Nahaufnahme:Jung und reich

Julian Teicke, Nahaufnahme

„Sie steigen auf das Fahrrad, die App weiß das wegen ihrer Bewegung, und Sie haben für die Dauer der Fahrt eine Unfallversicherung.“ Damit lockt Julian Teicke

(Foto: oh)

Er musste kämpfen, aber das kann er: Jetzt hat Wefox-Chef Julian Teicke von Investoren weitere 110 Millionen Euro eingesammelt.

Von Herbert Fromme, Köln

Es hat fast ein Jahr gedauert, aber nun kann Julian Teicke, 32, Vollzug melden. Investoren geben seinem Startup Wefox weitere 110 Millionen Euro. Damit hat die Gruppe, die aus dem gleichnamigen Versicherungsmakler sowie dem Versicherer One besteht, 140 Millionen Euro Eigenkapital eingesammelt. Dazu soll ein Darlehen von 100 Millionen Euro kommen.

Teicke musste kämpfen, aber das kann er. Seit Anfang 2018 spricht er mit Geldgebern in der ganzen Welt. Ursprünglich war der japanische Technologiekonzern Softbank interessiert, aber der sprang im Herbst wieder ab. Im Sommer hatte es einen Streit zwischen dem New Yorker Startup Lemonade und Wefox gegeben. Lemonades Chef Daniel Schreiber warf Teicke vor, Software abgekupfert zu haben, Teicke bestritt das. Inzwischen haben sich die beiden versöhnt.

Softbank - einer der Geldgeber bei Lemonade - investiert nun nicht bei Wefox, wohl aber einer der Investoren, der an Softbank beteiligt ist: Denn jetzt führt Mubadala die Investorengruppe an, der Staatsfonds des Emirates Abu Dhabi. Mubadala legt insgesamt 225 Milliarden Dollar an, ein Geschäftsfeld sind Technologie-Startups. Die Mit-Investoren kennen Wefox gut, die meisten sind schon länger dabei.

Teicke, die Mitgründer Fabian Wesemann und Dario Fazlic sowie die ersten Investoren besitzen jetzt noch rund 30 Prozent. Den Unternehmenswert halten Teicke und die Investoren geheim, aber er dürfte deutlich über 500 Millionen Euro liegen. Der junge Mann ist ziemlich reich.

Von Luxusleben ist aber nichts zu spüren, Teicke wirkt geerdet. Sein Lebenslauf lässt sich so zusammenfassen: In Berlin aufgewachsen, Besuch der deutsch-amerikanischen John-F.-Kennedy-Schule, ein Jahr soziale Arbeit in Peru, dann Studium in St. Gallen. 2017 heiratete er seine Jugendfreundin Elisabeth von Stackelberg, das Paar ist seit 15 Jahren zusammen. Mit Versicherung wollte Teicke nie etwas zu tun haben: Sein Vater Hartmut hatte einst einen eigenen Strukturvertrieb aufgebaut und vor zwei Jahrzehnten an Carsten Maschmeyers AWD verkauft. Damals ging Teicke Senior noch für einige Jahre in den Vorstand des Hannoveraner Vertriebs.

Der Junior macht es anders. Er arbeitete in London beim Gutscheindienst Groupon, dachte sich, "das kann ich besser", und gründete in der Schweiz Dein Deal. 2015 kaufte die Ringier-Gruppe das Unternehmen. Fortan ging Teicke doch in Richtung Versicherung und baute Financefox auf, später Wefox. Vater Hartmut half und war bis 2017 Deutschlandchef.

Wefox versucht, zwei scheinbar gegensätzliche Welten zusammenzubringen: Die digitale Veränderung der Versicherung und die enge Kooperation mit den traditionellen Maklern. Wefox bietet Maklern digitale Unterstützung und einfachen Zugang zu lukrativen Verträgen und kassiert dafür einen Teil der Provision. 2018 hat die Firma so 40 Millionen Euro Umsatz gemacht. Der eigene Versicherer One in Liechtenstein kam auf drei Millionen Euro Prämie. Zu den Partnern gehören bekannte Namen wie Munich Re, Marsh oder Canada Life.

Mit dem frischem Geld will Teicke nun schnell expandieren. In Italien und Spanien ist Wefox bereits aktiv, jetzt sollen Frankreich und die Niederlande folgen.

Außerdem entwickelt Teicke zusammen mit dem Rückversicherer Munich Re Versicherungs-Apps auf Basis von Geodaten. "Sie können das so einstellen, dass Sie automatisch eine kurzfristige Auslandskrankenversicherung haben, wenn Sie Deutschland verlassen, die sofort beendet wird, wenn Sie wieder da sind", sagt Teicke. "Oder Sie steigen auf das Fahrrad, die App weiß das wegen ihrer Bewegung, und Sie haben für die Dauer der Fahrt eine Unfallversicherung."

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