InsolvenzantragWeltbild denkt über seine Marktberechtigung nach

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Der frühere Großbuchhändler Weltbild betrieb vor der Insolvenz 2014 mehrere Hundert Läden.
Der frühere Großbuchhändler Weltbild betrieb vor der Insolvenz 2014 mehrere Hundert Läden. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Der Internethändler hat viele Spezialfirmen aufgekauft, die in Schieflage gerieten – und er hat kein klares Profil. Nun spricht der vorläufige Insolvenzverwalter. Weltbild müsse sich in „sehr kurzer Zeit sehr konsequent“ verändern. Was das für die Belegschaft heißt, bleibt unklar.

Von Dieter Sürig

Knapp zehn Tage, nachdem der Einzelhändler Weltbild einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren gestellt hat, bereitet der vorläufige Insolvenzverwalter Christian Plail das Unternehmen auf einen umfassenden Umbau vor. Weltbild habe nur dann eine Zukunftschance, „wenn es sich in sehr kurzer Zeit sehr konsequent verändere“, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Unternehmen müsse ein klareres Profil bekommen, „verbunden mit einem deutlich veränderten Marktauftritt“. Dafür sei ein „tiefgreifender Umbau von Strukturen und Prozessen“ nötig, so Plail.

„Es geht für Weltbild um nichts weniger, als die Frage zu klären: Was ist unsere Marktberechtigung?“, schreibt der vorläufige Insolvenzverwalter. Der notwendige Wandel könne nur gelingen, wenn Gesellschafter, Mitarbeitende, Management, Betriebsrat, Gewerkschaft und Geschäftspartner mitzögen. Welche Konsequenzen dies zum Beispiel für die 330 Vollzeitstellen oder die verbliebenen 14 Buchläden in Deutschland haben könnte, ist unklar. Plail sagt nur so viel: „Ohne Zugeständnisse von allen Seiten wird es nicht gehen.“ Erste Gespräche laufen nach seinen Angaben bereits.

Der frühere Großbuchhändler Weltbild hatte sich seit der ersten Insolvenz 2014 zu einem breit aufgefächerten Internethändler ohne eindeutiges Profil entwickelt. Dazu übernahm Weltbild in den vergangenen Jahren zahlreiche Spezialanbieter, die selbst in Schieflage geraten waren. So gehört beispielsweise der Gartenbedarf Pötschke, der Gesundheitshändler Orbisana, der Schmuckverkäufer Paul Valentine oder auch Westfalia mit einem Sortiment für Heimwerker zum Portfolio dazu.

Betriebsversammlung am Donnerstag

Weltbild-Betriebsratschef Timm Boßmann hatte das Kernproblem in den „vielen Übernahmen maroder Firmen“ gesehen, wie er vorige Woche der SZ sagte. „Damit hat sich Weltbild übernommen“. An diesem Donnerstag soll es eine Betriebsversammlung geben, kündigte er nun an. Über konkrete Strategiefragen oder mögliche Einsparungen habe es aber noch keine Gespräche zwischen Betriebsrat und vorläufigem Insolvenzverwalter gegeben. „Kein Mensch kann seriös sagen, wo die Reise hingeht“, sagte Boßmann.

Allerdings sei das Gesamtunternehmen – die D2C Group – „gar nicht vorstellbar“ ohne Weltbild, das immerhin ein Drittel zum Umsatz beitrage.

Das Unternehmen nennt andere Zahlen und spricht davon, dass der Umsatzanteil von Weltbild nur bei etwa 20 Prozent liege. Weltbild sei „schon länger defizitär“. Finanzchef Sami Sagur kündigte ebenfalls „harte Einschnitte und deutliche Veränderungen“ an, zeigt sich aber dennoch optimistisch. Den Umsatzrückgang von Weltbild würden „die anderen Marken durch ein starkes Wachstum überkompensieren“.

„Wir werden auch Ideen präsentieren“, sagte Betriebsratschef Boßmann, vorher werde sich der Betriebsrat kommende Woche aber noch mit seinen eigenen Beratern treffen. Wichtig sei es, dass Weltbild mit Auslaufen des Insolvenzgeldes die Gehälter von September an wieder selbst finanzieren könne.

Plail hatte angekündigt, dass er den Geschäftsbetrieb in den vergangenen Tagen stabilisieren und auch die pünktliche Zahlung von Gehältern durch die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld sichern konnte. Für die Kunden werde es „keine Einschränkungen“ geben. Die Gruppe gehört seit der ersten Insolvenz dem Düsseldorfer Investor Droege.

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