Staubsauger bahnen sich selbständig den Weg durch den Dschungel unserer Behausungen, Wasch- und Spülmaschinen erkennen, wie viel Wäsche oder Geschirr wir in sie hineinstopfen und wie schmutzig die Sachen sind. Haushaltsgeräte sind in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches intelligenter geworden. Das ist gut so, denn das spart auch Energie und Wasser. Auf der Messe Ifa in Berlin, die an diesem Freitag beginnt, präsentieren die Hersteller dazu wieder jede Menge Neuerungen. Doch viele Nutzer haben den Eindruck, die Geräte würden nicht mehr so lange halten wie früher. Ist da was dran?
Ja, sagt Denny Adam, 47. Adam, der schon mit 17 Jahren als Installateurs-Azubi anfing, Waschmaschinen zu reparieren, betreibt unter dem Namen „Der Servicetechniker“ einen erfolgreichen Kanal auf Youtube. Sein Ziel: Die Leute sollten nicht gleich alles wegwerfen, was noch repariert werden kann. „Bei neueren Geräten hat die Qualität nachgelassen“, sagt er am Telefon. Anfällig ist seiner Erfahrung nach vor allem die Elektronik.
Auch Michael Morys, Experte für weiße Ware wie Wasch- und Spülmaschinen bei der Stiftung Warentest, bestätigt: „Es treten oft Elektronikfehler auf.“ Das Problem dabei aus seiner Sicht: „Man weiß nicht hundertprozentig, was kaputt ist.“ Das könne ein Sensor sein, aber auch eine Pumpe. Morys warnt allerdings davor, zu sehr zu verallgemeinern. Es gebe schon Unterschiede, wie gut oder schlecht ein Gerät designt ist. Und: „Es macht einen Unterschied, wo man ins Regal greift.“ Sprich: Wie viel man für ein solches Gerät ausgibt.
Das hört man vermutlich ganz gern bei Firmen wie Miele oder auch Bosch Siemens Hausgeräte (BSH), einer Tochter von Bosch. Billig sind deren Produkte nicht. Wenn man sich eine Zeit lang mit Christoph Wendker von Miele unterhält, bekommt man auch einen Eindruck davon, warum das so ist. Wendker ist ein Miele-Urgestein, seit 36 Jahren im Unternehmen. Er ist für die Nachhaltigkeit der Produkte verantwortlich und leitet unter anderem das Dauerversuchslabor. Das arbeitet genau so, wie es der Name suggeriert. Neue Produkte werden dort zuvor sehr langen und harten Tests unterzogen, bevor sie auf den Markt kommen.
Mehr als 130 Geräte gleichzeitig laufen an sieben Tagen die Woche 24 Stunden durch und simulieren die Nutzung durch die späteren Kunden. Das heißt also: Es wird wirklich Wäsche gewaschen und Geschirr gespült, mal mit diesem, mal mit jenem Programm. Die Nutzung über 20 Jahre wird dabei komprimiert auf etwa 14 bis 16 Monate, bei Geschirrspülern dauerten selbst die komprimierten Tests noch länger, sagt Wendker.
Auch die Stiftung Warentest vergibt ihre Noten nach ausführlichen Tests. Diese, sagt Experte Michael Morys, seien aber mittlerweile eher Härtetests. Die Geräte werden also bewusst gestresst, weshalb diese Tests nicht so lange dauern wie etwa bei Miele. Morys’ Erfahrungen: „Man sieht oft schon im Aufbau, wo gespart worden ist.“ Es gebe zum Beispiel Unterschiede in der Kabelführung.
