Süddeutsche Zeitung

Wege aus der Schuldenkrise:Brüssel fühlt sich von Merkel übergangen

Sarkozy macht mit, Monti macht mit - aber die EU-Kommission nicht. Deren Mitglied Olli Rehn mahnt Kanzlerin Merkel, Deutschland könne im Kampf um einen stabilen Euro nicht alleine entscheiden. Der Streit zwischen Brüssel und Berlin spitzt sich zu.

Angela Merkel gibt in der Euro-Rettung den Takt vor - doch während Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der neue italienische Regierungschef Mario Monti folgen, schert Brüssel aus. EU-Währungskommissar Olli Rehn mahnte Deutschland, Schritte im Kampf gegen die Schuldenkrise EU-weit abzustimmen. Die Bundesregierung könne nicht allein entscheiden, was für einen stabilen Euro zu tun sei, sagte Rehn am Freitag bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus in Rom, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

Was die von Angela Merkel am Donnerstag in Straßburg erwähnte Fiskalunion angehe, so werde sie mit den anderen 26 EU-Ländern oder mit 16 Ländern der Eurozone sowie auch mit der EU-Kommission verhandeln müssen. "Deutschland ist ganz sicher ein sehr wichtiger Mitgliedsstaat, hat eine fundamentale Rolle, entscheidet aber nicht allein", zitierte die Agentur den Kommissar. Schon häufiger in der jüngeren Vergangenheit hatte es zwischen Brüssel und Berlin heftige Debatten gegeben, vor allem zwischen EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und Kanzlerin Merkel. Auch diesmal fühlt sich Brüssel offenbar übergangen.

Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten in Straßburg angekündigt, EU-Vertragsveränderungen vorschlagen zu wollen. Diese sollten in Richtung einer Fiskalunion gehen, hatte Merkel erklärt. Euro-Bonds und eine stärkere Rolle der EZB zur Krisenbekämpfung schloss die CDU-Chefin aus.

Die europäische Schuldenkrise breitet sich nach Einschätzung Rehns vom Rand der EU zu ihrem Kern aus. Es sei deshalb dringend notwendig, ohne Verzögerung Maßnahmen "an allen Fronten" zu ergreifen.

Rehn war für Gespräche - unter anderem mit dem neuen Regierungschef Mario Monti - nach Rom gereist. Die EU-Kommission, beauftragt mit der Überwachung der römischen Maßnahmen gegen die hohe Verschuldung und für mehr Wachstum, wolle ihren ersten Bericht am kommenden Dienstag vorlegen, sagte Rehn. Italien stehe vor außergewöhnlichen Herausforderungen, denn neben der Konsolidierung des Haushaltes seien ehrgeizige Maßnahmen notwendig, um Wachstum zu erreichen und dabei gleichzeitig sozial gerecht vorzugehen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1218665
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dpa/aum/jab
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.