaftler John Ruggie gilt als geistiger Vater des Global Compact. Ihn ernannte Annan 2005 zum Sonderbeauftragten für die Menschenrechtsverantwortung Transnationaler Unternehmen. Ruggi versuchte gar nicht erst einen bindenden völkerrechtlichen Vertrag für Unternehmen zu schaffen, sondern erarbeitete Leitlinien für Wirtschafts- und Menschenrechte - gewissermaßen einen Mix aus völkerrechtlich verbindlichen und freiwilligen Regeln. Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedete die Leitprinzipien 2011, und zwar einstimmig. Damit liegt erstmals ein international anerkannter Empfehlungskatalog zur Umsetzung der Menschenrechte in der Wirtschaft vor.
Wichtig an diesem UN-Regelwerk gegenüber anderen Vereinbarungen sei es, dass die gesamte Lieferkette in den Blick genommen werde, sagt Menschenrechtsexperte Windfuhr. "Das heißt, es geht nicht mehr nur um die reinen Arbeitsbeziehungen, die bei vielen transnationalen Konzernen gar nicht die allerschlechtesten sind, sondern um den gesamten Effekt dieser Unternehmensaktivitäten auf andere Bereiche."
NGOs loben Dax-Konzern BASF
Viele NGOs reagierten auf die Verabschiedung der UN-Leitprinzipien verhalten, einige lehnten sie offen ab - sie wünschten sich verbindlichere Regeln und sahen Lücken. Trotzdem ziehen sie die Leitprinzipien als Bezugspunkt heran, so wie jetzt auch Misereor und Germanwatch in ihrer Studie "Globales Wirtschaften und Menschenrechte. Deutschland auf dem Prüfstand".
14 Dax-Konzerne haben demnach eine eigene Grundsatzerklärung zu Menschenrechten veröffentlicht. "Am weitesten gehen die menschenrechtlichen Grundsatzerklärungen von der BASF und SAP", urteilen die Autoren. Sie heben hervor, dass beide Konzerne sogar "innovative Lösungen" für so genannte Dilemma-Situationen entwickeln wollen; solche entstehen beispielsweise, wenn das lokale Recht die Anwendung internationaler Arbeitsstandards untersagt. Auf Nachfrage wird BASF etwas konkreter: "Beispielsweise wird in einigen Ländern, in denen wir tätig sind, das Recht auf Versammlungsfreiheit und Kollektivverhandlungen gesetzlich beschränkt. Hier suchen wir nach Lösungen, einen systematischen Dialog mit unseren Mitarbeitern zu etablieren."
Der Chemiekonzern BASF ist der Studie zufolge der einzige Dax-Konzern, dessen menschenrechtliche Grundsatzerklärung auch die Auswirkungen auf die umliegenden Gemeinden in den Blick nimmt. Bei den Konzernen Fresenius und Fresenius Medical Car finden sich laut Studie keine öffentlichen Stellungnahmen zu Menschenrechten. "Sie treffen damit keine öffentlich verfügbare Aussage zur Beachtung der Menschenrechte und erfüllen somit noch nicht einmal diese grundlegende Anforderung der UN-Leitprinzipien", kritisieren die Autoren. Formal sei dies richtig, heißt es bei Fresenius. Aber natürlich würden die UN-Leitprinzipien verfolgt.