Süddeutsche Zeitung

Wegen Brexit:EZB-Chef Draghi rechnet mit weniger Wirtschaftswachstum

  • Mario Draghi warnt vor einem negativen wirtschaftlichen Effekt des Brexits auf die gesamte Eurozone.
  • Der EZB-Chef ruft die Euroländer dazu auf, bei ihren Konsolidierungsbemühungen die Wachstumspolitik im Blick zu behalten.
  • Polen, die Slowakei, Ungarn und Tschechien fordern wieder mehr Befugnisse für die Regierungen der Mitgliedsstaaten.

Der britische EU-Austritt dürfte nach Einschätzung der EZB die Wirtschaft der Eurozone spürbar treffen. Das Wachstum könnte in den nächsten drei Jahren um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte geringer ausfallen als bisher angenommen, warnte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi.

Das berichteten Diplomaten am Dienstag beim EU-Gipfel in Brüssel. Draghi begründete die Einschätzung mit einem verringerten Wachstum im Vereinigten Königreich. Weil das Land ein wichtiger Handelspartner sei, werde auch die Konjunktur der Eurozone insgesamt davon betroffen sein.

Draghi rief die Staats- und Regierungschefs den Berichten zufolge auf, die möglichen Risiken für den Bankensektor anzugehen. Überdies forderte er, die Konsolidierung der nationalen Haushalte wachstumsfreundlicher zu gestalten.

Beim Gipfel war zuvor vor allem vor schweren wirtschaftlichen Konsequenzen des Austritts für Großbritannien selbst gewarnt worden. Große Ratingagenturen hatten dem Land bereits die Note AAA entzogen.

Visegrád-Gruppe fordert Beschneidung der Brüsseler Macht

Osteuropäische EU-Mitglieder sprachen sich am Rande des Gipfels dafür aus, die Befugnisse der EU-Kommission zu beschneiden. Polen, die Slowakei, Ungarn und Tschechien forderten, stattdessen wieder mehr Macht in den nationalen Hauptstädten zu konzentrieren. Die sogenannte Visegrád-Gruppe sah bislang in Großbritannien ihren größten Verbündeten in den Bemühungen, die Kontrolle der EU-Kommission zu minimieren.

"Wir müssen jetzt die Funktionsweise der EU verändern", forderte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka. Die EU brauche neue Verträge, um den Regierungen der Mitglieder wieder mehr Vollmachten zu übertragen, forderte der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski.

Die zukünftige Ausgestaltung der EU dürfte auch am zweiten Tag des EU-Gipfels, am Mittwoch, erörtert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich dafür aus, dass die verbleibenden 27 EU-Staaten bis spätestens März 2017 beschließen sollten, wie sie die EU effektiver machen wollen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3055564
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/Reuters/AFP/ewid
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.