Süddeutsche Zeitung

Welt-Finanzgipfel:Regierungschefs suchen Weg aus der Krise

Vor dem G-20-Gipfel stellt Kanzlerin Merkel klar, dass sie bindende Beschlüsse anstrebt. Präsident Obama ruft indes zum einmütigen Kampf gegen die Rezession auf.

Claus Hulverscheidt

Mit einem Arbeitsessen hat am Mittwochabend in London der G-20-Gipfel begonnen, auf dem die Staats- und Regierungschefs nach Wegen zur Bewältigung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise suchen. Dabei zeichneten sich schwierige Verhandlungen über schärfere Regeln für die internationalen Finanzmärkte ab.

Kurz vor Beginn der Gespräche in Downing Street 10 stellten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Abend klar, dass sie bindende Beschlüsse anstreben und sich nicht mit vagen Absichtserklärungen zufrieden geben wollen. Merkel, die später beim Abendessen direkt neben US-Präsident Barack Obama saß, erklärte: "Wir wollen Ergebnisse, die die Welt verändern."

Obama seinerseits rief die G-20-Staaten zum einmütigen Kampf gegen die Rezession auf und gab als zentrale Ziele aus, neue Regeln für die Finanzmärkte zu vereinbaren und wieder Wachstum anzuregen. Etwaige Differenzen würden "weit überbewertet". Nach einem Gespräch mit dem britischen Premier Gordon Brown sagte Obama: "Wir können diese Herausforderung nur gemeinsam meistern." Die Staatengemeinschaft dürfe nicht in Protektionismus abgleiten, weil dies die Krise nur verschärfe. Die derzeitigen Herausforderungen seien die größten seit dem Zweiten Weltkrieg.

Zuvor hatten sich mehrere der teilnehmenden Staats- und Regierungschefs gegenseitig scharf attackiert. Japans Ministerpräsident Taro Aso warf Kanzlerin Merkel vor, zu wenig gegen die Rezession zu tun. Sarkozy drohte mit seiner Abreise, sollten Länder wie Großbritannien und China die Austrocknung von Steueroasen behindern. Strittig blieb zunächst, ob weitere Konjunkturpakete beschlossen werden sollen. Während Staaten wie Deutschland und Frankreich betonen, dass die bisher verabschiedeten Programme im Volumen von weltweit zwei Billionen Dollar noch gar nicht wirken konnten, dringen vor allem asiatische Teilnehmer darauf, dass der Westen mehr tut.

Die Proteste von Gegnern des Gipfels eskalierten am Abend in schweren Krawallen. Tausende gerieten mit der Polizei aneinander. Mehrere Beamte sowie Demonstranten wurden verletzt. Die Demonstranten belagerten stundenlang das Bankenviertel. Randalierer stürmten eine Filiale der Royal Bank of Scotland. Nach offiziellen Angaben beteiligten sich 5000 Menschen an den Protesten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.411929
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.04.2009/akh
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.