Welthandel:"Wir wollen keinen Handelskrieg"

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Kanzlerin Angela Merkel will sich offenbar nicht auf einen Handelskrieg mit US-Präsident Donald Trump (hier bei einem Treffen im März 2017) einlassen - und stellt sich gegen die Linie der EU-Kommission.

(Foto: REUTERS)
  • Die Bundesregierung will eine Eskalation im Handelsstreit mit den USA vermeiden.
  • Berlin stellt sich deshalb gegen Pläne der EU-Kommission, im Gegenzug amerikanische Produkte bei der Einfuhr zu verteuern.
  • Die von Washington angedrohten Strafzölle auf Autos könnten vor allem die deutschen Hersteller empfindlich treffen.

Von Cerstin Gammelin und Henrike Roßbach, Berlin

Die Bundesregierung will im Streit um Schutzzölle jede Eskalation mit den USA vermeiden. "Wir wollen keinen Handelskrieg", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Ein solcher Handelskrieg ist nicht in deutschem, nicht in europäischem und auch nicht in amerikanischem Interesse". Ein Handelskrieg sei etwas, das Arbeitnehmer, Unternehmen und Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks "empfindlich treffen" werde. Seibert sagte, die Bundesregierung werde jetzt umgehend den Kontakt zu den europäischen Partnern und insbesondere Frankreich suchen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Die Bundesregierung lehnt demnach die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Aussicht gestellten Vergeltungsmaßnahmen gegen die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte ab. Weitere Zölle seien ein Irrweg, sagte Seibert. Im Gegenteil, sei der gemeinsame Abbau von Handelshemmnissen im Interesse aller. Sowohl Deutschland als auch den europäischen Partnern sei aber stets bewusst gewesen, dass es eine "Grundhaltung des amerikanischen Präsidenten" sei, in eine andere Richtung zu denken. "Und letzte Woche hat er das konkretisiert."

Juncker hatte am Freitag erklärt, die EU prüfe im Gegenzug Zölle auf Whiskey, Blue Jeans und Harley Davidsons. Daraufhin hatte Trump via Twitter angekündigt, dass ein Handelskrieg leicht zu gewinnen sei - und Einfuhrzölle auf Autos aus Europa angekündigt. Damit würde er das Auto-Land Deutschland an seiner empfindlichsten Stelle treffen. Die Bundesrepublik exportiert Autos in alle Welt, sie sind der größte Exportschlager. Und die USA sind für deutsche Unternehmen das größte Abnehmerland, zudem produzieren deutsche Unternehmen auch in den USA. Das größte Werk des Bayerischen Herstellers BMW steht in den USA. Seibert sagte, man werde "mit der Europäischen Kommission, mit Frankreich und anderen darüber sehr gut beraten".

Ein Spiel, "das niemand gewinnen kann"

Auch EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger positionierte sich am Montag zurückhaltender: Er kündigte "angemessene Maßnahmen" auf die US-Zollpläne - es müssten aber "Maßnahmen sein, die im amerikanischen Markt wirken, ohne jetzt eine übertriebene Reaktion und damit eine Eskalation auszulösen." Er ergänzte: "Einen Handelskrieg zu vermeiden wäre unser Ziel." Wenn der transatlantische Handelskonflikt eskalierte, seien die Gewinner die Asiaten.

Zuvor hatte bereits die geschäftsführende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries gesagt: "Präsident Trump will ein Spiel spielen, das niemand gewinnen kann. Immer mehr Zölle auf immer mehr Produkte zu erheben, kann am Ende dazu führen, dass jahrzehntelanger Zollabbau, Freihandel und Wohlstand in Gefahr geraten." SPD-Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig, der vergangene Woche noch auf dem EU-Handelsministertreffen mit den europäischen Partnern über die US-Handelspolitik gesprochen hatte, sagte am Montag der SZ: "Der Furor im Weißen Haus geht weiter. Das ist gegen wirtschaftliche Vernunft und vertrauensvolle Zusammenarbeit. So geht Amerika in die Selbstisolation und zerdeppert viel Porzellan in den internationalen politischen und ökonomischen Beziehungen."

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