Das ist auch Reparateur Denny Adam aufgefallen. Manchmal, erzählt er, seien Kabel in den Maschinen so kurz, dass man sich beim Austausch von Bauteilen sehr schwertue. Aber jeder Millimeter Kabel kostet eben, und das spielt bei großen Stückzahlen und großem Preisdruck eine Rolle. Adam kennt auch ein anderes Beispiel: Bei einer Serie Spülmaschinen sei der Kunststoff des Pumpensumpfs aus Kostengründen zu dünn gefertigt worden. Das führte dann dazu, dass die Pumpe den zu nachgiebigen Kunststoffboden nach unten saugte und deshalb oft ein Anschluss undicht wurde. „Offenbar geht es um Gewinnoptimierung“, vermutet Adam.
Da sich Miele die Mühe mit den langen Tests macht, wirbt das Unternehmen auch damit, dass seine weiße Ware für eine Lebensdauer von 20 Jahren entwickelt werde. Das aber darf man nicht einfach nur behaupten, das muss Miele auch nachweisen. „Wir sind da schon öfter gechallenged worden“, sagt Wendker. Auch die Elektronik werde dabei „unter Extrembedingungen“ getestet. Da geht es zum Beispiel um Temperaturunterschiede und Feuchtigkeit. 90 Prozent der verbauten Elektronik fertigt Miele sogar selbst. „Ja, es gibt auch mal einen Ausfall“, sagt Christoph Wendker, „bei mehreren Millionen Stück pro Jahr ist das unvermeidbar. Aber wir haben schon vieles richtig gemacht.“
Das nimmt auch Rudolf Klötscher, Chief Sales und Service Officer bei BSH, für seine Firma in Anspruch. BSH ist schon seit Jahren eine reine Tochter von Bosch, die weltweit elf Marken im Angebot hat. Klötscher sagt: „Wir preisen nicht ein, dass ein Gerät nach einer bestimmten Zeit kaputtgeht.“ Langlebigkeit sei bei BSH „oberstes Gebot“. 15 Jahre nachdem ein bestimmtes Modell etwa einer Waschmaschine das letzte Mal vom Band gelaufen sei, gebe es dafür noch Ersatzteile, sagt Klötscher. Was dazu führt, dass BSH etwa 350 000 Ersatzteile ständig verfügbar bereithalten muss.
Ähnlich ist das bei Miele. Hinzu kommt noch eine besondere Logistik bei Miele. Hat ein Kunde einen Fehler bei einem Gerät gemeldet, werden noch in der Nacht die Ersatzteile, die womöglich benötigt werden, in das Servicefahrzeug geladen, damit der Techniker nicht zweimal kommen und die Anfahrt berechnen muss. Das klappe gut, sagt Miele-Mann Wendker. In mehr als 80 Prozent aller Fälle könne so der Fehler beim ersten Besuch gefunden und auch gleich repariert werden.
Die empfindlichen Elektronikbauteile werden zur Lagerung unter Schutzgas in Plastik eingeschweißt, um sie haltbar zu machen. Denn das Problem ist: „Man bekommt nicht 15 Jahre lang Ersatzteile vom Lieferanten“, sagt Wendker. Miele und BSH, die beiden deutschen Anbieter, unterhalten zudem eigene Teams von Servicetechnikern. Miele vertreibt auch nur dort, wo es auch Servicetechniker gibt.
Eine Zeit lang war auch die Liefersituation gerade bei Elektronik ein Problem. Bei BSH habe man deshalb das Angebot optimiert und sich auf wenige Partner fokussiert, um sicherzustellen, dass Ware verfügbar ist. So stelle man zugleich auch eine gleichbleibende Qualität sicher, sagt Rudolf Klötscher. Die Entwicklung liege ebenfalls im Konzern, man beschäftige dafür große Teams, unter anderem in Indien.
Denny Adam mit seiner 30-jährigen Erfahrung als Servicetechniker hat trotzdem den Eindruck, dass die weiße Ware früher länger gehalten hat. Damals habe man die Lager für die Waschtrommel einfach wechseln können. Heute sei alles aus Kunststoff und verpresst. Die Folge: Die gesamte Wascheinheit müsse ausgetauscht werden. „Für den Hersteller ist das einfach“, sagt Adam, „aber für den Kunden teuer.“