Welthandel:Heineken statt Asahi-Bier

Shipping Operations at Container Terminals as Japan-South Korea Spat Continues

Ein Containerschiff wartet am Abend im japanischen Hafen von Yokohama.

(Foto: Kiyoshi Ota/Bloomberg)

Der Handelsstreit zwischen Japan und Korea eskaliert - und die USA könnten sich jetzt einschalten.

Von Christoph Neidhart, Tokio

In Südkorea ist der Absatz von Asahi- und Kirin-Bier in der ersten Juli-Woche eingebrochen, die Koreaner trinken plötzlich mehr Heineken und Tsingtao aus China. Die Läden der G25-Kette verkauften 23 Prozent weniger japanisches Bier als in der Vorwoche. Einige Einzelhandelsketten wollen Biere und Zigaretten aus Japan ganz aus den Regalen nehmen, da viele Südkoreaner die Aufrufe zum Boykott japanischer Waren befolgen. Auch die Zahl der verkauften Flugtickets nach Japan geht zurück.

Die Koreaner protestieren damit gegen Exporthindernisse, die Tokio über drei Chemikalien verhängt hat, die für die Halbleiter- und Bildschirmproduktion unerlässlich sind. Betroffen sind Hynix, Samsung und LG. Premier Shinzo Abe rechtfertigt diese Hindernisse mit einem "Vertrauensverlust" zwischen Tokio und Seoul. Er meint einen seit vorigem Herbst schwelenden Konflikt um gerichtlich verfügte Entschädigungen für Zwangsarbeiter aus Korea, die im Zweiten Weltkrieg von japanischen Firmen eingesetzt wurden. Vorigen Montag flog Samsung-Vize Lee Jae-yong persönlich nach Tokio, um seinem Konzern den Nachschub an Fluorwasserstoff, Resist und fluoriertem Polyimid zu sichern. Erreicht haben dürfte Lee freilich nichts, obwohl er länger in Japan blieb als geplant. Abes Regierung scheint ihn nicht empfangen zu haben, sie ließ auch Sondergesandte des südkoreanischen Präsidenten mit einem Gesprächsangebot abblitzen.

Premier Abe aber wird vor den Oberhauswahlen vom kommenden Sonntag nicht nachgeben. Er will den Nationalisten Standhaftigkeit beweisen, um sie für die Wahlen zu mobilisieren. Obwohl er selber ein Nationalist ist, kommen deren Anliegen in seiner oft pragmatischen Außenpolitik zu kurz. Umso härter zeigt er sich nun. Seine Beamten dagegen stellen die am 4. Juli in Kraft getretenen Kontrollen, die die Ausfuhr der Chemikalien nach Südkorea nicht stoppen, nur verzögern, als normalen Vorgang dar. Damit versuchen sie, Tokios Chancen vor einem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO zu verbessern. Die japanische Regierung sei von der heftigen Reaktion Seouls überrascht, schrieb die Japan Times unter Berufung auf Regierungsquellen. Inzwischen sind in der japanischen Presse Anschuldigungen aufgetaucht, Seoul liefere die drei Substanzen teilweise nach Nordkorea weiter. Damit verstoße es gegen UN-Sanktionen, zumal die Chemikalien militärisch genutzt werden könnten. Seoul wies das energisch zurück. Ein südkoreanischer Oppositionspolitiker machte im Gegenzug auf zehn UNO-Berichte aufmerksam, die festhalten, zwischen 2010 und 2019 seien aus Japan illegal Luxus- und strategische Güter - auch Radarantennen - nach Nordkorea geliefert worden. Von solch illegalen Lieferungen stehe in den UN-Berichten nichts.

Ende voriger Woche schickte der südkoreanische Präsident Moon Jae-in den stellvertretenden Chef seines nationalen Sicherheitsbüros, Kim Hyun-chong, nach Washington: Die USA sollten helfen. Das US-Außenministerium habe ihm versichert, so Kim, es werde alles tun, um die weitere Zusammenarbeit zwischen Südkorea, den USA und Japan zu sichern. Es ist nicht das erste Mal, dass Washington im Hickhack um die Geschichte zwischen Tokio und Seoul intervenieren muss. 2015 zwang US-Präsident Barack Obama die zerstrittenen Nachbarn zu einem Abkommen über die "Trostfrauen". Koreanerinnen, die im Zweiten Weltkriegs in Japans Feldbordelle gezwungen wurden. Der Ausgleich ist inzwischen geplatzt. Auch jetzt wird sich Washington dazwischenschalten, zumal eine Unterbrechung der Lieferketten auch Apple und andere US-Unternehmen treffen würde. Allerdings erst nach Japans Oberhauswahlen. Dann dürfte Abe pragmatischer sein.

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