Weltbank-Projekt in Äthiopien:Gewalt statt Hilfe

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  • Die Weltbank soll an der Zwangsumsiedlung indigener Völker in Äthiopien beteiligt gewesen sein.
  • Mitglieder des Volkes der Anuak beschuldigen Beamte, die von Entwicklungshilfe-Geldern bezahlt worden, sie geschlagen und verhaftet zu haben.
  • Obwohl die Weltbank von diesen Vorwürfen wusste, finanzierte sie im Jahr 2012 weiter das äthiopische Entwickungshilfe-Projekt.

Von Sasha Chavkin und Katrin Langhans, München

Lokale Behörden, die auch für die Weltbank tätig waren, sollen an der Zwangsumsiedlung indigener Völker in Äthiopien beteiligt gewesen sein - so lautet der Vorwurf, den viele Mitglieder des Volkes der Anuak der Weltbank machen. Bezahlt von Entwicklungshilfe-Geldern, sollen regionale, äthiopische Beamte mit Drohungen, Schlägen und willkürlichen Verhaftungen die Anuak von ihrem Land vertrieben haben. Das geht aus einem internen vorläufigen Prüfungsbericht der Weltbank hervor, der dem International Consortium of Investigative Journalism (ICIJ) , dem WDR, NDR und der S üddeutschen Zeitung vorliegt.

"Die Weltbank hat es möglich gemacht, dass Tausende indigene Völker gewaltsam von dem Land ihrer Ahnen vertrieben wurden", sagt David Pred, der Direktor der Menschenrechtsorganisation Inclusive Development International, der die Beschwerde von 26 Anuak bei der Weltbank eingereicht hat.

Der Vorwurf: Ein Projekt der Weltbank, das eigentlich die Lebensbedingungen der Anuak, wie Wasser- und Gesundheitsversorgung und Zugang zu Schulbildung verbessern sollte, hänge direkt mit einem Umsiedlungsprojekt der äthiopischen Regierung zusammen, dem "Commune Development Program" (CDP). Im Rahmen dieses Programms wurden in den vergangenen Jahren insgesamt fast zwei Millionen Menschen aus armen, abgelegenen Gegenden in neue Dörfer umgesiedelt. Allein in Gambela, einer Region im Westen Äthiopiens, waren es 37 883 Haushalte.

Keine Chance, sich gegen die Umsiedlung zu wehren

Viele Anuak sagen, dass sie von dem Land ihrer Ahnen vertrieben worden seien und sie keine Chance hatten, sich gegen diese Umsiedelung zu wehren. Das bestätigt auch ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch aus dem Jahr 2012. Demnach war die Vertreibung der Anuak "begleitet von vielen Menschenrechtsverletzungen, darunter Zwangsumsiedlungen, willkürliche Verhaftung und Haft, Gewalt und Vergewaltigungen".

Obwohl die Weltbank von diesen Vorwürfen wusste, finanzierte sie im Jahr 2012 weiter das äthiopische Projekt, in das im vergangenen Jahrzehnt fast zwei Milliarden US-Dollar geflossen sind. Auch die KfW-Bank beteiligte sich mit 35 Millionen Euro an dem Programm.

Die Weltbank will sich nicht äußern

Die Weltbank wollte sich gegenüber dem ICIJ und der Süddeutschen Zeitung nicht zu dem Bericht äußern. Aus dem Dokument geht jedoch hervor, dass sich in Gesprächen vor Ort bestätigt habe, dass sich viele Anuk gewaltsam vertrieben fühlen. In dem Bericht steht aber auch, dass die Recherche der Prüfungskommission offiziell nicht das Ziel habe, die Anschuldigungen der Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, die sich auf das Projekt der äthiopischen Regierung beziehen. Man werde die Anschuldigungen weder verifizieren noch falsifizieren.

Nur ein wirklich klares Zugeständnis kann man dem Bericht entnehmen. Den umgesiedelten Anuak gehe es nicht wirklich besser als zuvor. Zwar hätte sich der Zugang zu Bildung bei den umgesiedelten Anuak zum Teil verbessert, insgesamt habe sich die Lage der Menschen aber verschlechtert. Viele würden jetzt auf unfruchtbarem Land leben. Das sind keine guten Voraussetzungen für ein Volk, das sich von der Landwirtschaft und von der Fischerei ernährt.

© SZ vom 21.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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