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Was macht eigentlich ... Petra Schmucker?:"Der Trick mit dem Handtuch funktioniert definitiv nicht"

Lesezeit: 6 min

Manipulationen bei den Heizkostenverteilern, um Geld zu sparen? Petra Schmucker kennt sich damit aus: Sie ist Gesellschafterin der Firma Brunata-Metrona. Die erstellt für viele Mietwohnungen die jährlichen Abrechnungen.

Interview: Elisabeth Dostert

Was machen Sie eigentlich?

Wir motivieren Menschen zum Energiesparen ...

...weil Sie die Heizung ablesen und die Rechnung präsentieren!

Wir sind Spezialist für die Erfassung von Wärme- und Wasserverbrauch. Unser Kerngeschäft ist die Erstellung von Heizkostenabrechnungen. Wir verteilen die Energiekosten einer Liegenschaft verbrauchsgerecht auf die Bewohner. Wer viel heizt und duscht, zahlt mehr. Wer weiß, wie viel er verbraucht, spart.

Ihre Rechnungen erschrecken die Bewohner so, dass sie kürzer duschen?

Nein, aber sie werden kostenbewusster. Früher hatten die Heizungen noch nicht einmal Thermostate und waren überhaupt nicht regelbar. Die Temperatur in der Wohnung wurde übers Lüften geregelt. Das war natürlich eine wahnsinnige Energieverschwendung, wenn bei geöffnetem Fenster die Heizung weiter bollert. Das änderte sich erst durch die erste große Ölkrise in den 70er Jahren. Danach wurden einige Verordnungen verabschiedet, um energiesparende Maßnahmen durchzusetzen wie die Heizkostenverordnung 1981.

Viele Vermieter können doch gar nichts für den hohen Verbrauch, weil zum Beispiel in Altbauten Fenster, Türen und Wände schlecht gedämmt sind!

Das stimmt. Deshalb wird saniert. Das ist sicher auch eine Kostenfrage. Aber relativ gesehen bleibt auch die Verteilung der hohen Kosten entsprechend dem Verbrauch gerecht. Wir verteilen die Kosten ja nur, die absolute Höhe können wir gar nicht beeinflussen.

Einen Großteil der Heizungskosten kann der Mieter doch gar nicht beeinflussen, weil er von der Fläche abhängt. Wer eine große Wohnung hat, zahlt auf alle Fälle mehr, selbst wenn er gar nicht heizt?

Den Rahmen dafür setzt die Heizkostenverordnung. Mindestens die Hälfte des Verbrauchs muss verbrauchsabhängig sein, in der Regel orientiert man sich eher an der gesetzlichen Obergrenze von 70 Prozent. Der Rest orientiert sich an der Fläche. Der Vermieter muss dabei bauliche Gegebenheiten berücksichtigen. In einem schlecht isolierten Altbau, können bis zu 50 Prozent der Kosten von der Fläche abhängen, weil man davon ausgeht, dass eine nicht beheizte Wohnung durch die Wärme der Nachbarwohnungen und durch warme Leitungen erwärmt wird.

Aber die Flüssigkeit in den Röhrchen verdunstet auch, wenn man gar nicht heizt. Das ist doch nicht verbrauchsgerecht?

Zum einen sind die Röhrchen im Neuzustand überfüllt, um die sogenannte Kaltverdunstung auszugleichen. Zum anderen muss man immer bedenken, dass Heizkostenverteiler keinen Verbrauch messen, sondern lediglich die Basis für eine anteilige Verteilung der Kosten liefern.

Manche Verbraucher packen die Verdunstungsröhrchen in nasse Handtücher ein, um die Verdunstung zu minimieren. Gibt es noch andere Tricks?

Der Trick mit dem Handtuch funktioniert definitiv nicht. Im Gegenteil: Das kann sogar dazu führen, dass die Verdunstung der Flüssigkeit zunimmt. Vor Manipulationen an den Heizkostenverteilern kann ich nur warnen. Die sind verplombt, wer sich daran zu schaffen macht, begeht Betrug.

