Welthandel:Ein Zoll weniger

Solar Cell Production Inside A Trina Solar Ltd. Photovoltaics Plant
(Foto: Tomohiro Ohsumi/Bloomberg)

Die EU verzichtet auf weiteren Schutz für die Solarindustrie. Die Schutzzölle gegen chinesische Solarmodule waren bisher der letzte Strohhalm. Sie sollten die Konkurrenz aus Fernost eindämmen. Doch selbst das dürfte sich jetzt bald ändern.

Von Michael Bauchmüller

Als es mit der deutschen Solarindustrie so richtig bergab ging, waren sie der letzte Strohhalm: Schutzzölle gegen chinesische Solarmodule. Sie sollten die Konkurrenz aus Fernost eindämmen. Dahinter stand immer der Vorwurf, Peking päpple die heimische Industrie gezielt auf. Doch die laufen nun aus, mit angenehmen Aussichten für alle, die noch keine Solarzellen haben: Sie dürften bald billiger werden.

Seit 2013 galten in Europa Mindestpreise auf Solarmodule und -Zellen aus China. Wer sie unterlief, riskierte Strafzölle. Zuletzt waren sie im März 2017 verlängert worden, allerdings nur um 18 Monate. Schon damals hatte die EU deutlich gemacht, dass sie den Schutz auslaufen lassen will, schrittweise senkte sie den Mindestpreis in der Folge ab. Eine neuerliche Verlängerung hat sie nun abgelehnt. Damit laufen die Zölle zum 3. September aus. "Die Tragik ist, dass uns die EU sehenden Auges den Boden unter den Füßen wegzieht", sagt Milan Nitzschke, Sprecher des Lobbyverbands EUproSun. Immer noch gebe es 40 Solarfirmen in Europa, davon 10 in Deutschland. Die Politik müsse sich rasch etwas einfallen lassen, um sie zu schützen. Hinter dem Verband stand ursprünglich vor allem die Bonner Solarworld, die inzwischen pleite ist - angeblich auch wegen herben Dumpings in China.

China selbst kämpft derzeit mit Überkapazitäten bei der Solarfertigung. Folgerichtig ließ die EU-Entscheidung die Kurse chinesischer Firmen am Montag stark steigen, schließlich ist Europa nach wie vor einer der wichtigsten Märkte. Dort freuen fallende Preise Importeure und Installateure - sie hatten lange für ein Ende der Zölle gekämpft. Wie auch die Hersteller hatten sie dafür eine eigene Lobbygruppe gegründet; die sieht nun eine "breite Renaissance" der Solarenergie in Europa. "Dies ist auch ein guter Tag für den Klimaschutz", sagte ein Sprecher. Durch den Wegfall der Zölle könne der Zubau von Solarenergie noch einmal um 30 Prozent zulegen, bei weiter sinkenden Preisen.

Das legen auch Zahlen der Bundesnetzagentur nahe, die hierzulande die Ausschreibungen für Solarparks organisiert. Demnach kommen die neuen Anlagen von Jahr zu Jahr mit weniger Förderung aus. Erhielten die Betreiber in der ersten Ausschreibungsrunde noch 9,17 Cent je Kilowattstunde, waren es bei der jüngsten nur noch 4,59 Cent. Zum Vergleich: Für die ersten Solaranlagen garantierte der Gesetzgeber Einspeisevergütungen von mehr als 50 Cent je Kilowattstunde. Und von denen, die jüngst per Ausschreibung einen Zuschlag erhielten, ist auch keiner abgesprungen: Zu mehr als 90 Prozent wurden die Solarparks am Ende realisiert. Ohne die europäischen Schutzzölle dürften die Gebote weiter fallen - sehr zur Freude der Stromkunden.

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