Wege aus der Euro-Krise:Die Banken müssen endlich zahlen

Brauchen die Krisenstaaten mehr Geld? Diese Diskussion führt in die Irre. Die insolventen Länder brauchen einen Schuldenerlass, der zulasten der Gläubiger geht. Das ist bitter für die Banken - aber es schont die Steuerzahler.

Catherine Hoffmann

Das Krisenmanagement in Europa greift immer tiefer in die Trickkiste. Erst gerieten die Banken wegen hoher Abschreibungen auf Hypothekenanleihen in Not und wurden vom Staat gerettet. Dann rutschten die Länder in der europäischen Peripherie in den Abwärtssog, weil ihre Schulden überhandnahmen. Also werden sie nun von den halbwegs soliden Ländern im Kern durchfinanziert.

Wege aus der Euro-Krise: Wer trägt die Last der Krise? Im Bild: Die City von London - das Bankenviertel.

Wer trägt die Last der Krise? Im Bild: Die City von London - das Bankenviertel.

(Foto: AFP)

Doch inzwischen mehren sich die Zweifel an der Zahlungskraft einiger Kernländern der Währungsunion. Spanien und Italien sind in Euro-Strudel geraten und es ist offenkundig: Kein Euro-Fonds ist groß genug, sie zu schützen - deshalb soll nach dem Willen mancher Europäer der neue Rettungsschirm ESM die Lizenz zum Gelddrucken bekommen. Es haften die Steuerzahler.

Statt immer größere Schirme zu spannen, die Europäische Zentralbank (EZB) zur Staatsfinanzierung zu nötigen und andere Tricks anzuwenden, ist es Zeit für ein Eingeständnis: Die Verringerung der Schulden durch Wachstum und sparsame Haushaltspolitik sowie höhere Steuern, ist bislang erfolglos. Schuldenabbau durch Inflation ist unerwünscht und sozial ungerecht.

Bleibt noch eine Möglichkeit, die seit Griechenland verpönt ist, die aber gerade Athen helfen würde: Die staatlichen Schuldner verhandeln mit ihren Gläubigern über ein Moratorium oder einen Zahlungserlass. Hier geht es nicht nur darum, schlingernden Ländern durch einen Schuldenschnitt Erleichterung zu verschaffen. Es geht auch darum, die Kosten und Risiken für ihre "Rettung" zwischen Staaten und Gläubigern zu teilen. Denn die tragen bislang fast ausnahmslos die Steuerzahler. Und das ist, gelinde gesagt, ungerecht.

Seit beinahe fünf Jahren schon werden die Krisenländer mit billigen Krediten der EZB und der Staatengemeinschaft über Wasser gehalten. Insgesamt haben Zentralbank, europäische Staaten und Internationaler Währungsfonds 1,5 Billionen Euro zur Verfügung gestellt, rechnet etwa das Ifo-Institut vor. Bald könnte es mehr werden, wenn Spanien vom ambulanten zum stationären Patienten wird.

Die Frage ist nur, ob sich die Probleme der Euro-Zone mit immer mehr Schulden lösen lassen. Oder ob die Retter nicht besser zugeben sollten, dass es sinnlos und zunehmend gefährlich ist, den Schuldenberg immer weiter vor sich herzuschieben, ohne der Lösung auch nur ein Stückchen näher zu kommen.

Es war von Anfang an wirklichkeitsfremd zu glauben, dass Griechenland seine (reduzierten) Schulden jemals würde abstottern können. Und der Inselstaat ist nicht das einzige überschuldete Euro-Land. Zehn mal schon hat Athen Geldspritzen von der Gemeinschaft bekommen - und jedes Mal bleibt weniger Geld im Land. Von der jüngsten Vier-Milliarden-Tranche gingen mehr als 90 Prozent in den Schuldendienst, also an die Gläubiger, die griechische Anleihen halten. So kommen die Banken nicht in Verlegenheit, ihre Ausleihungen für notleidend erklären zu müssen. In den Krisenländern allerdings steigen die Schulden.

Was Staaten und Steuerzahler wirklich brauchen

Dennoch werden immer neue Kredite in die Krisenregionen der Währungsunion gepumpt. Banker und Politiker haben einen absurden Geldkreislauf angestoßen, um den Kollaps des Euro zu verhindern: Die Staaten gewähren kriselnden Regierungen frische Darlehen, die vor allem einem Zweck dienen - sie werden als Zinszahlungen für die alten Schulden direkt zurücküberwiesen an die Gläubiger.

Nach bald fünf Jahren schwelender Schuldenkrise steht fest: Einige Schuldner stecken nicht nur in kurzfristigen Zahlungsschwierigkeiten, sie sind auf Dauer zahlungsunfähig. Dagegen helfen auch die Tricks der Retter nichts, die darauf hinauslaufen, Staats- und Bankschulden zu vergemeinschaften. Statt die Abschreibungsverluste auf toxische Staatsanleihen und wertlose Immobilienkredite der Südländer auf andere abzuwälzen, sollten die internationalen Gläubiger der Banken und Staaten einen Teil der Verluste übernehmen.

Statt immer neuer Kredite brauchen insolvente Staaten einen Schuldenerlass, der zulasten der Gläubiger geht und die Steuerzahler schont. Je eher die Verluste realisiert werden, desto schneller können die kranken Staaten ihre Krise überwinden.

Für die Finanzhäuser wird das bitter. Zwar ist nicht zu übersehen, dass sich viele Institute - wenn auch widerwillig - drauf einstellen, dass sie ohne einen teilweisen Schuldenerlass nicht davonkommen werden. Aber längst nicht alle haben genügend Eigenkapital, um einen Schuldenschnitt zu verkraften.

Angesichts des schieren Volumens der Bankbilanzen ist klar, dass Politiker Angst haben, Banken pleitegehen zu lassen. Letztlich ist eine Konsolidierung und Bilanzschrumpfung des Bankensystems aber unabdingbar, damit sie die Gesellschaft nicht länger erpressen können. Deshalb müssen die Banken ihre Bilanzen bereinigen und mit dem nötigen Kapital versorgt werden. Das sollten in erster Linie die Aktionäre und Gläubiger machen. Nur in systemrelevanten Fällen sollte der Staat eingreifen und die Banken verstaatlichen, so lange bis sie wieder eine vernünftige Größe erreicht haben.

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