Wie oft muss der Ableser wiederkommen, ohne dass der Mieter zahlen muss?

Ist der Mieter bei der ersten Ablesung nicht zuhause, setzt der Ableser einen kostenfreien Wiederholungstermin fest. Wenn auch bei diesem Termin die Ablesung nicht möglich ist, kann der Mieter einen kostenpflichtigen Individualtermin vereinbaren.

Waren Sie selbst mal als Ableser unterwegs?

Als ich im Jahr 2000 hier als Assistentin der Geschäftsführung anfing, der damals auch noch mein Vater angehörte, bin ich einige Male mitgelaufen, weil ich alle Abteilungen der Firma kennenlernen wollte. Ich war auch längere Zeit in der Buchhaltung sowie bei der Montage der Geräte in den Wohnungen dabei.

Können Sie es jetzt?

Nein. Da muss man Schweißen können, das sollte man gelernt haben.

Was war Ihr eindrucksvollster Wohnungsbesuch?

Ich fand es schon erstaunlich, wie schwierig es für die Heizungsableser ist, Zutritt zu den Wohnungen zu bekommen. Das ist schon sehr zeitaufwändig, weil viele Mieter gar nicht zu Hause sind.

Die sind berufstätig wie Sie!

Ja. Aber da muss man dann beim Nachbarn klingeln oder wiederkommen. Das kostet Zeit. Aber wir wurden überall freundlich aufgenommen, ich habe kein Misstrauen verspürt.

Wie viel Wohnungen liest denn Ihre Firma jährlich ab?

Die Brunata-Metrona-Gruppe, zu der ja auch noch die Firma Brunata Hamburg und die Firma Brunata Hürth bei Köln gehören, liest jährlich bundesweit etwa 20 Millionen Geräte ab.

Wie viel stellen Sie pro Wohnung für den Hausbesuch in Rechnung?

Das hängt sehr von der Wohnungsgröße ab. Gab es einen Nutzerwechsel? Wie viele Geräte sind in der Wohnung und welche Art von Geräten? Sind es noch die alten Verdunstungsröhrchen, elektronische Geräte, da muss man auch noch in die Wohnung rein, oder Funkgeräte, die die Daten an einen Datensammler im Flur übertragen, wo sie dann abgelesen werden oder gleich über das Mobilnetz an uns übermittelt werden. Wir haben auch unterschiedliche Preise je nach Auftraggeber. Durchschnittswerte geben ein falsches Bild wider. Bezogen auf die Monatsmiete bewegen sich die Kosten für das Ablesen von Heizung und Wasser pro Gerät eher im Cent-Bereich.

Darf es der Ableser auch mal ablehnen, eine Wohnung zu betreten, weil sie zu schmutzig ist oder der Mieter gar zu garstig?

So einen Fall kenne ich nicht.

Die Ableser sind ja auch nicht Ihre Mitarbeiter...

...das stimmt, das sind Subunternehmer, selbständige Montagedienste und selbständige Ableser. Die können dann ihre Zeit frei einteilen.

Und Sie stellen sicher, dass überall der Mindestlohn gezahlt wird?

Die Ableser sind meistens Einzelkämpfer, also Selbständige, da stellt sich die Frage nicht. Aber nicht, dass ein falsches Bild entsteht. Die Ableser werden nach Stückzahl bezahlt, wenn die sich ordentlich beeilen, verdienen sie gut.

Wie viel gibt es pro Stück?

Unterschiedlich.

Vieles scheint in Ihrem Geschäft reine Verhandlungssache zu sein?

Das ist ein hart umkämpfter Markt mit einem starken Verdrängungswettbewerb. Klar gibt es noch Neubau, aber im Großen und Ganzen ist der deutsche Markt gesättigt.

Aber es gibt auch nur wenige Anbieter, die beiden Marktführer Ista und Techem, einige Mittelständler wie Sie und viele sehr kleine. Das Bundeskartellamt sprach sogar von einem Oligopol.

