Weltmarkt:China kauft Deutschland

Berlin: SZ-Wirtschaftsgipfel / Tag03

Yi Sun berät chinesische Firmen, die nach Deutschland wollen.

(Foto: Johannes Simon)

Kuka, Kion und Ledvance, sie alle haben chinesische Eigentümer. Das sorgt mancherorts auch für Ängste.

Von Max Hägler, Berlin

Mit einem negativen Vorurteil räumt der Gewerkschafter gleich zu Beginn auf: "Chinesische Investoren", sagt Jürgen Kerner, "haben Respekt vor den Mitarbeitern." In den meisten Fällen seien deutsche Firmen deshalb gut beraten mit Eigentümern aus Fernost. Tatsächlich sind kaum Klagen zu hören, seit etwa der Betonpumpenhersteller Putzmeister, der Roboterbauer Kuka oder der Gabelstaplerkonstrukteur Kion mehrheitlich in chinesischem Besitz sind. Bei Kuka und beim jüngst von Chinesen übernommen Lampenhersteller Ledvance sollen nun zwar Stellen gestrichen werden, aber bei Ledvance sei dies nicht allein auf die neuen Eigentümer zurückzuführen, sagt Kerner. Eine Erkenntnis der China-Diskussion des Wirtschaftsgipfels: Kurzfristig ist es nicht kritisch, wenn China sich hier einkauft.

Yi Sun ist Asienspezialistin beim Beratungsunternehmen EY. Mindestens einmal die Woche bekomme sie Anfragen chinesischer Investoren, die nach Zielen in Deutschland suchten. Bis vor drei Jahren hätten die nur in Chemie, Autobau und Maschinenbau investiert. Nun gelte: "Chinesen sind zur Zeit überall unterwegs." Jüngst hätten sie auch "eine sehr schöne Rehaklinik im Schwarzwald" erworben.

Auch der in Bayern ansässige Plastikmaschinenhersteller Krauss-Maffei ist mittlerweile chinesisch, und als Tochter von Chemchina gedeihe man gut, sagt der Vorstandsvorsitzende Frank Stieler. Unter keinem der anderen Ex-Eigentümer habe es ein vergleichbares Wachstum gegeben. Den Investoren gehe es nicht nur um kurzfristigen Profit; sie wollten "Schüler" werden bei Weltmarktführern, wollten sehen, wie eine Firma eine Branche dominieren kann. Die Gespräche mit den Eigentümern dazu seien sehr intensiv. Ihn freut das, er hat als aufgeschlossener Lehrmeister eine gute Stellung in dem Konzern.

Eine nachvollziehbare Einstellung der Eigentümer, entgegnet Kerner, aber eine, die auch Anlass zur Sorge gebe. Er betreut im IG-Metall-Vorstand nicht nur den Siemens-Konzern, sondern auch die Luftfahrt und die Bahn-Technik. Seine Erfahrung: Es entstünden "chinesische Champions", die den Weltmarkt beherrschen wollten und einen langen Atem hätten. Das Ziel: China solle als Land erfolgreich sein, das sei ein ganz anderes Gesellschaftsbild als jenes im Westen; es gelte "wachsam" zu sein. Wie stolz seien die westlichen Konzerne Alstom, Bombardier und Siemens gewesen, als sie anfingen, mit China Geschäfte zu machen mit Bahnen. Mittlerweile seien chinesische Bahnen mitunter technologisch besser, bald vielleicht Flugzeuge.

Auch Krauss-Maffei-Chef Stieler sieht chinesische Investitionen nicht nur positiv. Es gebe Schlüsselindustrien, die man aus nationalem Interesse nicht zum Verkauf anbieten solle: Verteidigungstechnik etwa, und auch bei IT mahnt er zur Zurückhaltung.

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