Das Kartellamt führt gerade eine Sektoruntersuchung durch. Bis Ende August mussten wir die Fragebögen ausfüllen. Ich begrüße das. Wenn das Kartellamt Vorbehalte hat, ist das eine gute Gelegenheit, die auszuräumen. Wir empfinden als Branche ganz anders und sehen uns in einem starken Wettbewerb. Es gibt einige Hundert kleine und regionale Anbieter. Jeder Kunde kann wählen, wohin er geht. Er hat die Wahl.

Jeder Kunde schon, aber nicht jeder Mieter. Denn Ihre Kunde sind die Immobilien-Eigentümer und Hausverwalter. Warum sollten die sich darum bemühen, den günstigsten Anbieter zu finden? Höhere Preise kann er ja auf die Mieter abwälzen!

Das denken Sie. Wir werden von unseren Kunden schon sehr stark auch preislich unter Druck gesetzt. Die Hausverwalter stehen auch im Wettbewerb und müssen sich profilieren, in dem sie ihren Auftraggebern zeigen, dass sie gute, im Sinne von günstigen, Preise aushandeln.

Wenn Sie nur durch Verdrängung wachsen können, warum übernehmen Sie nicht kleine Konkurrenten?

Das tun wir ab und zu. Wir wachsen auch durch Übernahmen im Ausland wie vor kurzem in Italien, wo wir gemeinsam mit unseren Verbund-Partnern eine Firma übernommen haben, wobei wir als Mittelständler nicht darauf erpicht sind, durch Übernahmen schnell zu wachsen. Aber die 2012 in Kraft getretene EU-Energieeffizienz-Richtlinie wird dazu führen, dass über kurz oder lang das Ablesen von Wärme- und Wasserverbrauch in der gesamten EU Pflicht sein wird. Das ist eine Chance für uns.

Haben Sie schon eklatante Unterschiede zwischen dem Heizverhalten in Italien und Deutschland ausgemacht?

Die Firma sitzt in Rom, da ist es schon üblich, dass die Heizung abgelesen wird. Da ist es im Winter ja auch kalt. Weiter südlich ist das Bewusstsein für sparsames Heizen noch nicht so weit verbreitet, da wird dann auch die Heizung nicht abgelesen.

Wie hat Ihnen Ihr Vater die Nachfolge eigentlich schmackhaft gemacht. Besonders sexy ist das Geschäft nicht!

Für mich schon. Mein Cousin Christoph und ich wollen die Firma ja auch weiter entwickeln. Wir erschließen neue Geschäftsfelder.

Was denn?

Wir statten Wohnungen mit Rauchmeldern aus und kontrollieren diese. Wir untersuchen Trinkwasser auf Legionellen. Natürlich bin ich auch in die Firma eingestiegen, weil es das Unternehmen der Familie ist. Ich bin damit aufgewachsen. Ich habe schon meinen Großvater in der Firma besucht und den Duft der Verdunstungsflüssigkeit für die Röhrchen geschnuppert.

Wonach riecht sie?

Ganz speziell. Angenehm.

Wurden Sie denn auch zu sparsamen Heizen erzogen?

Auf jeden Fall. Bei uns hat man sich auch nicht die ganze Zeit unter die Dusche gestellt.

Sie mussten während des Einseifens das Wasser abdrehen?

Ja. Und wenn die Heizung lief, wurde auch nicht das Fenster aufgemacht.

Halten Sie es mit Ihren Kindern auch so?

Ja, wir achten sehr aufs Energiesparen. Ich bin so konditioniert.

Wie lange darf man duschen, damit es noch umweltfreundlich ist?

Das ist schon sehr individuell. Ich dusche schon auch gern.

Welche Durchschnittstemperatur herrscht im Hause Schmucker?

22 Grad.

Das geht auch niedriger!

Ja, aber ich bin verfroren.

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